0527 - Der Grausame
aus seinen Haaren. Allmählich schmolzen auch die letzten Schneereste auf seiner Kleidung. Er hatte das Gebläse angestellt, und die warme Luft erfüllte sehr bald den Innenraum des Fahrzeugs.
Das Ende der kleinen Ortschaft lag vor ihnen. Sie konnten sich ausrechnen, daß sie die großen Lagerkeller sehr bald finden würden, falls sie sich in dieser Umgebung befanden.
»Wenn man wenigstens Spuren sehen könnte«, beschwerte sich Frank Didier. »Aber da ist nichts zu machen.«
»Irrtum, es sind welche vorhanden!«
»Wo denn?«
»Schauen Sie mal nach rechts.«
Didiers Augen weiteten sich. »Verdammt, tatsächlich. Das sind… das sind ja Autos.«
»Genau.«
Die abgestellten Fahrzeuge trugen längst eine Schneehaube. Sie sahen fast alle gleich aus. Unter der weißen Schicht war das Fabrikat kaum zu erkennen.
»Dann müssen wir sie hier in der Nähe finden.« Frank atmete auf. »Mir fällt ein Stein vom Herzen.«
Bei Skuo tat sich nichts. Er glaubte nicht daran, daß sie schon gewonnen hatten, wenn sie die Bewohner des Dorfes fanden. Das gleiche hatte sicherlich auch der Zombie vor, und der würde keine Rücksicht nehmen. Ariol Le Duc war möglicherweise noch grausamer geworden als zu seinen Lebzeiten.
Suko rangierte den Renault so, daß er, wenn es sein mußte, schnell in zwei Richtungen wegfahren konnte. Als erster stieg Frank Didier aus. Er schaute zu, wie der Schnee durch die Scheinwerferlanzen rieselte.
»Nichts«, sagte er. »Gar nichts…«
»Ich hoffe, daß es auch so bleibt«, erklärte Suko. »Kommen Sie und bleiben Sie in meiner Nähe.«
»Das sowieso.«
Die Männer stapften durch den ziemlich hohen Schnee. Vor ihnen wuchsen Büsche. Sie waren so angelegt, daß man zwischen ihnen einen Weg vermuten konnte. Sie fanden wirklich hin.
Vor ihnen schwankten zwei helle Lichter im dichten Schneewirbel. Das mußten Laternen sein, und sie hingen ziemlich hoch.
»Der Eingang«, sagte Frank Didier.
»Bestimmt.«
Sie gingen hin und standen vor einer breiten Tür, die in ihrer oberen Hälfte eine Spitzbogenform aufwies. Der Schnee war vom Wind gegen die Tür getrieben worden und klebte an ihm wie dicker Leim. Der Weinkeller war in den Hang hineingebaut worden.
Ob noch ein zweiter Eingang vorhanden war, konnten sie nicht feststellen.
Suko hämmerte mit der Faust gegen die Tür. Er mußte dies mehrmals wiederholen, bis er endlich eine Antwort vernahm. In der großen Tür öffnete sich eine Klappe. Ein bärtiges Männergesicht erschien dort im Licht der Laternen.
Suko nickte dem Mann zu. »Können wir reinkommen?« fragte er freundlich.
»Wer sind Sie?«
Frank Didier schob sich vor und redete jetzt mit seinem Landsmann. »Wir sind auf der Durchreise und in diesem verdammten Schnee steckengeblieben.«
»Ausgerechnet bei uns?«
»Ja.«
»Was ist denn los?« fragte jemand aus dem Hintergrund.
»Moment.« Der Mann hämmerte das Guckfenster wieder zu und ließ die beiden im Schneewirbel stehen.
»Es ist ihre Christenpflicht, uns einzulassen«, sagte Frank wütend. »Ihre verflixte Pflicht.«
»Man muß die Leute verstehen, Frank. Sie haben Angst. Die Furcht vor van Akkeren sitzt bestimmt noch tief in ihren Knochen. Wer weiß, was ihnen der Kerl erzählt hat?«
»Der Mann hat doch gesehen, daß wir nicht van Akkeren sind.«
»Wir könnten aber zu ihm gehören.«
Didier winkte ab. Er wollte Sukos Logik nicht folgen und wartete ungeduldig darauf, daß die Klappe in der Tür wieder geöffnet wurde. Der Mann ließ sich Zeit. Er mußte sich erst mit seinen Leuten beraten.
Die Schneevorhänge wehten gegen Sukos und Didiers Rücken. Es prasselte, wenn die Körner gegen ihre wetterfesten Anoraks schlugen. Die Kragen hatten sie hochgestellt – und schraken zusammen, als die Klappe plötzlich wieder geöffnet wurde.
Wieder erschien das Gesicht. »Wie lauten Ihre Namen?« Die Stimme drang durch das Bartgestrüpp.
Didier sagte sie. Er fügte noch hinzu, daß es sich bei Suko um einen Polizisten handelte. »Sogar aus England, von Scotland Yard. Der Mann ist gekommen, um diesen Kerl mit der Kamera zu jagen. Versteht ihr das nicht, zum Teufel?«
»Teufel ist das richtige Wort. Er war der Teufel. Und ihr wollt ihn jagen?«
»So ist es.«
»Was sucht ihr dann bei uns? Hier ist er nicht! Er wird hoch zum Schloß gegangen sein.«
»Es gibt aber noch jemanden«, erklärte Suko. »Dieser Mann hat einen Helfer. Er hat inzwischen eure Fotos eingesammelt. Ich würde an Ihrer Stelle nachdenklich werden.«
Die
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