0527 - Der Tag der Kobra
nach dir. Komm, zieh dich aus, Ich muß dich spüren.«
Ben lächelte und küßte sie. Er fühlte sich glücklich. Ssacah sorgt für die Seinen.
***
Am späten Abend erreichte Zamorra eine Funkbotschaft von Nicole. Die drei waren sicher am Ziel angekommen, nur das Funktelefon hatte seinen Geist aufgegeben, und über das Funkgerät des Flugzeuges war das »Holiday Inn« natürlich nicht direkt zu erreichen. Deshalb konnte Zamorra auch nicht direkt mit ihr sprechen, sondern nur ihre Nachricht, die ihm auf einem Zettel überreicht wurde, entgegennehmen. »Sieht so aus, als hätte sich diesmal alles gegen uns verschworen«, murmelte er. Vielleicht hätte Ted Ewigk mit seinem Dhyarra-Kristall 13. Ordnung, der ja unendlich viel stärker war als der kleine Kristall Zamorras, mehr über die hiesige »Ssaeah-Filiale« herausfinden und etwas gegen den Schlangenkult ausrichten können. Vielleicht hätte auch Shado ihn durch die Traumzeit direkt zu dieser Rani Rajnee schicken können. Aber so, ohne echte magische Hilfsmittel, konnte Zamorra nur abwarten. Er überlegte, ob er im Château Montagne anrufen sollte, damit man ihm den »Einsatzkoffer« mit den für eine Beschwörung und für Hilfszauber nötigen Utensilien per Luftpost hierher schickte. Schließlich entschied er sich dafür. »Beauftragen Sie einen Flugkurier, Raffael«, verlangte Zamorra. »Das geht schneller als mit den normalen Eiltransportdiensten.«
Es kostete natürlich auch entschieden mehr, und fast einen ganzen Tag würde auch der Kurier von Paris nach Sidney unterwegs sein. Zamorra sah auf die Uhr, deren Anzeige die 21:00 gerade überschritten hatte; in Frankreich war es jetzt gerade 12 Uhr mittags. Alles in allem würde Zamorra mit 15 bis 18 Stunden rechnen müssen, vor dem Mittag oder späten Nachmittag des kommenden Tages war nicht mit dem Eintreffen seiner Sachen zu rechnen, zu denen laut seiner Bestellung auch zwei seiner Kreditkarten gehörten. Vielleicht war es dann noch nicht zu spät, Ssacah zu stoppen, aber jede verstreichende Stunde arbeitete für den Kobra-Dämon. Vor dem kommenden Abend konnte Zamorra mit magischen Mitteln kaum aktiv werden. Wer konnte wissen, was bis dahin alles geschah?
Er mußte es also trotzdem am kommenden Vormittag noch einmal versuchen, Rani Rajnee im Zeitungsverlag zu erreichen. Sofern sie tatsächlich etwas mit Ssacah zu tun hatte und das alles nicht nur eine Täuschung war. Zamorra war nicht sicher, woran er eher glauben sollte - an Shados Beobachtung oder an Tendykes Nicht-Sehen.
Vermutlich hatte Shado die besseren »Kontakte«.
Obgleich normalerweise ein Nachtmensch, begab sich Zamorra deshalb an diesem Abend relativ früh zur Ruhe, um am nächsten Morgen nicht nur früh, sondern auch ausgeschlafen auf den Beinen sein zu können. Teilweise kam ihm dabei die Zeitverschiebung zwischen Europa und Australien zu Hilfe, denn während des Aufenthaltes auf dem Kristallplaneten der Ewigen und in Sid Amos’ Raumschiff hatte er weiterhin nach mitteleuropäischer Zeit gelebt; er brachte sich zusätzlich durch einen autosuggestiven Befehl dazu, bald einzuschlafen.
In Gedanken verwünschte er Merlins Stern, der durch seine absolute Passivität so nutzlos war wie ein Motor ohne Treibstoff.
Er träumte von einer riesigen Messingschlange mit Mansur Panshurabs Gesicht, die ihn verschlang.
***
Dutzende von Ssacah-Ablegern hatten sich um Mansur Panshurab versammelt und halfen ihm, die Dienerin Rani Rajnee zum Träumen zu bringen und Einblick in ihre Träume zu nehmen. Mehr denn je wußten die Ssacah-Ableger im Kollektiv jetzt, wie wichtig es war. Auf normalem Weg hatte Panshurab tagsüber den einen Ableger kontrolliert, den er Rajnee geschenkt hatte und den sie an ihren neuen Liebhaber weitergegeben hatte. Die beiden anderen Ableger, die entstanden waren, als Rajnee selbst und später Nevis gebissen und mit dem Ssacah-Keim infiziert wurden, waren noch nicht völlig aktiv. Denn noch waren weder die Reporterin noch der Mann vom Flughafen endgültig zu Seelenlosen geworden. Sie standen unter dem Einfluß des Ablegers, aber sie besaßen noch ihre eigenen Gefühle und ihr eigenes Denken, auch wenn es von Ssacahs Impulsen durchsetzt war.
Panshurab rief nun ab, was beide Menschen im Laufe des Tages gesehen und erlebt hatten, wie er es in regelmäßigen Abständen bisher nur bei seiner »Botschafterin« Rajnee getan hatte, als sie noch vollständig sie selbst war und keine Ahnung hatte, was die Messingfigur für ein Geschenk war.
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