0529 - Der Dschinn
Schwarzblütigen ihn ab sofort in Ruhe lassen. Die Dämonen fürchteten Menschen, die von ihresgleichen als »Geisteskranke« angesehen wurden - obgleich sie für Zamorra keine »Kranken« waren, sondern nur »anders« dachten und in einer »anderen« Realität lebten.
Sollte es das sein?
Hatte es ihn jetzt auf diese Weise »erwischt«?
»Ich bin nicht verrückt«, knurrte er. »Ich bin nicht wahnsinnig! Ich bin noch normal! Und das werde ich diesem Phänomen beweisen…!«
***
Zamorra verließ das Gebäude und trat ins Freie. Hatte Raffael nicht behauptet, den BMW in die Garage gefahren zu haben? Stand das nicht im krassen Widerspruch dazu, daß Zamorra und Nicole den Wagen vor der Treppe zum Haupteingang gefunden hatten? Aber als Zamorra jetzt über die Stufen nach unten ging, war von seinem silbergrauen 740i nichts zu sehen. Nur Nicoles Cadillac-Cabrio stand nach wie vor dort, wo sie es abgestellt hatte.
Natürlich hatte Raffael Zeit genug gehabt, seine Behauptung nachträglich zu verifizieren, weil er das »Zauberzimmer« ja ein paar Minuten vor dem Professor verlassen hatte. Aber Zamorra konnte sich keinen Grund vorstellen, warum Raffael ihn so zu täuschen versuchen sollte - allerdings gab es momentan noch ein paar Dinge mehr, die Zamorra sich ebensowenig vorstellen konnte…
Er suchte die Garage auf. Der BMW stand ordentlich eingeparkt da. Zamorra öffnete die Motorhaube und berührte den Block vorsichtig mit der Hand. Wenn Raffael den Wagen in den letzten zwanzig Minuten auch nur das kurze Stück von der Eingangstreppe in die Garage bewegt hatte, mußte das Metall wenigstens leichte Wärme entwickelt haben, selbst wenn die Temperaturanzeige im Armaturenbrett sie nicht anzeigte.
Aber der Motor war kalt. Also stimmte Raffaels Behauptung. Der Diener hatte den Wagen schon vor mindestens anderthalb Stunden in die Garage gefahren!
Zamorra kehrte ins Gebäude zurück und suchte sein Arbeitszimmer auf. Von dort aus rief er Mostache an. Er wollte wissen, ob der Wirt sich auch an nichts mehr erinnern konnte.
»Raffael Bois? Natürlich war er hier, und natürlich kann ich mich daran erinnern! So überstürzt, wie ihr plötzlich alle aufgebrochen und verschwunden seid… Ich hatte Bois noch ein Getränk an den Tisch gebracht, nur hat er es nicht einmal angerührt, und in einer Gesprächspause wollte er dir etwas zeigen. Das war es doch, was du von mir wissen wolltest, Professor? Stimmt denn plötzlich etwas nicht?«
»Kann man wohl sagen!« brummte Zamorra. »Weder Raffael noch Nicole können sich nämlich noch an diese Geschichte erinnern, und hier stimmt nichts mehr, so daß ich schon glaubte, in eine falsche Realität abgeglitten zu sein… vielleicht in eine andere Welt, die sich nur durch einen winzigen Wahrscheinlichkeitsfaktor von unserer realen unterscheidet. Jetzt wird mir aber klar, daß das nicht stimmen kann. Hier hat jemand versucht, mittels Magie eine Art Zeitkorrektur durchzuführen…«
»He, Zamorra, ist das bei euch im Château nicht völlig unmöglich? Oder stimmt mit eurem Schutzfeld etwas nicht mehr?«
Das war zu unwahrscheinlich, aber Zamorra prüfte es dennoch nach. Die magische Schutzglocke war unverändert stark. Niemand hatte die Symbole verwischt oder verändert, die überall an den Grenzen angebracht waren und diese weißmagische Energie erzeugten, die sich als kuppelförmiges Kraftfeld über den gesamten Komplex spannte.
Er grübelte mehrere Stunden über das Phänomen nach, aber seine Gedanken bewegten sich nur im Kreis. Er schlenderte durch das Château, versuchte ungewöhnliche Veränderungen zu erkennen und sprach mit Lady Patricia und William. Denen war bislang nicht das geringste aufgefallen. Sie hatten beide nicht einmal den Explosionsknall gehört. Kein Wunder, denn die Château-Mauern waren noch echte mittelalterliche Wertarbeit und meterdick, was die Zimmer nicht nur im Sommer kühl und im Winter warm hielt, weil sie auch Heizungswärme nicht nach draußen dringen ließen; diese dicken Mauern waren auch eine erstklassige Geräuschdämmung, und zusätzlich befanden sich die Gästezimmer im anderen Gebäudeflügel.
Nicole hatte sich zwischenzeitlich noch nicht wieder blicken lassen. Daß sie schmollte, war ein ganz neuer Charakterzug, den er an ihr bisher noch nicht erlebt hatte. Er verzichtete allerdings auch darauf, sie in ihren privaten Räumen aufzusuchen. Wenn sie ungestört sein wollte, dann respektierte er das, wenngleich er auch gern mit ihr über dieses
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