053 - Der Gast aus dem Totenreich
verpassen.
Nach einiger Zeit kehrte er zu Dorian und den Mädchen zurück und sagte: »Die Hexen haben genug. Es gibt keine, die nicht identifiziert worden ist. Himmel, wenn die Namen durch die Presse gehen, wird die ganze römische Society aus den Angeln gehoben. Das macht vielleicht Schlagzeilen!«
Auch die Reporter kamen wieder. Einige hatten Handscheinwerfer aus ihren Wagen mitgebracht. Der Wortführer hatte sogar weiße Kreide besorgt, mit der er im Labyrinth den Rückweg markieren wollte.
»Wir können eindringen«, sagte er. »Was da drinnen verborgen ist, dürfen wir uns auf keinen Fall entgehen lassen.«
»Ich denke, Sie werden nicht mehr viel vorfinden. Seien Sie vorsichtig!«, riet Dorian Hunter.
Die zwanzig Männer eilten durch das schmale Loch in die unterirdischen Gänge und schlugen die Richtung ein, die der Dämonenkiller ihnen in etwa bezeichnet hatte. Dorian zog es vor, draußen zu warten, denn er war sicher, nicht mehr gebraucht zu werden.
Die Reporter hasteten wie ein beutehungriges Rudel Wölfe durch das Labyrinth. Schon bald machten sie den Feuerschein aus. Sie gelangten zur Teufelskirche, konnten jedoch nicht hinein. Flammen, die bis zur Decke emporzüngelten, versperrten ihnen den Weg. Voll Grauen schauten sie nur noch auf den untoten Maestro Marco Bertini, der am ganzen Leib brannte. Er hatte Laura in der tödlichen Umklammerung. Ein Loch klaffte in ihrem Kopf.
Das Feuer breitete sich noch mehr aus und verhüllte die schreckliche Szene.
Keiner der Reporter hatte ein gutes Foto schießen können.
Dorian Hunter war in die Jugendstilvilla zurückgekehrt. Er stand am Fenster, blickte auf die treibenden Schneeflocken und den Straßenmatsch hinaus, rauchte und stieß den Qualm aus, der sich an der Fensterscheibe emporkräuselte. Immer wieder musste er über die Ereignisse in Rom nachdenken.
Die Flammen hatten wieder einmal ihre reinigende Wirkung bewiesen. Die Bertinis waren vernichtet. Es blieben die zwölf Hexen. Doch die würden nie wieder Unheil anrichten können. Falls nicht etwas Unvorhergesehenes geschah, würden ihre Namen in den Zeitungen erscheinen. So eine Denunziation reichte aus, um sie zur Untätigkeit zu verdammen.
Trevor Sullivan trat ein. Er brachte einen Packen Zeitungen und breitete sie auf dem Tisch aus.
»Schauen Sie her!«, sagte er. »Ich habe Ausgaben von gestern auftreiben können. Es sind samt und sonders italienische Zeitungen, denn in den britischen Gazetten wird frühestens heute etwas veröffentlicht. So schnell wie die römischen Fotoreporter haben die Agenturen nicht gefunkt.«
Dorian betrachtete die Zeitungen, überflog die groß aufgemachten Berichte und pickte sich den am besten geschriebenen heraus und las ihn ganz.
Es wurde lang und breit über die Ausschweifungen der Hexen von Rom erzählt. Dass schwarze Magie im Spiel gewesen war, wurde aber mit keinem Wort erwähnt. Die zwölf Frauen aus der Runde der Witwen wurden als kaltblütige Mörderinnen hingestellt. Es wurde auch vermutet, sie könnten alle geistesgestört sein. Erst ganz zum Schluss des Artikels gebrauchte der Berichterstatter vorsichtig den Ausdruck »Hexen«.
»Es wird einen Prozess geben«, sagte Dorian. »Die zwölf haben nicht mehr die geringste Chance, jemals wieder ihr unheilvolles Treiben aufzunehmen.«
»Und die Mädchen? Wie geht es vor allen Dingen dieser Antonia Biasi?«, wollte Sullivan wissen.
Der Dämonenkiller wandte sich ihm zu. »Antonia hat keinen Rückfall erlitten. Vielmehr ist sie durch die Ereignisse innerlich abgehärtet worden und nunmehr bereit, wieder voll ins Leben zu treten. Zusammen mit Caterina wird sie bei der Verhandlung als Kronzeugin aussagen.«
Er ging an die Weltkarte. Dort, wo auf dem berühmten Stiefel Rom markiert war, vertauschte er die rotschwarze Stecknadel mit einer schwarzen.
»Für uns gehört der Fall zu den Akten«, meinte er.
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