053 - Der Gast aus dem Totenreich
betupften und bepuderten die Mädchenkörper. Dann eilten einige fort.
Caterina versuchte, ihnen nachzuschauen, konnte aber nicht feststellen, wohin sie sich wandten. Sie waren ganz unvermittelt wieder da und hielten weiße Gewänder hoch. Es handelte sich um einfache Leinenkleider, ohne Taschen. Sie rochen muffig und schimmelig. Es waren Leichenhemden.
Schnatternd streiften die Hexen ihnen die Hemden über. Sie waren steif und knisterten. Fast bis auf den Boden reichten sie; nur die nackten Füße der Mädchen schauten darunter hervor.
Antonia schluchzte wieder.
Die dreizehn Weiber hantierten weiter herum und brachten kleine, eigenartig geformte Gefäße zum Vorschein. Sie fuhrwerkten mit den Händen darin herum. Als sie die Finger hoben, konnten Caterina und Antonia sehen, dass sie sie über und über mit cremeähnlichen Substanzen beschmiert hatten. Die Hexen strichen ihnen nun über die Gesichter. Antonia Biasi wollte den Kopf senken und das Gesicht mit den Händen bedecken, doch die Hexen zischten und hielten sie so fest, dass sie sich nicht rühren konnte.
Sie rieben und malten, kneteten und pinselten an ihren Gesichtern herum. Caterina glaubte, jeden Augenblick ohnmächtig zu werden.
Dann traten die Weiber zurück.
»Es ist vollbracht«, sagte die Bertini. »Und ihr habt es gut gemacht. Ich danke euch. Führt sie nun zum Brautbett!«
Caterina und Antonia mussten sich umdrehen. Vor dem Teufelsaltar schob sich mit gespenstischer Langsamkeit ein flacher, breiter Stein in die Höhe. Er schien wirklich aus dem Boden zu wachsen. Seine Oberfläche schimmerte, wirkte wie poliert.
Die Hexen summten eine seltsame Melodie und hakten die Mädchen unter. Langsam, fast behutsam, brachten sie sie zu dem Stein. Ihre Bewegungen hatten etwas Gravitätisches, wirkten auf groteske Weise würdevoll.
Die Bertini war hinter dem flachen Stein. »Seht mich an!«, sagte sie.
Caterina und Antonia konnten nicht anders. Sie mussten ihr in die bösen Augen schauen. Allmählich fühlten sich beide von einer Art Strömung fortgezogen. Ein süßes Gefühl lullte sie ein. Die Hexen hielten sie fest, dass sie nicht umkippten. Dann legten sie sie auf das Brautbett, so, dass sie einander nicht berührten und genügend Platz zwischen ihren Körpern blieb.
Caterina und Antonia sahen wie Tote aus. Die schwarzen Weiber hatten sie abscheulich geschminkt. Weiß wie Schnee waren ihre Gesichter, aber die Augen, die Nasen und Münder waren dunkel und wurden von schrecklichen Malen eingerahmt. Hinter die Ohren und auf die Oberkörper, die ein wenig aus den Leichenhemden herausschauten, waren Satanssymbole gezeichnet.
Sie waren wie erstarrt, aber ihre Augen standen offen, der Blick war nach oben gerichtet.
Laura Bertini hob beide Hände. Die Hexen verstummten.
Da hörten es alle. Schritte schlurften heran.
»Er kommt!«, sagte Laura Bertini, und ein diabolisches Lächeln nistete in ihren Mundwinkeln. »Endlich!«
Sie drehte sich um, strebte aus der Teufelskirche in einen der vielen Gänge, machte seine Gestalt aus. Aber irgendetwas schien nicht zu stimmen mit ihm. Er machte einen hündischen, geprügelten Eindruck.
»Was ist passiert?«, fragte sie drohend.
Er gab eine Reihe fürchterlicher Laute von sich, die keiner außer ihr zu deuten wusste.
»Dorian Hunter ist also noch einmal entkommen. Das wird er mir büßen. Später. Jetzt können wir uns nicht um ihn kümmern.« Sie streckte die Hände aus und tastete seinen Schädel ab. »Zur Hölle! Er hat …«
Laura hob ihr Gewand hoch, griff darunter und brachte eine zweite Gummimaske zum Vorschein. Rasch streifte sie sie über sein zerfressenes Antlitz. Er knurrte eigenartig. Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn aus dem Gang. Er wankte, hatte Schwierigkeiten beim Gehen. Die Verwesung war weiter fortgeschritten. Er bot einen grausigen Anblick.
Die Hexen klatschten träge in die knochigen Hände und stimmten ihren Singsang an. Lächelnd führte die Bertini ihren Mann in ihre Reihen, ließ ihn los und trat hinter das Kopfende des Brautbettes.
»Du wirst nun Hochzeit feiern mit gleich zwei allerliebsten Herzchen, mit jungen, zarten Dingern, wie du sie immer gern gemocht hast.«
Der Untote heulte auf.
Laura Bertini lehnte sich zurück, stemmte die Fäuste in die Seiten und lachte, dass es schaurig von den Wänden widerhallte.
Marco Bertini spürte, wie sein ganzer Leib steif wurde. Es durchlief ihn eisig. Er hatte nicht mehr die Gewalt über seine Gliedmaßen, noch über sein
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