053 - Schrei, wenn dich der Hexentöter würgt
entführte.“ Schwester Margareta wollte darauf hinweisen, daß im
Krankenhausgelände ein Krankenwagen stand.
Brent handelte unverzüglich. Er hörte plötzlich das
Geräusch eines heranbrausenden Motorrades, auf dem ein Polizist saß. X-RAY-3
rannte zu dem Beamten, der vom Krad stieg, um sich zu erkundigen, was hier los
war.
Der Mann begriff im ersten Moment nicht, wie ihm
geschah, als Larry Brent neben ihm auftauchte.
„Tut mir leid, Mister“, sagte der Amerikaner. „Aber es
hat alles seine Richtigkeit.“ Mit diesen Worten saß er schon auf dem Sattel des
Krades, trat zweimal kurz den Anlasser durch und gab Gas. „Falls Sie
irgendwelche Fragen haben, wenden Sie sich bitte an Kommissar Wergh, er wird
Ihnen alles erklären.“ Das Motorfahrzeug machte einen Satz nach vorn. X-RAY-3
sauste davon, als säße ihm der Teufel im Nacken. Er
ließ den verdutzten Polizisten zurück, der erst in diesem Augenblick begriff,
daß jemand offenbar die Initiative ergriffen hatte. Doch der Beamte hätte
garantiert dem Davonrasenden nachgeschossen, wäre Larry Brent nicht auf die
Idee gekommen, den Namen Wergh zu nennen. Dies ließ den Mann stutzig werden. Larry
raste in die dunkle Seitenstraße. Der Entführer hatte einen Vorsprung von fünf Minuten.
Nicht viel, in Anbetracht der besonderen Umstände, aber doch schon zuviel. Gab
es eine Chance, den Hexentöter zu stellen? Larry Brent wußte es nicht.
Die schmale Straße mündete auf die
Hauptverkehrsstraße, die aus der Stadt führte. Larry Brent hielt sich auf
dieser Bundesstraße. Er entfernte sich von Filsum. Der Wind pfiff ihm um die
Ohren. Sein geöffnetes Hemd flatterte wie eine Fahne am Körper und wurde
schließlich durch den Fahrtwind völlig zerrissen, so daß er mit nacktem Oberkörper
auf dem Motorrad saß.
X-RAY-3 setzte seine Gesundheit aufs Spiel, um ein
wesentlich höheres Opfer nach Möglichkeit zu vermeiden: den Tod der jungen
Angelika Foller! Es gab für ihn keinen Zweifel mehr, daß der Hexentöter so
schnell wie möglich Rache nehmen wollte. Eingeleitet war sie schon. Und der
erste Erfolg war sichtbar. Er hatte einen Vorsprung von fünf Minuten
herausgeholt, und es gab keine genauen Anhaltspunkte dafür, in welcher Richtung
er sich abgesetzt hatte. Der Amerikaner verließ sich ganz auf sein Gefühl, und
das sagte ihm, daß es gut wäre, jene Richtung einzuschlagen, aus der er am
Abend gekommen war. In der Nähe des Nachbardorfes, wo er sich noch am
Spätnachmittag aufgehalten und den Tatort besichtigt hatte, konnte inzwischen
ein zweites Verbrechen bis in alle Einzelheiten festgelegt worden sein. Er war
fast überzeugt davon, daß es so war. Dort, in der Nachbargemeinde, wußte man,
wo sich Angelika Foller befand. Es waren allerdings nur einige wenige
Auserwählte, die davon eine Ahnung hatten. Doch all diese Überlegungen konnten
sich auch als ein Schlag ins Wasser erweisen. An drei verschiedenen Orten waren
bisher die Leichen der Hexen gefunden worden. Der Hexentöter war
unberechenbar.
Larry Brent preßte die Lippen aufeinander. Sein
sonnenverbrannter Oberkörper war tief über das Lenkrad der Maschine gebeugt. Er
wollte dem eiskalten Fahrtwind so wenig Angriffsfläche wie möglich bieten.
Er fuhr drei Kilometer und holte das Letzte aus dem
Krad heraus, aber er entdeckte keine Spur von dem Entführer.
Larry glaubte, der einzige Mensch weit und breit zu
sein. Die Nacht war dunkel und still. Die nächste Ortschaft lag noch zwei
Kilometer entfernt. Er kam durch eine finstere Allee. Die Baumwipfel zu beiden
Seiten der Straße rauschten, der Lichtkegel des Scheinwerfers raste dem Krad
voraus und riß einen Teil der stockfinsteren Allee aus dem Dunkel. Am Ende der
Straße, nach einer Fahrt von einem weiteren Kilometer, verlangsamte Larry Brent
die Fahrt und hielt schließlich an. Er drehte den Zündschlüssel herum, und das Motorgeräusch
erstarb.
Völlige Stille hüllte ihn mit einem Mal nach dem
Rattern der Maschine ein. X-RAY-3 fror bis auf die Knochen und der Wunsch nach
einem heißen Bad wurde in ihm wach. Das würde er auch tun, sobald er in sein
Hotel zurückkam, um einer eventuellen Lungenentzündung vorzubeugen.
Zu beiden Seiten der Allee führten zwei schmale Pfade
in das sich anschließende Ackergelände, wo einige Obstbäume standen. Larry
Brent schaltete die Zündung ein und ließ den starken Scheinwerfer des Krades
über die Wege leuchten.
Die Augen des Amerikaners wurden zu schmalen
Schlitzen, als er links von sich frische Spuren auf
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