0532 - Der Blutschwur
Blut…
Er hatte, von seinem und dem Blut des Dekans gesprochen.
Beides war miteinander vermischt worden. Ein schlimmes Zeichen.
Er war zum Verräter geworden und hatte seine Quittung erhalten.
Himmel, wohin würde uns dieser Fall noch führen!
»In ihm muß der Teufel gesteckt haben«, sagte Dr. Köhler leise.
»Als Mensch war er einfach zu schwach, um dagegen ankommen zu können. Es tut mir leid.«
»Ja, da sagen Sie etwas. Aber hätten Sie nicht…?«
»Mr. Sinclair. Dieser junge Mann war ein Phänomen, wie ich Ihnen schon sagte…«
Jemand riß die Tür auf. Es war die Krankenschwester mit dem Bartschatten auf der Oberlippe. Sie rief dem Arzt etwas zu, der unwirsch antwortete und sie wieder fortschickte.
»Was war denn?«
»Die Leute reden von einem Terroranschlag irgendwelcher Separatisten.«
»Nein, das war es bestimmt nicht.« Ich drehte mich um und sah, daß Suko seinen Platz am Fenster verließ.
»Hast du ihn erkannt?« fragte ich.
»Ja, ich sah ihn auf dem Friedhof.«
»Richtig. Es war derjenige, der mich mit einem Stein hatte erschlagen wollen.«
Suko kannte mich gut und stellte mir die entsprechende Frage!
»Glaubst du, daß er so etwas wie ein Unterführer ist?«
»Kann sein.«
»Dann müßten wir ihn uns herauspicken.«
»Darauf kannst du Gift nehmen.«
Die Tür wurde aufgestoßen. Ein verschwitzter und heftig atmender Michael Mitic kehrte zurück. »Nichts«, meldete er und breitete die Arme aus. »Wie vom Erdboden ist er verschluckt.«
»Damit war zu rechnen.«
»Das sagen Sie, Mr. Sinclair. Womit sollen wir denn noch alles rechnen?« Er schaute Petar Jurkovic an und bekam Eis in die Augen.
Wir sagten nichts. Vom Gang her hörten wir laute Stimmen, im Krankenzimmer war es still.
»Ist… er tot?«
»Ja.«
Mitic atmete tief durch. Dabei erfaßte ihn wieder ein Schwindel.
Er ging mit wackligen Knien zum Besucherstuhl und ließ sich dort nieder. »Sie löschen alle Spuren«, sagte er leise. »Verdammt noch mal, sie löschen sämtliche Spuren. Wie konnte das passieren? Sie waren doch bei ihm, hier im Zimmer!«
»Er verbrannte innerlich«, erklärte Dr. Köhler, der sich angesprochen fühlte.
»Verbrennen?«
»Fieber.«
»Ach ja, aber so plötzlich?«
Dr. Köhler hob die Schultern. »Daran konnte auch ich nichts ändern. Dieser Mann hat zwar gelebt, aber unter völlig anderen Bedingungen, über die Sie eigentlich besser Bescheid wissen müßten.«
»Ein Verräter war er im Sinne der Finsteren. Und er hat seine Quittung bekommen.« Mitic hob die Schultern. »Ich kann es nicht fassen. Erst meine Tochter, dann meine Frau, jetzt er…«
»Sie vergessen den Jungen, der im Polizeipräsidium aus dem Fenster gesprungen ist.«
»Sicher, Sinclair, klar.« Mitic starrte ins Leere. »Ich frage mich nur, wer als nächster an der Reihe ist. Einer von uns?«
»Davon sollten wir ausgehen«, sagte Suko. »Bei uns haben sie es mit recht profanen Mitteln versucht. Denken Sie an den Molotow-Cocktail. Das war beileibe kein magischer Angriff.«
»Stimmt.«
»Nur sollten wir jetzt etwas unternehmen«, schlug ich vor und schaute noch einmal auf Jurkovic, der mir in den letzten Sekunden seines Lebens doch einen wichtigen Hinweis gegeben hatte. Den Tip mit dem indischen Reisebüro.
Ich bedankte mich bei Dr. Köhler für seine Hilfe, er winkte ab, und ich spürte plötzlich die starke Müdigkeit. Am liebsten hätte ich mich hingelegt, doch an Schlaf war nicht zu denken. Wir mußten den Jüngern der schwarzen Rose auf den Fersen bleiben.
»Soll ich Ihnen noch einen Kaffee geben?« fragte der Arzt.
»Das wäre gut.«
»Kommen Sie mit. Es ist keine Brühe aus dem Automaten. Eine unserer Schwestern brüht ihn frisch auf. Er ist wirklich gut, nach türkischem Rezept hergestellt.«
Wir verdrückten uns in das Schwesternzimmer, wo uns Dr. Köhler drei Tassen einschenkte. Der Kaffee war einfach die Hölle. Heiß und verdammt stark.
Fast hätte ich mir die Lippen verbrannt. Ich fing einen Blick des jugoslawischen Kollegen auf. »Ist was?«
»Ja, Mr. Sinclair. Die neue Spur…«
»Die neue Spur ist eine alte. Wir müssen uns dieses Reisebüro genauer anschauen.«
»Woher…?«
»Der Junge hat es mir in der letzten Minute seines Lebens gesagt. Es war der Tip für uns.«
»Dann fahre ich mit.«
»Gern, wir hätten zu lange suchen müssen. Kennen Sie das Reisebüro überhaupt?«
»Nein. Ich weiß eben nur, wie man dorthin fährt. Wie gesagt, es liegt in der Altstadt.«
Ich schüttete mir den
Weitere Kostenlose Bücher