0532 - Der Blutschwur
schaute Köhler beschwörend an.
Der Mann nickte. »Es ist gut, ich erlaube es Ihnen, Mr. Sinclair. Noch eine Frage.«
»Danke.«
Petars Gesicht war verzerrt, die Augen hatte er sehr weit aufgerissen. Er schien Dinge zu sehen, die nur er sah. »Sie kommen von innen«, keuchte er, »mein Blut ist verseucht. Ich weiß es genau. Ich komme davon nicht los. Es ist verseucht. Es ist so heiß, ich… ich koche …«
Mein Gott, was quälte sich dieser Mensch, aber ich mußte eine Antwort haben. »Petar, wo sind die anderen? Sag es mir! Ist es dort, wo auch das Reisebüro…?«
»Ja, ja, die Schule des Ramis. Da sind wir immer. In den Katakomben, im Keller…« Er drehte plötzlich den Kopf nach links, ohne daß ich etwas hätte dagegen tun können. »Am Fenster!« brüllte er und verfiel dann in seine Heimatsprache.
Die beiden ersten Worte hatten wir alle verstanden. Auch Suko.
Er erreichte das Ziel mit einem Sprung. Dieses Krankenhaus war klimatisiert, trotzdem konnte man die Fenster noch normal öffnen.
Suko riß eins auf.
Er sah keinen Menschen, auch ich nicht, der ich dicht hinter ihn getreten war.
Wir blickten in den Park des Krankenhauses, der stockdunkel unter uns lag. Wir sahen auch die Bäume und deren hohes Geäst. Dem Fenster direkt gegenüber stand ein solcher Baum.
In der dunklen Krone leuchtete es plötzlich auf. Das war kein frühsommerlicher Leuchtkäfer, sondern etwas anderes. Eine kleine Flamme, von einem Streichholz oder Feuerzeug.
Etwas löste sich. Ich sah den Schatten, die heftige Bewegung, dann flog das Etwas auf uns zu.
Einer dieser widerlichen Molotow-Cocktails!
***
Ich stöhnte auf, weil Suko mir seinen Ellenbogen in die Hüfte gerammt hatte. Ich torkelte nach rechts und konnte trotzdem meinem Freund dankbar sein, daß er so gehandelt hatte.
Suko hatte die Nerven behalten!
Die Flasche mit dem hochexplosiven Zeug und dem halb herausschauenden, brennenden Lappen flog in Sukos auffangbereite Hände!
Vor seinem Gesicht keuchten die Flammen, überwarfen seine angespannten Züge mit ihrem zuckenden Schein. Sofort schleuderte Suko die Flasche wieder fort.
Parallel zur Hauswand, wo sie kaum Schaden anrichten konnte.
Den Aufprall hören wir nicht, aber die Wirkung bekamen wir mit.
Eine dumpfe Explosion, der Feuerschein, der an der Hauswand hochfuhr und seinen zuckenden Widerschein noch durch das geöffnete Fenster in das Krankenzimmer hineinschleuderte.
Unwillkürlich gingen wir in Deckung, tauchten dabei weg, hörten einen Fluch, dann die peitschenden Geräusche. Jemand feuerte aus dem Baum in das geöffnete Fenster.
Die Geschosse jagten durch das Zimmer und hämmerten mit dumpfen Lauten in die dicke Tür, wo sie glücklicherweise steckenblieben. Suko und ich rollten uns herum. Synchron zogen wir dabei unsere Waffen, zielten gegen das offene Fenster und auch in den Baum hinein, wo das Astwerk krachte und zusammenbrach, ein Beweis dafür, daß der unbekannte Schütze und Werfer des Molotow-Cocktails sein Heil in der Flucht suchte.
Wieder war Suko früher am Fenster als ich. Er ging ein hohes Risiko ein, als er seine Bleistiftleuchte anschaltete und den Halogenlichtstrahl gegen den Baum schickte.
Er sah noch einen Schatten, der sprang, auf dem Rasen landete und in den Bereich des Feuers geriet. Sirenen Heulten plötzlich auf, Alarm war gegeben. Ich fuhr herum und wollte das Krankenzimmer verlassen, als mir etwas auffiel.
Dr. Köhler stand wie ein Denkmal neben dem Bett. Ich starrte ihn an. An meiner Stelle jagte Mitic aus dem Raum. Suko hielt noch am Fenster die Stellung, und ich schaute in das Gesicht des Arztes und sagte: »Das darf doch nicht wahr sein?«
»Doch, Mr. Sinclair, es ist wahr. Der Junge ist soeben gestorben. Ich habe nichts mehr machen können!«
Ich schloß sekundenlang die Augen und spürte den kalten Schauer auf meinem Kücken. »Woran?« fragte ich flüsternd. »Woran ist er gestorben, zum Teufel? An diesem verdammten Beinbruch bestimmt nicht – oder?«
»Nein, das nicht. Er ist, wenn ich so sagen darf, innerlich verbrannt. Er starb am Fieber.«
»Was?«
»Ja, er hatte eine zu hohe Körpertemperatur. Hat er nicht selbst von dieser unnatürlichen Hitze gesprochen?«
»Klar, das…«
»Daran ist er gestorben.«
Ich schaute in das Gesicht des jungen Mannes,, das hochrot war.
Der Arzt hatte ihm die Augen noch nicht geschlossen. Verdreht lagen sie in den Höhlen. Und dann sah ich, wie aus seinen beiden Nasenlöchern feine Streifen sickerten.
Dunkles
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