0532 - Todespoker
neben dem seinen, der rasch größer wurde, fuhr herum und stand unmittelbar vor einem Hünen, der ihm auf weichen Sohlen fast lautlos gefolgt war. Er sah auch die Hand mit dem Messer, die ihn erreicht hätte, wenn er sich nicht so rasch gedreht hätte.
So zuckte die Klinge haarscharf an ihm vorbei. Ohne lange zu überlegen, hieb Spengler mit der Handkante zu und traf den Unterarm des Messermannes. Fast gleichzeitig trat er zu, zweimal hintereinander.
Beim erstenmal erwischte er das Schienbein, und noch während der Mobster aufheulte und das Messer zu Boden fiel, traf ihn Spenglers Knie da, wo's ihm noch viel weher tat.
Spengler rannte los. Nichts wie fort von hier! Sein Gegner war für mindestens eine Minute nicht in der Lage, ihn zu verfolgen, und das verschaffte Spengler einen erheblichen Vorsprung. Mindestens ein Dutzend Menschen hatte der kurzen Auseinandersetzung zugeschaut, aber keiner griff ein - weder vorher noch jetzt. Nur nicht einmischen - man könnte ja selbst Ärger bekommen! Weder hielt man den davonstürmenden Spengler fest, noch kümmerte sich jemand um den Messermann.
Der konnte, nachdem er sich von seinen Blessuren wieder erholte, in aller Ruhe die Waffe aufklauben und einstecken. Aber darauf achtete Spengler schon nicht mehr. Er war in eine Seitenstraße abgebogen, ging jetzt wieder langsamer und wechselte die Straße noch zweimal, bis er ein Taxi fand, dessen Fahrer auf sein Winken allergnädigst zu reagieren geruhte, nachdem fünf andere einfach an ihm vorbei gebraust waren.
Im Fond des Wagens, auf dem Weg zur Grenzbrücke über den Rio Grande, die er sich aus der Nähe anschauen wollte, suchte er nach einer Erklärung für den Messerangriff. Er war fremd hier, er hatte keine Feinde. Und wenn der Mann ihn ausrauben wollte - warum stach er dann gleich ohne jede Vorwarnung zu? Die Drohung mit dem Messer hätte doch völlig ausgereicht! Spengler war zwar kein Feigling, aber er konnte abschätzen, wann sich ein Kampf lohnte und wann es besser war, nachzugeben. Er hatte unwahrscheinliches Glück gehabt, daß ihn sein Gefühl bereits lange vorher warnte und er den Schatten neben sich heranwachsen gesehen hatte, und dann hatte er ein zweites Mal Glück gehabt, daß er schnell genug reagierte und den Angreifer auch gleich richtig traf.
Nur eine Sekunde später reagiert, oder bei Schlag und Tritten nicht ganz richtig getroffen, und es wäre mit ihm aus gewesen…
Von den Passanten hätte ihm auch dann keiner geholfen! Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!
Fast wie bei den Touristenmorden in Florida, allerdings wurden da Autos überfallen und nicht Fußgänger, dachte er.
Aber von solchen Erlebnissen ließ er sich nicht verschrecken. Er hatte es überstanden, und es war etwas, wovon er seinen Freunden in Deutschland erzählen konnte, wenn er wieder zuhause war. Natürlich mußte er erst einmal mit dieser Sache innerlich fertig werden, aber der Besuch der Grenzstation würde ihn schon bald wieder auf andere Gedanken bringen…
***
»Schön, daß Sie von selber hergekommen sind«, sagte Detective Boone.
»Ich fürchte, daß Sie das in wenigen Augenblicken gar nicht mehr schön finden werden«, warf Doc Hawkins ein, der sich zwischen Zamorra und Nicole hindurch nach vorn schob und Boone seine Visitenkarte auf den Schreibtisch legte. »Ich vertrete die Interessen meiner beiden Mandanten. Ich verlange die sofortige Einstellung Ihrer Ermittlungen gegen Professor Zamorra und Nicole Duval, zudem fordere ich Akteneinsicht.«
Boone hob die Brauen. »Mein lieber, guter Doktor Hawkins…«
»…der ich absolut nicht bin«, unterbrach Hawkins; »sehen Sie mich lieber als Ihren Alptraum.«
»Mein hochgeschätzter, lieber, guter Doktor Hawkins, was die Einstellung der Ermittlungen, die noch gar nicht angelaufen sind, betrifft, setzen Sie sich doch freundlichst mit dem Staatsanwalt in Verbindung. Er wird sich wundern, daß Sie Ihr ganzes Pulver schon verschießen, ehe überhaupt die Kriegserklärung ausgesprochen worden ist. Es muß doch erst noch geprüft werden, ob überhaupt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.«
Hawkins grinste. »Ich hatte gehofft, ich könnte Sie überfahren.«
»Künstlerpech. Setzen dürfen Sie sich trotzdem alle, wir haben gerade eben genug Stühle. Kaffee? Den muß ich allerdings selbst aus dem Automaten zapfen, weil unsere Kaffeebohnen-Dompteuse erkrankt ist, was bedeutet, daß unsereiner sogar alle Berichte selbst in die Schreibmaschine tippen muß… Den
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