0535 - Shironas Nebelgeister
Zamorra bisher selbst gesehen hatten. Und da fehlten noch ein paar Exemplare. Die Amulette waren zwar einmal alle sieben an einem Ort zusammen gewesen, als das Sternenschiff der DYNASTIE DER EWIGEN vernichtet wurde, doch da hatte niemand Zeit gehabt, sie alle miteinander zu vergleichen.
Welches der sechs niedrigeren Amulette konnte das hier sein? Nicole spürte, daß es eines der stärkeren, jüngeren Exemplare sein mußte. Sie konnte selbst nicht erklären, wie sie zu diesem Empfinden kam, aber die Amulette, die Sid Amos besaß, fühlten sich anders an. Nicht unter den tastenden Fingern, sondern wohl eher im Geist…
Sie schätzte, daß dieses hier das fünfte oder sogar sechste sein konnte.
Wann würden sie es erfahren? Wann würden jemals alle sieben Amulette wieder zusammengebracht werden?
»Fühlst du es auch?« fragte die Kreolin.
»Was?« Nicole schrak aus ihren Gedanken auf.
»Diesen Drang, diese Lockung, oder was immer es ist. Du kennst dich doch mit diesen Amuletten aus. Zieht es dich auch nach Osten?«
Zamorras Gefährtin schüttelte langsam den Kopf. »Ich kann nichts dergleichen fühlen. Vielleicht fehlt mir die besondere Beziehung, die zwischen dem Amulett und deinem Bruder besteht. Bei Zamorra, mir und Merlins Stern ist es auch so: da gibt es Dinge, die kein Außenstehender jemals wahrnehmen kann. Dies ist nicht mein Amulett, verstehst du? Es ist Ombres Amulett. Also kann nur er die Botschaft wahrnehmen, die es ihm irgendwie zukommen läßt. Ganz gleich, ob es ihm gefällt oder nicht.«
»Das heißt, du nimmst es also nicht mit?«
Nicole schüttelte den Kopf. »Nur, wenn Yves es mir persönlich erlaubt.«
»Er erlaubt es dir«, sagte eine dunkle Stimme von der Tür her. Der »Schatten« war aufgetaucht, in Shorts, etwas struppig und halb verschlafen. »Nimm das verdammte Ding und wirf es in den Golfstrom. Vielleicht treibt es dann weit genug fort, daß es nie wieder zu mir zurückkommt. Hallo, Nicole Duval.«
»Ich wollte dich nicht aufwecken, als ich in deinem Zimmer war«, sagte Angelique schnell.
Der drahtige Farbige mit den grauen Augen und dem halblangen schwarzen Haar grinste unfroh.
»Wenn es eine Möglichkeit gibt, diesen Blechteller loszuwerden, kannst du mich alle zehn Minuten wecken. Wie lange bleibst du noch, Nicole? Je schneller das Amulett aus meiner Nähe verschwindet, um so besser…«
»Yves!« entfuhr es Angelique empört. »Das klingt, als wolltest du Nicole 'rausschmeißen!«
Wortlos wandte sich der »Schatten« um und verschwand wieder aus dem kleinen Raum.
»Ich wollte ohnehin gleich gehen«, sagte Nicole. Sie nahm es Yves nicht übel. Er witterte jedesmal, wenn Zamorra oder Nicole hier auftauchten, eine neue Verwicklung in eine magische Aktion, und damit hatte er meistens recht. So konnte sie ihm seine etwas unwirsche Reaktion nicht verdenken.
Sie hakte das Amulett an der silbernen Halskette ein, die sie eigentlich für Merlins Stern trug, und ließ die Zauberscheibe unter ihrem Lederoverall verschwinden, den sie jetzt bis zum Hals schloß.
In den Slum-Straßen des Hafenviertels, durch das sie mußte, brauchte niemand das Silber verräterisch blitzen zu sehen; sie wäre nur eine willkommene Beute für jeden kleinen Gauner, der schnell reich werden wollte.
Ihr Problem war ja, daß sie sich noch nicht sofort ins nächste Flugzeug setzen und nach Florida jetten konnte. Denn zuerst mußte sie den Dhyarra-Kristall zurückbekommen.
Und plötzlich wurde ihr klar, daß ihr nichts Besseres hatte passieren können, als Ombres Amulett zu erhalten.
Dadurch war sie nicht mehr ganz so ungeschützt – und sie konnte damit an der Sache arbeiten…
***
Shirona berührte die Silberscheibe.
Es durchzuckte sie wie ein elektrischer Schlag. Ihr Bewußtsein schien in hellen Flammen zu lodern.
Ihre Hände zitterten, die Scheibe fiel wieder zu Boden. Ohne zu erfassen, was ihre Augen wahrnahmen, sah Shirona, wie ihre Hände sich auflösten. Der Auflösungprozeß setzte sich fort, griff auf die Unterarme über.
Sie hörte die Nebelgeister kichern.
Da war ein Sog. Er zerrte sie auf die Scheibe zu, drohte sie zu verschlingen. Von einem Moment zum anderen wurde das Silber zu einem riesigen, gefräßigen Maul – und dann wurde Shirona wieder zurückgestoßen.
Es ist zu eng. Zu klein. Ich kann es nicht ausfüllen.
Sie begriff ihre Gedanken nicht. Aber wieder mußte sie kurz an das Haupt des Siebengestirns von Myrrian-ey-Llyrana denken.
Der Abstoßeffekt war schmerzhaft. Sie
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