0537 - Der Voodoo-Drache
kam fast im Laufschritt heran. »Professor Zamorra?«
»Guten Morgen, Monsieur. Darf ich meinerseits erfahren, mit wem ich das Vergnügen habe?« Das Gefühl, daß hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung war, wurde in ihm immer stärker.
»Sind Sie Professor Zamorra oder nicht?« drängte der Zivile.
»Leibhaftig, aber etwas mehr Höflichkeit darf ich doch wohl erwarten, auch wenn Sie möglicherweise noch nicht gefrühstückt haben!«
»Höflichkeit gegenüber einem bestialischen Mörder?« stieß der Zivile hervor. »Sie sind verhaftet, Zamorra! Alles, was Sie von jetzt an sagen oder tun, kann gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern…«
Zamorra starrte ihn fassungslos an.
»Mörder?«
Da schlossen sich bereits Handschellen um seine Gelenke…
***
Verblüfft beobachtete Nicole das Geschehen. Das Sturmklingeln der frühmorgendlichen Besucher hatte sie alarmiert — um diese Zeit kam normaler weise kein Mensch hierher. Hastig kleidete sie sich an und hörte Raffael im Portal mit Polizisten reden, die sich nach einem gewissen Zamorra und einer Frau erkundigten, die der Beschreibung nach mit Nicole identisch war. Die Polizisten bedrängten Raffael regelrecht.
Und dann bekam Nicole vom Fenster aus Zamorras Verhaftung im Vorhof mit.
Sie verstand den Grund dafür nicht. Aber so, wie sich die Beamten gebärdeten, wollten sie Nicole wohl ebenfalls festnehmen.
Wenn sie sie in die Hand bekamen…
Das war im Château Montagne gar nicht so einfach. Es gab Dutzende von Schlupflöchern. Zwar hatte die Polizei den taktischen Fehler begangen, niemanden an der Rückseite des dreiflügeligen Gebäudes zu postieren, aber Nicole brauchte die hinteren Ausgänge gar nicht zu benutzen. Sie nahm den Weg in die Tiefe.
Sie konnte sich nicht vorstellen, weshalb die Verhaftung erfolgt war. Entweder war es ein Irrtum, oder jemand hatte ihnen eine Falle gestellt, die jetzt zuschnappte - vielleicht jener Aristide Mondragon?
Wie auch immer: Nicole ging davon aus, daß sie nur dann etwas dagegen unternehmen konnte, wenn sie in Freiheit blieb. Also mußte sie erst einmal abtauchen und dann weitersehen.
Sie hastete in den Keller. In diesem Labyrinth von Gängen und Kammern im Fels konnten die Polizisten lange nach ihr suchen. Doch selbst, wenn sie jeden einzelnen Raum durchstöberten, würden sie Nicole nicht finden, weil sie sich dann längst nicht mehr im Château befand.
Sie benutzte die Regenbogenblumen!
Diese großen seltsamen Blumen, die in einem Kuppelraum unter künstlichem Sonnenlicht blühten, beförderten sie ohne Zeitverlust zu einer anderen Blumenkolonie. Nicole fand sich übergangslos in Ted Ewigks Keller wieder, in seiner Villa am nördlichen Stadtrand von Rom.
Ted befand sich derzeit in Ruanda, um für eine Hintergrundreportage zu recherchieren. Nicole machte sich keine Gedanken darüber, in seiner Abwesenheit das Haus zu betreten. Solche unangemeldeten Aktionen waren unter den Freuden zwar nicht an der Tagesordnung, aber in Notfällen eine Selbstverständlichkeit.
Auch, daß Nicole Teds Telefon benutzte, um ein Auslandsgespräch nach Frankreich zu führen.
Sie telefonierte mit Christopher Flambeau, Zamorras Hausjuristen. Der versprach, sich schnellstens um den Fall zu kümmern. Danach rief sie im Château an. Raffael meldete sich nach knapp anderthalb Minuten. Nicole stellte ihre Fragen so, daß er lediglich mit Ja oder Nein zu antworten brauchte, falls ein Polizist neben ihm stand.
Er schaltete sofort, redete sie seinerseits mit »Dr. Renoir« an und versprach ihr verschlüsselt, sie sofort zurückzurufen, wenn die Polizei wieder fort war.
Knapp zwei Stunden später klingelte in Rom das Telefon.
Nicole hinterließ Ted eine Nachricht, daß sie hier gewesen war und sein Telefon benutzt hatte, und kehrte mittels der Regenbogenblumen wieder ins Château zurück.
Lady Patricia und Butler William hatten sich inzwischen auch eingefunden.
»Eine Unverschämtheit«, stellte die Schottin klar. »Gibt es eine Möglichkeit, sich über diesen Polizeieinsatz zu beschweren? Sie haben sogar meine Zimmer durchsucht und den Jungen zum Weinen gebracht. Er ist immer noch völlig verstört. Als ob’s nicht völlig ausreicht, daß er zur Zeit krank ist und kaum länger als zwei oder drei Stunden durchschläft! Da müssen diese wilden Menschen ihn auch noch aufwecken, kaum daß er endlich mal für ein paar Minuten Ruhe hat… ich könnte diese Narren erschlagen!«
»Sicher wird es eine
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