0537 - Der Voodoo-Drache
bringen…
***
Nicole hatte sich in der Tat verändert. Selbst wer wußte, daß sie in kurzen Abständen Frisur und Haarfarbe immer wieder wechselte, hätte sie in diesem Moment nicht wiedererkannt. Selbst Raffael stutzte und rätselte zunächst, wie wohl eine Fremde ins Château gekommen sein mochte, als sie ihm frisch getarnt über den Weg lief. Sie trug Kleidung, die schon vor einem Jahrzehnt aus der Mode gekommen war, und mit Schminke hatte sie es geschafft, sich wenigstens zwanzig Jahre älter erscheinen zu lassen, als es ihrem normalen Aussehen entsprach.
Wer sollte sie so erkennen, wenn selbst Raffael im ersten Moment zweifelte? Schließlich kannte er sie vom ersten Tag ihres Auftauchens im Château Montagne an…
Sie nahm vorsichtshalber Amulett Nr. 4 mit. Vielleicht würde sie es brauchen. Außerdem trug sie in einer ledernen Umhängetasche neben anderen Kleinigkeiten auch die Strahlwaffe aus den Beständen der Dynastie-Technik bei sich. Sie hoffte, daß das reichte.
An den Dhyarra-Kristall 4. Ordnung wagte sie selbst sich nicht heran. Er verursachte ihr beim Benutzen stärkste Kopfschmerzen und Übelkeit. Sie mußte sich erst langsam an diesen Sternenstein gewöhnen. Über kurz oder lang würde es ihr gelingen; wäre sein Machtpotential zu stark für sie, hätte sie längst den Verstand oder das Leben verloren, als sie ihn bei früheren Gelegenheiten einsetzte. Doch die unangenehmen Begleiterscheinungen, die derzeit noch auftraten, wollte sie sich jetzt ersparen. Sie mußte Zamorra aus der Bredouille holen, und das konnte sie nicht, wenn sie sich selbst gewissermaßen außer Gefecht setzte.
Sie bat Raffael, sie nach Lyon zu bringen. Falls das Château beobachtet wurde, mochte jemand sich darüber wundern, daß eine unbekannte Frau einen der beiden Wagen aus dem schloßeigenen Fuhrpark benutzte. Der Rückschluß auf eine verkleidete Nicole Duval war dann sehr einfach. Also verschwand sie im Fußraum zwischen Vordersitzen und Rückbank von Zamorras BMW, der von Raffael gelenkt wurde; der Butler war relativ unauffällig. Er konnte jederzeit geschäftlich nach Lyon unterwegs sein. In der Stadt selbst wollte Nicole auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Die brachten sie innerörtlich auch problemlos überall dorthin, wohin sie wollte.
Zuerst Flambeau, der Anwalt! Vielleicht hatte er mittlerweile schon Einzelheiten herausgefunden. Danach ein Besuch bei Chefinspektor Robin. Letzteres war nichts anderes als ein Vaban- quespiel. Wenn er sich an die Vorschriften hielt, mußte er Nicole festnehmen. Aber sie hoffte, ihn überzeugen zu können, daß hier ein falsches Spiel lief, daß er sich einschalten und helfen mußte. Er besaß genug Einfluß, und er wußte um Zamorras und Nicoles dämonenjagende Aktivitäten.
Zuerst jedoch mußte sie unbehelligt nach Lyon gelangen.
Sie dachte an ihren voodookundigen Gegner.
Hoffentlich ließ der ihr überhaupt diese Chance…
***
Zamorra spürte, wie etwas Fremdes versuchte, sich seiner zu bemächtigen.
Von einem Moment zum anderen war auch das Gefühl wieder da, beobachtet zu werden.
Der Voodoo-Angriff erfolgte!
Obgleich Zamorra damit gerechnet hatte, wurde er überrascht. Da war kein schmerzhafter Nadelstich, wie er ihn erwartet hatte. Es war etwas Schleichendes, das nach seinem Geist griff und versuchte, ihn unter seine Kontrolle zu bringen.
Eine Stimme, die zu ihm sprach… doch es waren keine laut ausgesprochenen Worte. Es war eine Form der Mitteilung, wie Zamorra sie nie zuvor erlebt hatte. Begriffe, die weder bildhaft noch als ausformulierte Wörter in seinem Bewußtsein entstanden. Es war eher wie eine Ahnung, die in ihm entstand…
Und es hatte etwas mit dem Amulett zu tun!
Das Unheimliche wollte das Amulett!
Merlins Stern?
Oder das andere, das sie aus Florida mitgebracht hatten?
Zamorra stemmte sich mit aller Macht gegen die Beeinflussung. Er widerstand dem Impuls, das Amulett zu rufen. Er durfte es jetzt nicht tun!
Der Amulett-Jäger, der versuchte, auch Zamorra unter Kontrolle zu bekommen, lenkte die Polizisten! Sobald das Amulett in Zamorras Hand auftauchte, würden sie es ihm abnehmen - und dem Gegner aushändigen!
Dabei spielte es nicht einmal eine Rolle, ob sie wußten, was sie taten. Sie wurden gesteuert, ohne es zu ahnen. Sie waren Marionetten, die von sich glaubten, aus eigenem Antrieb zu handeln!
Zamorra stöhnte laut auf.
Sein Nebenmann stieß ihn an. »He, Killer! Was ist mit dir los?«
Zamorra reagierte nicht mehr darauf. Er
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