0537 - Karas grausame Träume
ich will schlafen. Ich kann nicht anders, verstehst du?«
»Schon gut, Kara, schon gut.«
Er brachte sie bis zu ihrem Bett. Dort sank Kara zusammen, die Arme hochgereckt, wobei Myxins Hände unter ihren Achselhöhlen lagen. Sanft drückte er sie zurück und drehte sie gleichzeitig nach rechts, damit sie ihren Kopf auf das weiche Kissen betten konnte.
»Ist es so besser?«
Mit einer müde wirkenden Bewegung schlug sie die Augen auf.
»Ja, es ist besser. Ich fühle mich nicht mehr so schlapp.«
»Ich bringe dir etwas zu trinken.«
»Danke.«
Myxin holte das Wasser aus dem Bach. Es war kristallklar und auch nicht verseucht. Der kleine Magier kehrte nicht nur mit einem Glas zurück. Er hatte auch Tücher angefeuchtet, die er auf Karas heiße Stirn legte, denn ihr Gesicht war rot geworden, als würde sie unter einem schweren Fieber leiden.
»Hast du Fieber?« fragte er, als er sie anhob und das Wasserglas wie bei einem kleinen Kind an ihre Unterlippe setzte.
Noch bevor sie schluckte, gab Kara die Antwort. »Ich… ich weiß es nicht. Mir ist so heiß, verstehst du? So furchtbar heiß. Es kommt in Wellen. Ich kann nichts dagegen tun, die andere Kraft …«
»Bitte trink jetzt!«
Kara nahm das Wasser in kleinen Schlucken zu sich und leerte das Glas bis auf den Grund. Dann legte sie sich zurück. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. »Das… hat gutgetan.«
»Das freut mich. Kann ich dir sonst noch helfen?«
»Ja«, hauchte sie. »Du kannst mir helfen. Ich möchte noch etwas bei mir haben. Bring mir bitte mein Schwert!«
»Wirklich das Schwert?«
»Bitte.«
Myxin hatte sich schon halb erhoben, als er fragte: »Weshalb willst du es haben?«
»Es ist ein Drang in mir. Ich brauche es eben, verstehst du?«
»Möchtest du es haben, weil du es willst?«
»Ja!«
»Wer hat es dir gesagt?«
»Niemand, so glaub mir doch.«
Myxin war skeptisch. Kara befand sich unter dem Einfluß eines anderen. Sie war nicht mehr sie selbst. Wahrscheinlich hatte ihr dieser andere auch den Befehl erteilt, das Schwert zu sich zu nehmen. Wenn ja, aus welch einem Grunde war das geschehen?
»Ich brauche es so.«
Myxin nickte. »Es ist schon gut, Kind. Ich werde es dir geben.« Er ging zur Tür und hob die Waffe auf.
Dabei kontrollierte er sie, doch er fand keinerlei Veränderungen an ihr.
Das Schwert mit der goldenen Klinge sah so normal aus wie immer. Wenn es tatsächlich verändert worden war, dann auf keinen Fall von außen. Myxin wußte auch, daß dies keine normale Waffe war. Delios, der Atlanter und Karas Vater, hatte in seiner Welt zu den Weißen Magiern gehört, der stets darauf bedacht war, den Schrecken und das Böse radikal zu bekämpfen.
Dieses geistige Erbe hatte er unter anderem auf seinem Sterbebett an die Tochter weitergegeben.
Kara schaute ihm entgegen, als Myxin mit dem Schwert zu ihr kam. »Danke«, flüsterte sie matt.
»Wo soll ich es hinlegen?«
»Bitte auf mich!«
Myxin bekam große Augen. »Meinst du wirklich…?«
»Ja, lege es auf mich, mit der Spitze nach unten. Tu mir den Gefallen, ich möchte es so.«
Myxin ahnte, daß mehr dahintersteckte, er fragte aber nicht weiter, sondern tat, was ihm geheißen worden war.
Kara beobachtete ihn dabei genau. Da sie nichts Gegenteiliges erwähnte, ging Myxin davon aus, richtig gehandelt zu haben. Er sah, wie Kara die Arme anhob, sie dann zum Körper hinführte, die Hände nicht verschränkte, aber so fallen ließ, daß beide auf dem Schwertgriff zu liegen kamen.
»Und?« fragte der Magier.
»So ist es gut«, flüsterte Kara. »Ja, das ist einfach wunderbar.«
Myxin wunderte sich. »Fühlst du dich jetzt besser?«
Die Schöne aus dem Totenreich zögerte mit der Antwort. »Etwas hat sich verändert, verstehst du? Ich… ich fühle mich nicht mehr so kraftlos wie sonst, ich bin zwar noch nicht voll und ganz auf der Höhe, aber es hat sich verändert.«
»Wozu verändert?«
»Die Kraftlosigkeit ist verschwunden. Jetzt bin ich auf einmal müde, sehr müde.« Es war auch zu hören, denn ihre Stimme hatte zum Schluß immer matter geklungen.
»Willst du schlafen?«
»Ja, Myxin.«
»Werden dann die Träume zurückkehren?«
Kara hielt die Augen schon halb geschlossen, als sie antwortete.
»Es kann sein, daß sie kommen. Es kann sein…«
Dann schloß sie die Augen, und ihr Gesicht entspannte sich.
Nicht aber bei Myxin, denn er fragte sich, was seine Partnerin nun wieder durchmachen mußte…
***
Der erste Blick in die Tempelhalle hatte mir ausgereicht, um
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