0539 - Der Alptraum-Schädel
mich eine Überraschung, als ich sah, wie die Arbeiter durchstießen. Das können Sie mir glauben.«
»Wie alt ist das Haus denn?« fragte Suko.
Pablo Grenada hob die Schultern. »Ein genaues Datum kann ich Ihnen nicht geben, aber meine Mutter ist hier schon aufgewachsen. Vielleicht wurde es zu Beginn des Jahrhunderts erbaut. Es ist mittlerweile renoviert worden. Zuletzt habe ich den Küchenanbau geschaffen, unter dem der Friedhof liegt.«
Ich kam noch einmal auf die Gesichter zu sprechen. »Jetzt sind sie nicht zu sehen?«
»Nein.«
»Wann sind sie zum letztenmal erschienen?«
»Das war vorgestern Abend. Da war der gesamte Küchenboden voll.«
»Sonst nirgendwo im Haus?«
Er schüttelte den Kopf. »Bisher nicht.«
»Wie kommt Ihre Familie damit klar?«
Er lachte auf. »Es ist schlimm. Sie alle haben Angst. Hören Sie, es hat sich herumgesprochen. Die Gäste sind zwar nicht ausgeblieben, aber sie kommen nicht mehr so in Scharen wie sonst. Die Bewohner bleiben zu Hause. Wenn sie hier sitzen, schauen sie sich so furchtsam um, als würde hinter ihnen ein Mörder stehen. Was ich irgendwo auch begreifen kann. Meine Familie schläft, wir öffnen erst gegen Abend.«
»Wo wir dann damit rechnen können, daß sich die Gesichter tatsächlich zeigen?«
»Ja, meist in der Nacht.«
Ich leerte mein Glas. »Können wir die Küche mal besichtigen, Señor Grenada?«
»Selbstverständlich, kommen Sie.« Er stand auf.
Wir folgten ihm aus dem Gastraum. Der Weg führte durch einen Flur. Im Vorbeigehen sah ich auch eine nach oben führende Treppe aus Stein. Zur Küche ging es links ab.
So richtig traute der Bodegero dem Frieden nicht. Als er die Tür öffnete, war er sehr vorsichtig und stets darauf gefaßt, irgend etwas zu entdecken.
Nachdem er einen Blick in die Küche geworfen hatte, nickte er.
Erleichterung zeichnete sich auf seinen Zügen ab. »Von den Gesichtern ist nichts zu sehen«, meldete er.
Wir schauten uns um.
Der Raum war für eine Küche ziemlich groß. Wer hier kochte, konnte sich auch bewegen. Die beiden Herde sah ich, auch das Regal mit dem Geschirr, den glatten, neuen Betonboden, der jedoch an einer Stelle, und zwar links neben dem Fenster, aufgehackt worden war. Um das Loch abzudecken, hatte man Bohlenbretter darüber gelegt.
»Da ist es«, sagte Pablo.
»Aber die Gesichter erschienen überall auf dem Boden?«
»So ist es.«
Suko war schon vorgegangen und blieb neben den Brettern stehen. »Faßt du mal mit an?« fragte er.
»Klar.«
Grenada rang die Hände. »Sie wollen wirklich da unten hinein…«
»Wir wollen erst einmal schauen, wie es aussieht«, beruhigte ich ihn und begann, zusammen mit Suko, die Bretter von dem Fußbodenloch wegzuräumen.
Die Öffnung war quadratisch gestemmt worden und auch ziemlich groß, so daß wir bequem hindurchpaßten. Ich hatte meine kleine Lampe hervorgeholt und leuchtete in die Tiefe.
Unter uns lag ein feuchter Keller aus dicken Steinen gefertigt, über deren Außenseiten längst die Nässe gekrochen war. Im Schein der Lampe schimmerten die Steine an einigen Stellen reflexartig auf.
Algen und Moose hatten sich in der herrschenden Feuchtigkeit bilden können und über das meiste Gestein eine Schicht gelegt.
Wir hatten zusätzliche Bretter weggeräumt und konnten um die Öffnung herumgehen.
Zu sehen gab es für uns nichts, nur eben diesen leeren Keller. Ich wandte mich an Grenada. »Der Einstieg ist, so nehme ich an, auf dem Kellerboden zu finden.«
Er nickte heftig und stellte sich zwischen uns. »Ja, ein Quader läßt sich bewegen.«
»Welcher?«
Er deutete direkt in die Tiefe. »Genau der in der Mitte.«
»Gibt es dort einen Hebel oder…?«
»Nein, Sie müssen auf eine bestimmte Stelle drücken, glaube ich.«
Er hob die Schultern. »Das habe ich alles vorher nicht gewußt«, flüsterte er.
»Ja, schon gut.«
»Wenn ich nur wüßte, wer den Keller oder den Schacht angelegt hatte. Die Gesichter reden nicht, sie sind einfach da, starren und zeigen sich gequält oder schmerzverzerrt.«
Suko sagte: »Ich springe mal hinunter.« Er stützte sich am Rand ab und sprang in den Keller. Dort schaltete auch er seine Lampe ein, während ich den Strahl meiner Leuchte ebenfalls in die Tiefe schießen ließ. Suko fragte nach der Platte.
»Da müssen Sie klopfen.«
»Gut.«
Sehr schnell hatte er den Stein gefunden. Sogar wir hörten das hohl klingende Geräusch.
Als Suko etwas mehr Druck gab, bewegte sich der Stein auch und kippte nach innen. Es sah so
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