054 - Das Geheimnis der Mumie
sprach Gamal Kassim weiter. »Im alten Ägypten gab es Tausende von Priestern. Wir glaubten, dass Nefer-Amun einer unter vielen war. Doch plötzlich – es war im September – tauchten Grabbeigaben auf. Auf dem schwarzen Markt natürlich. Es gelang uns, einige dieser Gegenstände zu erwerben, doch von den Grabräubern fehlt jede Spur. Die Gegenstände stammten alle aus dem Grab des Nefer-Amun. Außerdem fanden wir einen Papyrus, der recht interessante Hinweise enthielt, die uns dazu brachten, dass wir uns auf die Suche nach Nefer-Amuns Grab machten.«
»Was stand in diesem Papyrus?«
»Nefer-Amun würde sich rächen, stand darin. Er würde den Pharao Echnaton töten, der die alten Götter zu stürzen versuchte. Und er würde zum Leben erwachen.«
»Das ist aber nicht viel, was Sie da an Hinweisen haben.«
»Dieser Papyrus ist nur einer von vielen«, fuhr Kassim fort. »Wir sind sicher, wenn wir Nefer-Amuns Grab finden, weitere Aufzeichnungen zu entdecken, die uns helfen werden, uns ein besseres Bild über die Zeit Echnatons zu machen.«
»Und wo soll sich sein Grab befinden?«
»Hier in der Gegend«, schaltete sich Susan Baxter ein.
»Aus anderen Aufzeichnungen geht hervor, dass sich sein Grab in der Nähe der Tempel von Deir-el-Bahari befinden soll. Es soll gut abgesichert und angeblich nicht zu entdecken sein. Aber die Grabbeigaben beweisen, dass es irgendjemand gelungen sein muss, Nefer-Amuns Grab aufzustöbern.«
»Wenn Sie die Grabräuber aufspüren könnten, dann …«
»Das versucht die Polizei«, sagte Gamal Kassim. »Sollte es ihr tatsächlich gelingen, die Grabräuber zu erwischen, wäre alles natürlich recht einfach.«
Gamal Kassim stand auf. Susan Baxter folgte seinem Beispiel.
»Wir unterhalten uns morgen weiter«, sagte Susan Baxter. »Jetzt haben wir noch einige Dinge zu erledigen. Richten Sie sich in der Zwischenzeit häuslich ein! In einer Stunde gibt es Abendessen.«
Coco sah den beiden nach. Sie hatten ihr einiges verschwiegen. Coco war sicher, dass Kassim und Baxter wesentlich mehr wussten, es aber wahrscheinlich nicht freiwillig sagen würden. Doch Coco konnte noch immer ihre hypnotischen Fähigkeiten einsetzen.
Sie stand auf, hängte ihre Kleider in einen Schrank, schlüpfte in eine bequeme Hose und eine einfache Bluse, zog flache Schuhe an und legte einen Pullover bereit; so heiß es tagsüber war, so kalt wurde es in der Nacht.
Coco trat vor die Hütte. Die Fellachen hatten mit den Ausgrabungsarbeiten aufgehört. Sie hockten vor einem hoch lodernden Feuer und schwatzten miteinander. Einige starrten neugierig zu ihr herüber, doch Coco achtete nicht auf sie.
Sie blickte zum Nil, auf dem einige Boote zu sehen waren. Die dreieckigen Segel der Feluken schimmerten orange im schwindenden Tageslicht. Die Sonne sank rasch. Noch einmal wurden die Hügel mit einem roten Schein überschüttet. Der Himmel war dunkelblau, fast schwarz. Unzählige funkelnde Sterne waren bereits zu sehen.
Für einige Augenblicke genoss Coco die friedliche Stimmung. Sie hob den Kopf, als ein Fellache auf sie zukam und vor ihr stehen blieb.
»Das Essen ist fertig, Madame«, sagte er.
Coco folgte ihm. Er führte sie zu einer kleinen Hütte. Um einen kreisrunden Tisch saßen Gamal Kassim und Susan Baxter.
Während des Essens wurde nur Unverbindliches gesprochen. Das Essen wurde von einer jungen Ägypterin serviert. Nach dem Essen brachte das Mädchen Kännchen mit pechschwarzem Kaffee, der in der Art des türkischen Mokka zubereitet war.
Kassim trank einen Schluck und lächelte zufrieden.
»Der Kaffee ist genau so, wie ich ihn mag«, sagte er. »Schwarz wie die Nacht, heiß wie die Hölle, süß wie die Liebe.«
Coco kostete den Kaffee. Für ihren Geschmack war er zu süß.
Gamal Kassim trank seine Tasse leer und stand auf. »Ich habe noch zu arbeiten. Entschuldigen Sie mich!«
Er deutete eine Verbeugung an und verließ die Hütte.
»Was machen Sie, Miss Baxter?«, fragte Coco.
Die junge Frau hob die Schultern.
»Ich habe eine Verabredung«, sagte sie ausweichend. »Ich kann Ihnen heute nicht Gesellschaft leisten. Wann ich zurückkomme, weiß ich nicht.«
Coco nickte. »Ist es hier nicht ziemlich einsam?«
»Wir haben unsere Arbeit«, meinte Susan Baxter. »Und wenn ich Lust auf Unterhaltung habe, fahre ich nach Luxor.«
»Wie sind Sie Archäologin geworden?«
Susan lehnte sich bequem zurück und schloss die Augen. Dann lächelte sie. »Als ich noch zur Schule ging – ich war zehn Jahre alt –,
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