054 - Gucumatz der Allmächtige
freudige Überraschung. »Na so was! Was tun Sie denn hier?«
»Ich bin schon beinahe eine Viertelstunde hier«, antwortete Daphne, die über die Verblüffung in seinem Gesicht lachen mußte. »Sie haben mich ja gestern schön sitzen lassen. War Mr. Crewe schon bei Ihnen?«
»Crewe?« fragte er verwundert. »Was sollte denn Crewe bei mir wollen?«
Sie erzählte ihm von Crewes mitternächtlichem Besuch.
»Was,« rief er. »Ausgeschlossen, daß der Einbrecher... Haben Sie ihm gesagt, wo ich wohne?« fragte er.
»Das wußte ich gar nicht. Ich konnte ihm nur sagen, daß Ihr Name im Telefonbuch steht. Ich dachte, er hätte Sie aufgesucht, um sich die kleine Börse zu holen.«
»Um sich die kleine Börse zu holen?« wiederholte er verdattert. »Äh - nein, er war nicht hier. Zumindest glaube ich es nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er es war.« »Haben Sie die Börse der Polizei gegeben?«
Peter überlegte hastig. »Ich wollte sie heute morgen abgeben«, schwindelte er. »Ehrlich gesagt, der Abend gestern war ziemlich hektisch. Darum bin ich heute morgen auch ein bißchen spät dran.«
Er sah auf seine Uhr. Es war Viertel vor zehn. Um zehn war er mit Gregory Beale verabredet. Er machte eine entsprechende Bemerkung und war wie vom Donner gerührt, als sie darauf vergnügt sagte: »Gut, da können wir zusammen gehen. Ich habe auch einen Termin mit Mr. Beale. Ich bin seine neue Sekretärin, um genau zu sein. Ich bezweifle allerdings, daß er mich so bald schon braucht. «
Er setzte sich rasch und starrte sie an.
»Ist das die neue Stellung, von der Sie mir erzählten?« Sie nickte.
»Na, dann kann ich nur gratulieren. Ein Bekannter von mir hat vor ein paar Jahren für ihn gearbeitet und mir erzählt, daß er fürstliche Honorare zahlt und außerdem ein höchst sympathischer Mensch ist. Sie sind aber schnell von Crewe weg. « Sie zögerte kurz. »Ja. Er empfahl mir, lieber gleich zu gehen. Mir war das nur recht. Da hatte ich allerdings Mr. Beale schon geschrieben, daß ich erst in einer Woche anfangen könne. Darum vermute ich, daß ich jetzt eine Woche Urlaub habe. Wissen Sie Näheres über ihn?«
»Er ist Spezialist für gefiederte Schlangen«, erklärte Peter ernsthaft. Und als er ihre Verwunderung sah, fügte er hinzu: »Wenigstens sagt mein Nachrichtenredakteur das, und der weiß alles.«
Es war ein schöner, frischer Morgen, ideal für einen Spaziergang durch den Park, aber die Zeit war knapp, deshalb leistete sich Peter ein Taxi. Auf der Fahrt gestand er ihr, daß er nicht die geringste Absicht hatte, den Schlüssel herauszugeben. Von dem Zettel mit dem Code, den er in der Börse gefunden hatte, sagte er allerdings nichts. Er hatte nun einmal ein Faible für kleine Geheimnisse.
Es schlug gerade zehn, als sie vor Gregory Beales stattlicher Villa aus dem Taxi stiegen. Der gravitätische Butler ließ sie ein und führte sie in den kleinen Salon.
Beale gab seiner neuen Sekretärin den Vorrang und empfing Daphne in der Bibliothek, wo er anscheinend soeben gefrühstückt hatte. Auf einem Beistelltisch standen noch ein silbernes Tablett und eine zur Hälfte geleerte Tasse Kaffee. Er begrüßte sie herzlich.
»Können Sie etwa doch gleich bei mir anfangen?« fragte er, ein humorvolles Blitzen in den blauen Augen. »Hervorragend!« rief er, als Daphne bejahte. »Ich habe mir den ganzen Morgen schon überlegt, was ich mit meinen Sammlungen hier anfangen soll. Sie müssen ausgepackt und katalogisiert werden, und ich bin für so eine Arbeit viel zu ungeduldig. Nach dem, was ich heute morgen in den Zeitungen gelesen habe, drängt es mich sehr, die Bekanntschaft mit meinen gefiederten Schlangen zu erneuern. «
»Gefiederte Schlangen?« fragte Daphne. »Was ist denn das?« Er lachte. »Sie brauchen jedenfalls keine Angst vor ihnen zu haben. Ich bin kein Zoologe. Meine Sammlungen bestehen größtenteils aus Geräten und Statuetten, die aus den Ruinenstädten der Mayas stammen, und meine gefiederten Schlangen sind kleine Tonfiguren, die für das Auge des Laien nicht die geringste Ähnlichkeit mit Schlangen oder mit Gefieder haben.« Er sah an ihr vorbei zur Tür. »Der junge Mann, der mit Ihnen gekommen ist, ist Reporter, nicht wahr? Ich glaube, da habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.«
Er läutete, und als der Butler kam, sagte er: »Bitten Sie den Herrn herein. «
Als Peter ins Zimmer trat, kramte Beale gerade in einer Schublade seines Schreibtischs. Gleich darauf hatte er gefunden, was er
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