054 - Gucumatz der Allmächtige
am Steuer. Ich ging hin und sagte: ›Bist du nicht Bill Lane, der mit mir in Dartmoor im Trakt D war?‹ ›Ja‹, sagte er. Hat nicht geleugnet, daß er tot ist und nichts. So was Mysteriöses hab ich noch nie erlebt, sag ich Ihnen. ›Ich muß mich wundern, Bill‹, sag ich, ›daß du dich nach dem, was diese Straßensau mit uns gemacht hat, in ein Automobil setzt.‹ Ja, Straßensau hab ich den Kerl genannt«, fügte er so stolz hinzu, als habe er ein höchst originelles neues Wort geprägt.
Er schwankte ein wenig, während er sprach, und Ella sagte: »Sie sind ja betrunken.«
Hugg schüttelte protestierend den Kopf. »Ich hab zwei Gläschen auf leeren Magen gekippt«, erklärte er. »Nicht betrunken, nur ein bißchen angesäuselt. Und als ich Bill gesehen hab, war ich stocknüchtern.«
»Waren Sie bei der Polizei?« fragte Paula schnell.
Hugg lächelte verächtlich. »Meinen Sie, ich häng einen hin, der sich vielleicht nicht gemeldet hat? Obwohl ich nicht weiß, ob ein Geist sich überhaupt melden muß. «
Ella wußte, daß er von der Pflicht ehemaliger Strafgefangener sprach, sich, wenn sie auf Bewährung frei waren, bei der nächsten Polizeidienststelle zu melden.
»Ich hab ihn gefragt, was er vorhätte«, fuhr der angesäuselte Hugg ernsthaft fort, »und er sagte, er wolle sich einen Mann schnappen, der ihn mal übel reingelegt hätte - er hieß Mensch, wie hieß er denn gleich? Er hat oft im Schlaf von ihm geredet, und von Mr. Crewe... Bill oder Beale oder so ähnlich - jedenfalls einer, der ihm mit 'ner Viper oder 'ner Schlange was angetan hat.«
»Sprechen Sie von der gefiederten Schlange?« fragte Paula. »Genau. « Er nickte feierlich. »Das ist der Mann - Beale. Hat'n Haufen Geld. Und dann hab ich ihn gefragt, ob er den Knastharry gesehen hat. Wissen Sie, meine Dame, ich hab den nach dem Unfall nie wiedergesehen... Ich war im Krankenhaus... «
Er brabbelte zusammenhangloses Zeug vor sich hin, bis Ella ihn zum Schweigen brachte.
»Am besten kommen Sie morgen wieder, dann können Sie mit Mr. Crewe sprechen«, sagte sie. »Wo wohnen Sie überhaupt?«
Er gab ihr die Adresse einer billigen Unterkunft, und sie schrieb sie auf. Danach brachte Paula ihn hinaus.
»Ich verstehe das nicht«, sagte sie stirnrunzelnd, als sie in die Bibliothek zurückkam.
Ella lachte. »Wenn du nicht verstehst, was für eine Wirkung Alkohol auf einen Wermutbruder hat, wirst du nie was verstehen«, sagte sie bissig. »Er ist besoffen und wollte mit einer neuen Geschichte noch ein bißchen Geld aus Billy rauspressen. Billy hat dir doch den Totenschein gezeigt, nicht? Na also, was verstehst du dann nicht?«
Paula wußte aus Erfahrung, daß es keinen Sinn hatte, mit Ella zu diskutieren, wenn sie in dieser Stimmung war.
»Lieber Gott!« rief Ella mit einem Blick in den Spiegel. »Ich werde morgen wie ein altes Weib aussehen, und dabei hab ich eine Matinee. Wie lange sollen wir denn noch warten?« Paula versuchte gar nicht, diese Frage zu beantworten.
»Ich frage mich, warum wir überhaupt hier sind«, versetzte sie und fügte dann weicher hinzu: »Der arme Joe!«
»Er hat sich's selber zuzuschreiben«, erklärte Ella. »Was wollte er denn unbedingt dieser gefiederten Schlange auf die Spur kommen? Ich wette, am Ende wird sich rausstellen, daß Joe der einzige war, auf den sie's abgesehen hatten. Joe hat doch mehr krumme Dinger gedreht als sonst jemand, und er hat Hunderte von Feinden. Es ist bestimmt jemand, den er damals, als er noch seine Hehlerei machte, verpfiffen hat.« »Du bist eine merkwürdige Person. « Paula musterte sie beinahe sachlich. »Gerade du müßtest doch heute abend völlig fertig sein. «
»Ach, wirklich?« rief Ella wütend. »Ich hab seit Jahren versucht, Joe loszuwerden. Ist dir klar, was ich für Chancen gehabt habe, Paula? Vor drei Jahren hätte ich einen Mann mit einer Viertelmillion heiraten können. «
»Du hättest dich ja von Joe scheiden lassen können«, sagte Paula.
»Scheiden!« höhnte Ella. »Glaubst du vielleicht, ich wollte es auch noch an die große Glocke hängen, daß ich mit einem Ganoven verheiratet war? Joe hat zweimal gesessen, das ist allgemein bekannt.«
Das Gespräch versiegte. Paula kuschelte sich wieder in die Sofaecke, aber sie schlief nicht, auch wenn sie die Augen geschlossen hatte. Und sie hörte als erste das Knirschen des Schlüssels draußen in der Haustür.
»Das ist Billy«, sagte sie und ging hinaus.
Leicester Crewe bot ein bemerkenswertes Bild. Seine
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