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054 - Gucumatz der Allmächtige

054 - Gucumatz der Allmächtige

Titel: 054 - Gucumatz der Allmächtige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sie sich vom Fluß und brausten durch die City. Verschwommen nahm sie den massigen grauen Bau des Towers wahr, ehe der Wagen sich durch ein Gewirr kleiner Straßen zu einer breiten Ausfallstraße schlängelte. Im Vorüberfahren erkannte sie das Londoner Krankenhaus und sagte endlich: »Warum tun Sie das?« Ihre Stimme zitterte, obwohl sie sich bemühte, ruhig zu sprechen.
    »Keine Fragen. Das erfahren Sie noch früh genug.«
    Danach schwieg sie wieder. Die Besiedelung wurde lichter. Sie kamen in eine Gegend freier Felder und Fabriken; eine war dem unangenehmen Geruch nach eine Seifenfabrik. Dann waren sie auf dem Land. Die Straße wurde schmal. Sie fuhren unter hohen Bäumen hindurch, und im Licht der Scheinwerfer war zu erkennen, daß dichtes Unterholz bis an den Straßenrand reichte. Epping Forest, dachte sie.
    Der Wagen verlangsamte die Fahrt, bog nach rechts ab, folgte einer glatten, aber schmalen, gewundenen Straße. Sie erwartete, daß sie nach einer Weile zu einer Hauptstraße gelangen würden, doch die kleine Straße schlängelte sich immer weiter, führte um ein Dorf herum, und Daphne sah durch das Fenster eine Gruppe hoher Stahlmasten... Eine Rundfunkstation.
    Knapp einen halben Kilometer weiter bog der Wagen wieder ab, auf einen ungeteerten Fahrweg diesmal. Es war jetzt so dunkel, daß sie nichts mehr unterscheiden konnte. Dann hielt das Auto an, der Mann öffnete die Tür, stieg aus, reichte ihr die Hand, um ihr hinauszuhelfen.
    Sie befanden sich vor einem kleinen Betonhaus, dessen Tür augenblicklich von einer Frau geöffnet wurde. Sie nahm Daphne beim Arm und führte sie durch einen kurzen Flur. »Rein da, und verhalten Sie sich ruhig«, sagte sie mit rauher Stimme. Ihr Atem roch nach Alkohol.
    Daphne wurde in Dunkelheit gestoßen, eine Tür schlug zu. Doch gleich darauf flammten an der Decke zwei Lampen auf, die offenbar durch Schalter im Korridor betätigt wurden. Der Raum, in dem sie sich befand, war klein, eine Betonzelle, in der ein Eisenbett, ein Tisch und ein Stuhl standen. Auf einem Bord lagen Kamm und Bürste und ein kleines Buch. Unter dem Tisch befand sich ein Stück abgetretener Teppich. Eine türlose Öffnung führte in ein Badezimmer, klein, aber komplett ausgestattet.
    Als sie völlig durcheinander ins »Wohnzimmer« zurückkam, griff sie automatisch nach dem Buch auf dem Bord. Die Bibel! Ein nagelneues Exemplar. Überhaupt alles war neu, Bett und Tisch, selbst das Häuschen stand noch nicht lange. An den Wänden haftete noch jener besondere Geruch, der neuen Bauten eigen ist. Sie versuchte, die Tür zu öffnen, die mit einem quadratischen Spion versehen war, aber sie war abgesperrt.
    Daphne setzte sich auf das Bett und bemühte sich, Klarheit in ihre Gedanken zu bringen. Sie zitterte von Kopf bis Fuß, ihre Zähne schlugen aufeinander, obwohl der kleine Raum behaglich warm war. Sie war wie betäubt von dieser unerwarteten Ungeheuerlichkeit; tausend Ängste überfielen sie, und immer fand sie unerklärlicherweise seelische Zuflucht bei dem Gedanken an Peter Dewin. Was er tun konnte, wie er ihr helfen sollte, warum sie ihren Glauben in ihn setzte, wußte sie nicht. Was würde ihr geschehen? Was war das Ziel dieses sinnlosen Überfalls?
    Die ganze Fahrt hatte eine einzige Angst sie gequält - daß Leicester Crewe der Anstifter war. Aber bis jetzt hatte sie nicht gewagt, die Möglichkeit näher in Augenschein zu nehmen. War das die Erklärung? Hatte man sie ins Theater eingeladen, um diesem Menschen die Gelegenheit zu verschaffen, die er zu bekommen wünschte? Nein, sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, daß er jedes Risiko scheute. Er war zu Schurkereien fähig, aber zu kleinen, gemeinen Schurkereien - dies war eine auf großer Basis.
    Sie sah auf ihre Uhr. Viertel vor eins. Sie hörte das Knirschen des Schlüssels; die Tür öffnete sich langsam. Draußen im Korridor stand jemand - eine Gestalt des Schreckens, vom Kinn bis zur Zehenspitze in einen schwarzen Umhang gehüllt, das Gesicht unter einem schwarzen Sack verborgen.
    Wo der Ausschnitt für die Augen war, hatte man schwarzen Tüll eingesetzt, so daß der Unbekannte sehen konnte, ohne selbst erkannt zu werden.
    Lange stand er so und sah sie an, dann trat er plötzlich zurück und schloß die Tür. Sie hörte das Schloß einschnappen, das war alles. Wieder verstrichen zehn Minuten, dann wurde die Tür von neuem geöffnet. Sie wappnete sich für den Anblick des Schwarzen, doch diesmal stand ein anderer, dickerer Mann da, dessen

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