0543 - Die Fliegen-Königin
Tanzenden nach John Travoltas Disco-Musik. Es war die Zeit des Saturday Night Fever , denn ein Film mit Travolta hatte damals ungemein Furore gemacht.
Noch lange vor Dirty Dancing.
Von der Decke sprühten die Lichtbahnen. Mal senkrecht, mal angewinkelt ergossen sie ihre langen Lanzen über die Köpfe und Körper der tanzenden Gäste.
Kellner kamen nicht durch. Wer etwas trinken wollte, mußte in den Nebenraum gehen, wo sich eine Bar befand. Dort konnte man seine Getränke kaufen.
Elvira hatte Durst. Tanzen wollte sie später. Sie brauchte erst einen Schluck.
Es war nicht leicht für sie, sich durch das Gedränge zu schieben.
Fast jeder sprach sie an, man kannte sich eben. Viele wollten auch mit ihr tanzen, doch sie lehnte ab.
»Später denn?«
»Klar. Ich muß nur eben etwas trinken.«
Hinter der Bar schwitzten drei junge Männer um die Wette. Sie hatten alle Hände voll zu tun, um den Wünschen der Gäste nachzukommen. Was da an Bier und anderen Getränken wegging, war schon stark.
Einer der Zapfer war Peter, Elviras Freund aus Kindertagen. »Ho, sieht man dich auch wieder?«
»Ja.«
»Was möchtest du?«
»Gib mir was gegen den Durst.«
»Bier?«
»Nein, einen großen Saft.«
»Kannst du haben.«
Sie bekam das Glas, wollte zahlen, da schüttelte Peter den Kopf.
»Geht auf meine Rechnung.«
»Danke.«
»Bis später vielleicht, Elvira. Wir müssen auch mal wieder zusammen ausgehen.«
»Machen wir, tschau.« Es waren die üblichen Floskeln, die man so dahinsagte.
Elvira ließ sich treiben. Sie hatte ja Zeit, trank, ging weiter, trank wieder und wollte dann tanzen. Einen Tänzer bekam sie sofort. Sie konnte sogar unter mehreren jungen Männern wählen. Um keinen von ihnen zu beleidigen, wechselte sie die Partner nach jedem Tanz.
So konnte sich niemand beschweren. Die Zeit verging wie im Flug.
Als Elvira irgendwann auf die Uhr schaute, stellte sie fest, daß es schon Mitternacht war. Eine Zeit, zu der sie meist müde wurde. Sie wohnte am Hang, hinter dem die gewaltigen Berge hochwuchsen.
Den Weg jetzt hochzulaufen, bedeutete eine ziemliche Anstrengung.
Meist ging sie nicht allein. Sie ließ sich häufig bringen und machte sich dann mit einer Freundin auf den Rückweg.
In dieser Nacht war keine da.
In einer Tanzpause verließ Elvira die Disco. Die klare Luft tat gut.
Tief pumpte sie die Lungen voll. Die Berge standen wie gemalte Schatten in der blauen Finsternis. Das Licht der Disco-Beleuchtung fiel auf die zahlreichen abgestellten Mopeds und Motorräder. Auch andere Gäste standen vor dem Lokal. Vom Parkplatz weiter rechts lösten sich laufend die Fahrzeuge.
Jemand trat von hinten an Elvira heran und legte ihr einen Arm auf die Schulter. »Du suchst bestimmt jemand, der dich mit nach Hause nimmt – oder?«
Sie drehte den Kopf. Marco, ein zwei Jahre älterer Bursche aus dem gleichen Dorf grinste sie an. Er fuhr voll auf Travolta ab und hatte sich seine Haare nicht nur so schneiden, sondern auch so tiefschwarz färben lassen.
»Da könntest du recht haben.«
»Ich nehme dich mit.«
Elvira runzelte die Stirn. »Was hast du denn getrunken?«
»Nicht viel.«
Sie schaute in seine Augen und sah auch das Grinsen auf seinem Gesicht. Elvira glaubte ihm nicht so recht, aber betrunken war er auch nicht. Zudem kannte sie Schleichwege, und die Polizei kontrollierte auch nicht immer. »Bist du denn mit dem Auto?«
»Ja, mit dem von meinem Vater.«
»Okay, dann kannst du mich mitnehmen.«
»Toll.«
Die beiden zogen ab, verfolgt von neidischen Blicken. Der Opel Rekord stand auf dem Parkplatz an der Disco. Es war ein weißer Wagen, erst wenige Jahre alt.
»Und den hat dein Vater dir überlassen?« erkundigte sich Elvira noch einmal.
»Klar.« Marco schloß auf. Er entriegelte auch die Beifahrertür. Elvira schwang sich in das Fahrzeug. So ganz geheuer war ihr nicht zumute. Sie kannte Marco zwar, konnte aber nicht behaupten, daß sie ihn sonderlich mochte. Er gab ihr zuviel an, zog immer die große Schau ab und hielt sich für absolut top. Er gehörte zu den jungen Leuten, die stets sich selbst und anderen immer etwas beweisen wollten.
Wie auch jetzt, als er startete. Das war der berühmte Kavaliersstart, den er hinlegte.
Unter den Reifen spritzen kleinere Steine weg, und Elvira wurde, wie auch der Fahrer, hart in den Sitz gepreßt.
»Toll, nicht?«
»Paß lieber auf!«
»Klar doch.« Hinter dem Parkplatz wurde es eng. Marco gab trotzdem weiter Gas. Bei seiner Ankunft in der Disco hätte er
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