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0545 - Der Schlangen-Altar

0545 - Der Schlangen-Altar

Titel: 0545 - Der Schlangen-Altar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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naehdenken, wie man beim Zustandekommen der tödlichen Begegnung nachhelfen konnte.
    Er nahm an, daß dann nur einer der beiden Gegner den Ort der Auseinandersetzung lebend wieder verlassen würde. Wer das war, war Panshurab gleich. Vielleicht war es sogar besser, wenn Zamorra der Überlebende war. Ihn und seine Reaktionen konnte der Inder besser durchschauen. Odinsson war für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Er konnte diesen Mann nicht richtig einschätzen, der plötzlich aus dem Nichts auftauchte und der über beachtliche Macht verfügte.
    Gegner, die man nicht durchschauen konnte, waren gefährlich.
    Mochten die beiden sich aneinander aufreiben. Der lachende Dritte würde Ssacah sein.
    Panshurab ahnte nicht, daß Odinsson alias Gerret ähnliche Gedanken hegte, nur eben mit anderen Vorzeichen.
    Er nutzte die verbleibende Zeit, die Umgebung zu sichern, ein Postamt aufzusuchen und ein Auslandstelegramm aufzusetzen…
    ***
    Château Montagne, Frankreich:
    Die Ruhe in Professor Zamorras Arbeitszimmer wurde nur hin und wieder vom Rascheln des Papiers unterbrochen, wenn der Parapsychologe eine neue Seite der wissenschaftlichen Abhandlung aufschlug, über der er brütete. Mehr als 300 Seiten umfaßte das Werk, das ein Sorbonne-Student als Examensarbeit vorgelegt hatte. Er war damit gescheitert, nur verstand Zamorra nicht, warum seine Kollegen den jungen Burschen hatten durchfallen lassen. Immerhin lieferte er recht brauchbare Ansätze. Doch vielleicht war er den knochentrockenen Herrschaften im Prüfungskomitee zu unkonventionell in seiner Denkweise gewesen.
    Zamorra hatte sich eine Kopie der Examensarbeit ausgeliehen, um mal hineinzuschnuppern. Es ging ihm jedoch nicht darum, sie zu begutachten, damit der Student das für ihn negative Ergebnis vielleicht anfechten konnte. Das war nicht Zamorras Sache; das sollten bestellte Gutachter und Universitätsjuristen unter sich ausmachen. Ihm ging es nur um die Fakten und Spekulationen, die der junge Querdenker niedergéschrieben hatte.
    Vieles erinnerte Zamorra an seine eigenen Gedanken und auch an Erlebnisse, die er selbst hinter sich gebracht hatte. Die meisten seiner Zeitgenossen konnten sich natürlich nicht vorstellen, daß sie mehr als bloße Fantasie waren, sondern zu handfester Wirklichkeit wurden, wenn man zu den Faktoren Psychologie und Parapsychologie auch noch Okkultismus und Magie hinzunahm. Klar, daß das traditionellen Geisteswissenschaftlern wenig gefallen konnte, und darum hatte Professor Bellemont wohl auch so trocken bemerkt, daß diese Arbeit Zamorra sicher eher Zusagen würde als dem Prüfungsausschuß. Und schmunzelnd hatte er gefragt, ob der Verfasser dieser Arbeit Zamorras Vorlesung belegt habe.
    Hatte er aber nicht. Zamorra war der Name des jungen Mannes völlig unbekannt. Examenskandidaten hatte er in seiner Vorlesung auch nicht gehabt. Demnach schien der durchgefallene Querdenker von selbst auf diese Gedanken gekommen zu sein.
    Nach Seite 200 kapitulierte dann aber auch Zamorra und begriff jetzt, warum seine Kollegen diese Arbeit nicht hatten akzeptieren wollen. In seiner Abhandlung über Traumwelten und Weltenträume hatte der Student ein ganzes Kapitel fast wörtlich abgeschrieben.
    Bei ihm, bei Professor Zamorra!
    Eine Quellenangabe hatte er dabei nicht für nötig gehalten, sondern dieses Kapitel als sein geistiges Eigentum ausgegeben.
    Zamorra griff zum Telefon. Er rief Paris an, die Sorbonne.
    Er hatte Glück. Er erwischte Professor Bellemont in seinem Büro an der vielleicht berühmtesten Universität Westeuropas.
    »Sagen Sie, Kollege, haben Sie mir die Arbeit dieses Traumwelten-Traumtänzers deshalb so ans Herz gelegt, weil Sie in seinem Text Passagen aus meinem Büchlein über geträumten Lykanthropismus und andere Gestaltwandler-Phänome wiedererkannt haben?«
    »Passagen, mein lieber Zamorra? Der junge Mann hat nicht nur Passagen bei Ihnen entliehen, sondern beinahe das ganze Buch! Haben Sie etwa bei Seite 200 bereits aufgegeben?«
    »Exakt!«
    »Na ja, den Rest des Textes kennen Sie ja wohl aus Ihrem eigenen Gedankenfluß. Und der Mann ist tatsächlich nie bei Ihnen in einer Vorlesung gewesen? Auch früher nicht?«
    »Nein, Bellemont. Mich wundert nur, wie er an meinen Text gekommen ist. Das Buch ist seinerzeit nur in einer geringen Auflagenhöhe gedruckt worden; kein Verleger wollte sich so recht daran trauen. Nachdrucke gibt’s bis heute nicht, ich besitze selbst nur noch ein einziges verstaubtes Exemplar. In der

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