0545 - Der Schlangen-Altar
Jahrhunderten.
Aber das Machtstreben Ssacahs war stärker denn je zuvor.
Nach all den Rückschlägen, die Mansur Panshurab in den Jahren hatte hinnehmen müssen, war er vorsichtig geworden. Der Ssacah-Kult blieb jetzt im Verborgenen. So konnte er ungehindert wachsen und sich vergrößern. Nur einmal im letzten Jahr hatte Panshurab versucht, ihn nach Australien auszulagern. Es war gleichzeitig eine Gelegenheit gewesen, die Zamorra-Crew zu schwächen. Damals hatte sich Zamorras Freund Robert Tendyke in Sydney aufgehalten. Er war das bevorzugte Angriffsziel von Panshurabs Agentin gewesen. Aber es hatte nicht so funktioniert, wie es eigentlich sollte. Tendyke war unversehrt geblieben, die Ssacah-Dienerin Rani Rajnee tot, und der Kobra-Kult hatte immer noch nicht richtig auf dem fünften Kontinent Fuß fassen können. Allerdings war Zamorra von einem Ssacah-Ableger gebissen worden. Nur war dabei keine neue Messing-Kobra entstanden. Mansur Panshurab hätte das sicher gespürt, auch wenn er sich zu diesem Zeitpunkt in Indien aufgehalten hatte. Er spürte es immer, wenn ein Mensch durch den Biß einer Messing-Kobra zum Ssaeah-Diener wurde und sich dabei ein neuer Ableger bildete. Denn dann wuchs die Kraft des Dämons wieder. [6]
Vielleicht arbeitete der Keim Ssacahs ja noch immer in Zamorra und würde irgendwann zum Ausbruch kommen.
Panshurab hoffte es zumindest.
In London war er Teri Rheken gefolgt, kurz nachdem sie hier aufgetaucht war. Daß sie sich beide zugleich in dieser Stadt aufhielten, war Zufall. Doch Panshurab hatte gelernt, auch Zufälle als ssacahgewollte Gelegenheiten zu betrachten.
Lange vorher schon hatte er bei seinen vorübergehenden Aufenthalten hier in London Ssacah-Ableger in den Tempel gebracht. Damit war jetzt ein Potential geschaffen, das Ssacahs Position enorm stärken würde, wenn der Tag X gekommen war. Nicht nur hier legte Panshurab solche Macht-Basen an, sondern auch an vielen anderen Orten auf der Welt. Anfangs hatte er befürchtet, wieder Ärger mit den mächtigen Dämonen zu bekommen, die seit Jahren darum kämpften, Ssacahs einstigen Machtbereich unter sich aufzuteilen, und sich dabei untereinander zerstritten. Nur wenn es darum ging, Ssacah daran zu hindern, wieder groß zu werden, waren sie sich einig. Einige Male schon hatten sie Panshurab übel auf die Finger geklopft.
Diesmal jedoch kümmerten sie sich seltsamerweise nicht um das, was er hier trieb. Lag es an Stygia, der Fürstin der Finsternis? Hielt sie tatsächlich ihre Hand schützend über ihn?
Er wollte sich darauf lieber nicht verlassen. Sie war ihm sicher nur so lange wohlgesonnen, wie er sich an ihren seinerzeit klar und deutlich ausgesprochenen Befehl hielt, den Einflußbereich des Ssacah-Kultes nicht über die Grenzen Indiens hinaus zu erweitern. Nun, er hatte so lange gewartet, bis er annehmen konnte, daß sie ihn nicht mehr ständig überwachen und beobachten ließ, und hatte es dann mit Australien wieder versucht. Noch hatte Stygia nicht darauf reagiert. Es konnte bedeuten, daß sie ihre Meinung inzwischen geändert hatte. Wahrscheinlicher war es jedoch, daß sie darüber noch gar nicht informiert worden war. So blieb er mißtrauisch. Trotzdem reiste er jetzt wieder öfter durch die Welt und sorgte immer wieder dafür, daß irgendwo Ssacah-Ableger existierten, die auf den großen Tag warteten. Wenn dann ein Eroberungsschlag erfolgte, waren sie zu Dutzenden und zu Hunderten an den entscheidenden Orten, ohne daß vorher jemand etwas von ihrer Existenz ahnte.
So auch in London.
In früheren Zeiten hätte Panshurab sofort versucht, Menschen von den Messing-Kobras beißen und mit dem Ssacah-Keim infizieren zu lassen. Jetzt wartete er. Natürlich, wenn die Zahl der Ssacah-Ableger vergrößert werden sollte, mußten Menschen geopfert werden. Nur so war eine Vermehrung der Messing-Kobras überhaupt möglich. Aber Panshurab holte sich seine Opfer nicht mehr in den Metropolen und Ballungsräumen. In abgelegenen Gebieten Indiens, Afrikas und auch Sibiriens gab es mittlerweile ganze Dörfer von Ssacah-Anhängern. Sie waren Zombies, die künftig dem Kobra-Dämon treue Diener sein würden. Solange ihnen keine Befehle erteilt wurden, solange sie nicht in Ssacahs Sinn aktiv werden mußten, führten diese Untoten ihr unheimliches Leben weiter wie bisher. Niemand würde bemerken, daß sie schon längst nicht mehr sie selbst waren, daß es sich bei ihnen um keine wirklich lebenden Menschen mehr handelte. Ihre Körper würden altern
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