0547 - Der Vampir-Gnom
der Gestalt her war er viel kleiner als Lisa. Dennoch verspürte sie Angst vor ihm.
Es war auch das Wissen, gegen ihn nichts ausrichten zu können.
Er lebte schon rund 200 Jahre. Niemandem war es bisher gelungen, ihn zu stoppen, auch Lisa würde keine Ausnahme machen.
Sie dachte an den Geisterjäger aus London. Ihr Vater hatte es gut gemeint, daß er diesen Mann holte. Ob der allerdings etwas erreichen konnte, stand nicht fest. Außerdem mußte er versuchen, dieses unheimliche Gelände hinter dem Stollen erst einmal zu finden. Sein Vater würde ihm dabei kaum einen Hilfe sein, Lisas Vater ebenfalls nicht.
Auf einmal überkam Lisa das Gefühl, nicht mehr im Freien zu sein. Zunächst dachte sie an eine Täuschung, schaute dann in die Höhe und sah den Himmel nicht mehr.
Zuerst erschrak sie, bis sie weiter nach vorn blickte und einen Gegenstand erkannte, der aus der Erde wuchs.
Zuerst wußte sie nicht, was sie damit anfangen sollte. Die Szenerie zitterte vor ihren Augen. Sie wischte über die Stirn, das Bild klärte sich, und Lisa konnte es nicht fassen.
Sie schaute auf einen Friedhof.
Er lag vor ihr, wie auf eine Leinwand gepinselt. Grabsteine waren zu sehen. Die meisten von ihnen standen schief. Es gelang Lisa nicht sie zu zählen, aber mehr als zehn waren es sicherlich.
Und auch mehr als zehn Personen waren dem Fluch zum Opfer gefallen. Sollten sie hier etwa ihre Grabstätten haben? Hatte der Zwerg die Leichen dort verscharrt?
Allmählich schnürte das Gefühl des Grauens der jungen Frau die Kehle zu. Der Zwerg drehte sich um und kam auf sie zu. Das Ende des Stricks hielt er locker in der rechten Hand. Sein Gesicht wirkte wie in Stein gehauen. Der Mund stand halb offen. Die beiden Vampirzähne schimmerten in einem hellen Weißgrau.
Dicht vor ihr stoppte er seine Schritte und schaute zu ihr hoch.
Zum erstenmal sah sie seine Augen. Von einem menschlichen Blick konnte man bei ihm nicht reden. Diese Augen waren kalt, leblos.
Wie hineingepreßt lagen sie in den Höhlen.
Die gleiche Farbe wies auch das struppige Haar auf. Überhaupt machte die gesamte Gestalt einen grauen Eindruck. Die alte Jacke ebenso wie das einstmals weiße Hemd, das seine kantige Brust straff umspannte.
Er hob die langen Arme an und tastete mit seinen Fingern nach ihrer Kehle.
Lisa versteifte. Sie konnte plötzlich nicht mehr atmen, etwas klemmte die Kehle zu, sie rechnete sogar damit, von ihm erwürgt zu werden. Der Vampir-Zwerg hatte etwas anderes vor. Er schob seine kalten Finger unter die Schlinge und schob sie über den Kopf seines Opfers.
Lisa konnte aufatmen.
Sie ließ sich ihre erste Erleichterung nicht anmerken, denn die Gegend, in der sie sich befand, war einfach zu unheimlich. Außerdem wußte sie nicht, was sie noch alles erwartete.
Der Vampir trat zurück. Den Strick schleuderte er zur Seite, weil er ihn nicht mehr brauchte. Lisa bekam wieder Gelegenheit, sich umzuschauen. In der Tat befand sich über ihr eine Gewölbedecke.
Sie wurde sogar von Säulen gestützt. Was immer hier früher einmal gewesen sein mochte, der Blutsauger jedenfalls hatte ein perfektes Versteck gefunden.
Lisa sah an ihm vorbei. Nicht weit entfernt lagen Felsstücke übereinander. Sie bildeten an der linken Seite ein regelrechtes Bollwerk, das den Friedhof eingrenzte. Möglicherweise war ein Teil dieser Höhle eingestürzt.
Zumbra schaute sein Opfer genau an. Der Blick glitt über die Gestalt des Mädchens und ließ keinen Zentimeter der Haut aus. Von oben nach unten und umgekehrt. Ihr kam es vor, als wollte sie der Blutsauger genau abschätzen.
Ihr wurde kalt. Es lag nicht am Wetter, die innere Kälte stieg in ihr hoch und verursachte das Frösteln. Dann spürte sie noch den Druck in der Kehle, der das Atmen erschwerte. Schweiß rann in kleinen Tropfen über ihr Gesicht. Ihr Kleid war hochgeschlossen. Die Fingerspitzen des Blutsaugers aber wanderten wie dünne Spinnenbeine über ihre Brust und näherten sich dem oberen Knopf.
Dann Ruck, die ersten vier Knöpfe sprangen weg, ein Ausschnitt entstand, der dort endete, wo die Ansätze ihrer Brüste begannen.
Dafür hatte der Gnom keinen Blick. Ihn interessierte der freiliegende Hals des Mädchens, über dessen Haut er fast zärtlich mit den Fingerspitzen hinwegstrich. Zwischen seine Lippen schob sich ein grauer Klumpen hervor, die Zunge, die über die Lippen wanderte.
Das zeigte Genuß…
Lisa wußte, welches Schicksal ihr bevorstand. Fassen konnte sie es noch immer nicht. Auch jetzt stand sie
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