0547 - Der Vampir-Gnom
unbeweglich auf der Stelle und stierte über den Kopf des Gnoms hinweg auf die grauschwarzen Grabsteine des alten Friedhofs.
Sie schrak erst zusammen, als der Blutsauger nach ihrer Hand griff und sie auch festhielt. Gesprochen hatte er nichts. Vielleicht konnte er nicht reden, nur machte er ihr durch ein Zeichen klar, wohin sie zu gehen hatte.
Sein Ziel war der Friedhof…
Lisa stolperte hinter ihm her. Wieder kam sie sich vor, als würde sie einen besonders intensiven Traum erleben. Nur konnte sie daraus nicht erwachen und ihr normales Leben fortführen. Der Schrecken war tatsächlich vorhanden.
Gemeinsam traten sie ins Freie. Der Vampir ging einige Schritte vor. Erst jetzt, wo Lisa auf seinen Rücken starrte, sah sie auch den Umhang, den er über die Jacke gestreift hatte. Er hing an seinem Rücken noch eng zusammen, war aber sicherlich so breit, daß er ihn ohne Schwierigkeiten ausbreiten konnte.
Lisa fiel etwas auf, das rechts von ihr stand. Es war eine Felsplatte.
Sie wirkte wie ein leerer Altar. Die junge Frau konnte sich gut vorstellen, wer darauf zu liegen kam.
Ein Opferstein…
Das Wissen schoß durch ihren Kopf; ihr wurde heiß und kalt zugleich. Auf einmal drehte sie durch. Es war das letzte Aufbäumen, denn sie sah noch auf den Rücken des Blutsaugers. Lisa war größer, wirkte beim ersten Hinschauen auch kräftiger und konnte die Gestalt mit einem Sprung erreichen.
Wie eine Explosion kam es ihr vor, als sie ihre Fäuste in den Rücken der Gestalt stieß.
Damit hatte selbst der Vampir-Gnom nicht gerechnet. Die Wucht des Stoßes katapultierte ihn nach vorn. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und landete zwischen den hohen Trümmern an der linken Seite. Das bekam Lisa gar nicht mal mit.
Sie hatte sich längst auf der Stelle gedreht und rannte den Weg zurück, den sie gekommen waren.
In den ersten Sekunden zuckte Hoffnung in ihr hoch, bis sie merkte, daß sich ein langes Kleid für schnelles Laufen nicht eignete. Sie hatte Pech, denn ein Schuh verfing sich im Saum des Kleides. Lisa fiel nach vorn, der leise Schrei löste sich automatisch, dann schlug sie hart auf. Der Treffer durchzuckte ihre Arme, war in den Schultern zu spüren, und sie schrammte auch mit dem Gesicht über den Boden, wobei sie noch einen Streifen Haut verlor.
Der Schock verurteilte sie sekundenlang zur Bewegungslosigkeit.
Als sie ihn überwunden hatte, war der Blutsauger bereits an ihrer Seite. Lisa kam hoch, er griff zu.
Seine breite Hand war wie die Kralle eines Raubvogels, als er in ihren Nacken faßte und eisern festhielt. Mit einer nahezu lächerlich leicht wirkenden Bewegung hob er sie an und stellte sie auf die Beine. Dann drehte er sie herum.
Lisa starrte ihn an. Er schaute von unten zu ihr hoch, grinste dabei teuflisch und schlug ihr hart seine flache Hand in den Rücken. Lisa taumelte wieder in die Richtung, aus der sie geflohen war. Sie sah die Grabsteine, die vor ihren Augen zu tanzen schienen, bekam den nächsten Stoß, stolperte weiter und wurde von der Kante der Felsplatte aufgehalten.
Der Altar war ihr Platz.
Freiwillig kletterte sie nicht dort hoch. Das war auch nicht nötig, denn der Gnom umklammerte ihre Beine, hob sie an und drehte sie so, daß sie der Länge nach auf dem Altar liegenblieb.
Die Berührung mit dem Stein brach den Widerstandswillen der jungen Frau. Lisa ließ es geschehen, daß der teuflische Gnom sie herumdrehte und auf den Rücken legte.
So blieb sie dann…
Er umschritt den Altar. Seinen Umhang hatte er ausgebreitet.
Zumbra wirkte mehr denn je wie ein klassischer Blutsauger.
Die Kante des Altars reichte ihm bis zur Brust. Er konnte noch über den Körper des Mädchens hinwegschauen. Dabei drückte er den Kopf in den Nacken, hob den Blick und starrte den Mond an.
Es war eine Art von Vorbereitung, die er unbedingt benötigte.
Wahrscheinlich wollte er noch einmal Kraft schöpfen, bevor er sich dem Opfer näherte.
Lisa Manford lag regungslos auf der Platte. Auch sie schaute gegen den dunklen Himmel, sah den Mond, die blaß wirkenden Punkte der Sterne und spürte das Würgen im Hals.
Tränen stiegen hoch, füllten ihre Augen und ließen das klare Bild verschwimmen.
Lisa rechnete sich nichts mehr aus. Es war einfach zuviel Zeit vergangen, außerdem hätten die Retter den Weg zu ihr kaum finden können, bei all den Hindernissen.
An Flucht dachte sie wohl, nur sah sie ein, daß es keinen Sinn hatte. Der Vampir würde sie immer schnappen.
Das Tränenwasser blieb nicht
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