055 - Das Monster von Greenfield
Hühnchen zu rupfen.«
»Am Apparat«, sagte Dorian. »Sprechen Sie nur frei von der Leber weg, Mr. Hyde!«
»Ah!«, machte der andere zwischen zwei rasselnden Atemzügen. »Sie erkennen mich bereits an der Stimme. Das ist gut. Es vermittelt einem ein gewisses Gefühl der Vertrautheit. Nur schade, dass Sie mich sonst noch nicht besser kennen gelernt haben, denn dann würden Sie meine Warnungen ernster nehmen. Sie sind ein unfolgsamer Junge, Hunter, denn Sie haben meinen Rat nicht befolgt und schon wieder für Mike Samariterdienste absolviert. Sagte ich Ihnen denn nicht deutlich genug, dass ich keine Einmischung dulde? Ich kann Mike selbst gut genug beschützen.«
»Ist es das, was Sie unter Schutz verstehen, wenn Sie Mike Ihre Morde anhängen, Mr. Hyde?«
»Das ist nicht wahr!« Die Stimme des anderen überschlug sich vor Aufregung. »Es war nie meine Absicht, den Verdacht auf Mike abzuwälzen. Es ergab sich durch Zufall.«
»Und warum haben Sie dann nichts von sich hören lassen, während Mike im Gefängnis saß?«
Mr. Hyde kicherte. »Da war ich – na, sagen wir mal, ich habe Urlaub auf den Bahamas gemacht. Ich brauchte Zeit, um mir zu überlegen, was ich mit Mikes Feinden anstellen sollte. Und ich musste mir auch eine Todesart für Sie ausdenken, Hunter. Sie wissen inzwischen ja, was mit Quimbley geschehen ist. Dieser Popanz hat den Tod verdient, glauben Sie es mir, Hunter. Er war einer von Mikes schlimmsten Feinden. Im Augenblick bin ich in Mr. Chamberlains Haus.«
Dorian versteifte sich. »Wo ist das?«
»Wo denn schon? In Greenfield natürlich. Mr. Chamberlain ist gerade im Pub bei einer Versammlung, in der beraten wird, wie man sich Mike vom Halse schaffen könnte. Sie sehen doch ein, dass ich mit Mr. Chamberlain ein ernstes Wort reden muss, Hunter?«
»Könnten wir nicht zuvor die Angelegenheit besprechen?«, fragte Dorian. »Nur wir beide – unter vier Augen?«
»Aber mit dem größten Vergnügen«, behauptete Mr. Hyde. »Kommen Sie doch in Mr. Chamberlains Haus! Sie werden mir willkommen sein. Schau, schau, da kommt ja der Herr des Hauses!«
Während Dorian sich noch überlegte, wie er Mr. Hyde aus Chamberlains Haus locken könnte, um so eine weitere Bluttat zu verhindern, knackte es im Hörer, und die Leitung war tot.
Dorian legte auf. Es würde wenig Zweck haben, nach Greenfield zu fahren. Er würde auf jeden Fall zu spät kommen. Dorian zuckte wie elektrisiert zusammen, als das Telefon erneut zu läuten begann.
Er hatte den Hörer noch nicht ans Ohr gelegt, als er schon Miss Prelutskys Stimme vernahm.
»Mr. Hunter? Bitte, kommen Sie schnell. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Vor dem Haus hat sich der Mob zusammengerottet. Sie verlangen in Sprechchören Mikes Kopf. Ich habe solche Angst, sie könnten Mike lynchen.«
»Was ist mit der Polizei?«, fragte Dorian.
»Es waren zwei Beamte hier, aber die haben sich verkrochen. Bitte, kommen Sie doch, bevor es zu spät ist!«
»Wo ist Mike?«
»Auf seinem Zimmer.«
»Sind Sie sicher? Hat er nicht gerade telefoniert?«
»Ich weiß es nicht. Aber das kann doch nicht so wichtig sein. Glauben Sie mir, Mr. Hunter, es geht um Leben und Tod.«
»Ich komme sofort.«
Dorian legte auf und wandte sich an Sullivan. »Haben Sie Fred in alles eingeweiht?«
»Da Don ihn nach Schottland begleitet, kann er Freds Wissenslücke schließen«, antwortete Sullivan.
»Dann kommen Sie, Trevor! Wir müssen nach Greenfield. Dort ist dicke Luft. Und vergessen Sie Ihren Secret-Service-Ausweis nicht! Es wird niemandem auffallen, dass er ungültig ist.«
Dorian rannte schon in die Garage voraus.
»Wozu haben wir in diesem Land Gesetze, die die Bürger schützen sollen, wenn sie nicht angewandt werden? Wir müssen mit allem Nachdruck auf unsere Rechte pochen. Es wäre ja noch schöner, uns zu zwingen, mit einem Geistesgestörten zusammenzuleben, dem die Ärzte zwar Harmlosigkeit zusprechen, der aber nichtsdestoweniger in dem dringenden Verdacht steht, bereits zwei Menschen auf dem Gewissen zu haben. In Greenfield wird erst Ruhe herrschen, wenn Mike Hyde hinter den Mauern einer geschlossenen Anstalt sitzt. Und wir werden dafür sorgen, dass er dorthin kommt. Wenn Miss Prelutsky nicht zustimmt, dann werden wir für eine zwangsweise Einlieferung sorgen. Mein Wort darauf. Ich versuche ganz emotionslos zu sein, denn ich habe auf Mike Hyde keinen persönlichen Groll, aber wenn er krank ist, dann muss er die entsprechende Behandlung bekommen. Und Mike ist krank. Wir,
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