055 - Das Monster von Greenfield
von den Spießern, dass die Frist abgelaufen sei. Was kümmert's mich. Ich habe eine solche Wut, weil Hunter mich hereingelegt hat, dass ich zu toben beginne. Ich schlage alles kaputt.
Dabei geht mein Stock in die Brüche.
Und Hunter höhnt: »Ich wusste, dass Sie alles mit Mike miterleben, mitfühlen. Sie können sich seinen Gedanken ebenso wenig verschließen wie er sich den Ihren. Mike hat furchtbar darunter gelitten, dass er Zeuge Ihrer Schandtaten wurde. Das hat ihn schon als Kind um den Verstand gebracht. Als Geistesgestörter konnte er dann später nicht mehr zwischen seinen eigenen Erlebnissen und den Ihren unterscheiden.«
»Dieser Zustand war auch wahnwitzig«, brülle ich außer mir. »Oder glauben Sie, ich hätte mich an den Greenfieldern schmutzig gemacht, wenn ich nicht darunter gelitten hätte, wie sie Mike behandelten? Ich habe durch seine Augen geblickt, als ihn dieses Flittchen in den Wald lockte, wo ihr Freund wartete. Darum habe ich sie umgebracht.«
»Ja, es entsprach Ihrer Natur, Mike zu rächen, weil Sie an seinen Leiden Anteil hatten und die Schmähungen als persönliche Beleidigung empfanden. So war es doch?«
»Na und! Sie können Ihr Wissen mit ins Grab nehmen.«
»Im Augenblick haben Sie aber geringere Überlebenschancen als ich.«
Die Stimme Hunters kommt schon wieder von woanders.
»Von meinem Platz aus sehe ich, dass die Greenfielder Feuer gelegt haben. Die Flammen züngeln bereits ziemlich hoch.«
Das sehe ich auch. Aber im Moment ist mir das egal. Wichtig ist nur, Hunter zu erledigen.
»Dann werden Sie eben mit mir schmoren.«
»Irrtum. Ich bin nämlich gar nicht im Haus. Meine Stimme kommt aus Lautsprechern. Ich sitze hier bequem im Wagen vor einem Mikrofon. Das habe ich alles organisiert, bevor ich in Mikes Gegenwart sagte, dass ich hierher komme. Ich wusste, dass Sie mithörten und sich hier einfinden würden, um mir aufzulauern. Und Sie sind in die Falle gegangen. Als ich Sie im Haus verschwinden sah, gab ich den Greenfieldern den Tipp, dass Mr. Hyde hier ist.«
Ich bin blind vor Wut, entdecke den ersten Lautsprecher, reiße ihn unter dem Vorhang hervor, schmeiße ihn zu Boden, zertrampele ihn. Da, der zweite Lautsprecher! Aber das hat keinen Sinn. Ich muss hier raus. Die Flammen schießen vor den Fenstern des Wohnzimmers empor. Ich muss ins Obergeschoss. Reiße ein Gangfenster auf. Jemand schleudert eine Fackel. Sie trifft meine Brust.
Mike, verdammt, hörst du mich? Spürst du nicht den Schmerz deines Bruders Edward? Wenn ich sterbe, erlebst du meinen Tod mit. Mike, hilf mir!
»Mike!«, gellt es aus einem Lautsprecher, den ich übersehen habe.
Mike ist im Anmarsch! Mein Bruder Mike wird die Aufmerksamkeit der Spießer auf sich lenken. Dann habe ich noch eine Chance.
»Mike!«
Dorian sprang aus dem Wagen und rannte der Gestalt entgegen, die zwischen den Häusern auftauchte. Der Dämonenkiller wunderte sich nicht lange darüber, wie Mike hierher gekommen war. Er war hier, und das war schlimm genug. Wenn die Greenfielder ihn sahen, würden sie sich auf ihn stürzen und ihn lynchen.
Dorian erreichte Mike, versuchte ihn zurückzuhalten, doch der sonst so gutmütige Mike entwickelte unheimliche Kräfte. Er schleuderte Dorian wie eine Strohpuppe zur Seite.
»Mike, du darfst nicht weitergehen!«, beschwor Dorian ihn. »Die Leute würden dich in Stücke reißen.«
»Alles brennt in mir«, keuchte Mike und wankte weiter, auf das Haus seiner Tante zu, das in Flammen stand.
»Ich muss das Feuer löschen, sonst verbrenne ich innerlich.«
Dorian sprang ihn von hinten an und versuchte, ihn zu Boden zu zwingen, aber Mike schüttelte ihn einfach ab.
Dorian wusste nur zu gut, was in Mike vorging. Er erlebte die Todesangst seines Bruders Edward mit, wurde von der gleichen Panik erfasst, wusste, dass er seinen Zwillingsbruder in Sicherheit bringen musste. Und um sich von den Qualen zu befreien, die Edward auf seinen Geist übertrug, würde er sogar ins Verderben rennen. Dorian nahm Mikes Verfolgung wieder auf. Er sah ein, dass es keinen Sinn hatte, ihn durch Argumente an seinem Wahnsinnsvorhaben hindern zu wollen. Er holte zum Schlag aus und schlug Mike die Handkante ins Genick.
Mike zuckte zusammen und ging wie ein angeschlagener Boxer in die Knie. Dann setzte er seinen Weg unbeirrt fort.
»… muss das Feuer löschen. Es verbrennt mich sonst. Edward, Edward, darfst nicht sterben!«
Dorian schlug noch einmal zu. Mike fiel nach vorn. Seine Beine wurden weich. Er ging
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