055 - Der Würger aus dem See
Alten tauchte auf.
Die dünnen Haare zitterten auf der rosafarbenen Kopfhaut.
Die Alte wollte etwas sagen, aber die Mundwinkel klappten ihr
herunter, so daß die dunklen Zahnstummel zu sehen waren.
»Ich bin der Zwillingsbruder des Besuchers von gestern abend«,
sagte Larry. »Gerade habe ich festgestellt, daß Mr. Trane doch im Haus ist. Ich
hätte ihm gern ein paar Fragen gestellt.«
Die Alte wich zurück und wollte blitzschnell die Tür zuschlagen.
X-RAY-3 bewunderte die Wendigkeit von Pamela Slenforth.
»Aber ich bin noch ein bißchen schneller«, murmelte er, und noch
ehe sie die Tür zuschlagen konnte, schob er seinen Fuß dazwischen. »Wenn Sie
sich Unannehmlichkeiten ersparen wollen, dann lassen Sie mich ein.«
Larrys Stimme war eiskalt. »Sie dürften sonst innerhalb von zehn
Minuten das Haus voll Polizisten haben. Das wäre Ihnen sicher unangenehm.«
»Einen Moment, bitte ... «, stammelte die Alte.
Sie öffnete die Sicherheitskette. X-RAY-3 trat ein.
Wie am letzten Abend, so war auch an diesem Vormittag die Tür
rechts zum Zimmer der Kranken geschlossen. Geruch von Desinfektionsmittel stieg
ihm in die Nase und überlagerte den Moder, den er bei seinem letzten Besuch
hier festgestellt hatte.
In dieser Wohnung wurde etwas Verwesendes durch den scharfen
Geruch des Desinfektionsmittels verdeckt.
Das abgelegene Haus in dieser engen Straße, die nur wenige Meter
vom See entfernt lag, machte auf den Amerikaner einen geheimnisvollen,
unerklärlichen Eindruck. Es schien ihm, als ginge hier irgend etwas Mysteriöses
vor. Dieser Eindruck hatte sich nach dem zurückliegenden Geschehen nur noch
weiter verstärkt. Und er dachte über die Tatsache nach, daß Dr. Albertson ihn
ausgerechnet mit dem Fischer Trane bekannt gemacht und ihn empfohlen hatte.
Zufall - Schicksal - Berechnung?
Er wußte es nicht.
»Wo ist er?« fragte X-RAY-3 leise, und unwillkürlich ließ er
seinen Blick über die verschlossene Tür schweifen. Befand sich Gerome Trane
jetzt bei seiner sterbenden Mutter? Gab es diese sterbende Mutter überhaupt?
Oder hatte er - aus irgendwelchen Gründen - dieses Gerücht nur in die Welt
gesetzt, um vor etwas anderem sicher zu sein, um das andere zu verbergen?
Zwischen den Türpfosten des Zimmers tauchte eine hochgewachsene
Gestalt auf. Ein schwerer Revolver war auf Larry gerichtet.
»Wenn ich es nicht mit eigenen Augen sähe - ich würde es nicht glauben«,
sagte Trane mit dumpfer Stimme. »Entweder haben Sie einen Schutzengel, oder Sie
stehen mit dem Teufel im Bund. Als ich Ihre Stimme hörte, glaubte ich zuerst zu
träumen ... «
» ... der Whiskytrick funktioniert bei mir nicht, Trane«,
entgegnete Larry scharf, als der Fischer eine Pause einlegte. »Sie hätten sich
etwas Besseres einfallen lassen sollen.«
»Genau das habe ich getan. Eine Bleikugel dürften Sie schlecht
verdauen.« Trane unterstrich seine Worte, indem er den Revolver hob.
»Bei Ihnen ist man wohl nie vor Überraschungen sicher, Trane?«
fragte X-RAY-3 scharf. »Erst Whisky, dann ein kleines Bad - und nun eine
Bleikugel. Das ist mehr, als ein gesunder Mensch vertragen kann. Ich fürchte, Sie
begreifen die Situation nicht, in der wir uns befinden. Ich bin gekommen, um
mit Ihnen zu plaudern, und ich habe das Gefühl, daß bei unserem Gespräch
einiges herauskommen wird.«
»Sie irren sich, Mr. Brent.«
Tranes Stimme klang düster. Sie paßte zu dieser tristen Umgebung.
»Ich glaube nicht. Ich bin nicht allein gekommen, Trane.«
Die Augen des Fischers schossen Blitze.
»Sie bluffen, Brent.«
»Irrtum, Trane! Das mit den Polizisten hat seine Richtigkeit. Darf
ich Ihnen etwas zeigen?«
Mit diesen Worten näherte sich die Hand des Agenten der rechten
Rocktasche.
»Keine faulen Tricks, Brent!«
»Ich halte mich streng an die Regeln. Das Hemd habe ich erst
gestern in Foyers gekauft, und es wäre schade, wenn Sie mit Ihrer Kanone ein
Loch reinbrennen würden. Ich will Ihnen nur ein kleines Gerät zeigen.«
Als Larry mit spitzen Fingern das Funkgerät herauszog, wurden
Tranes Augen groß wie Untertassen.
Dann grinste er.
»Noch ehe Sie den Kontaktknopf drücken können, habe ich Sie mit
Blei vollgepumpt.«
»Sie müssen als Junge viele Western gelesen haben, Trane«, sagte
Brent. »Ihre Sprache erinnert mich jedenfalls daran. Sie mögen recht haben mit
dem, was Sie sagen. Aber sind Sie dessen so sicher, daß ich ohne die geringste
Vorsichtsmaßnahme wirklich noch einmal dieses Haus betreten hätte? Soviel
Dummheit dürfen
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