055 - Der Würger aus dem See
Man war nicht sehr viel weiter gekommen.
X-RAY-3 entwickelte seine Pläne für den heutigen Tag. Obwohl er
sich noch keineswegs auf der Höhe fühlte, wollte er umgehend die Angelegenheit
wieder in die Hand nehmen.
Morna Ulbrandson beschwerte sich.
»Ich stelle fest, daß ich in deinen Planungen so gut wie keine
Rolle bekomme. Der Film läuft wohl ohne mich, wie?«
»Du solltest mir dankbar sein, liebe Morna, daß wir dich schonen«,
meinte Larry Brent. »Wir kamen hierher, um den Loch Ness zu sehen. Dabei hat
sich leider einiges ereignet, was niemand voraussehen konnte. Unser
hochverehrter Boß in New York weiß, daß wir hinter irgend etwas her sind.
Bisher hat er es nicht für nötig gefunden, uns zu trennen. Die Gelegenheit ist
günstig, mal richtig zu faulenzen. Das gab es schon lange nicht mehr für dich.
In der Begleitung zweier Männer derart geschont zu werden, mußt du ausnutzen.
Wir schenken dir soviel Freizeit wie möglich.«
»Okay, ich nehm dich beim Wort«, hakte Morna sofort nach. »Dann
kann ich also meine Spaziergänge am Loch Ness unternehmen?«
»Kannst du, kannst du«, nickte Larry. »Unter diesen besonderen
Umständen jedoch dürfte es besser sein, wenn du deine Pistole immer entsichert
hast. Es könnte immerhin sein, daß dich das Ungeheuer auf spürt - das ist der
NachteiI der Freiheit. Wir werden dir dann kaum bei stehen können.«
Kurz darauf kam der Arzt. Er war mit Larry Brents Zustand
zufrieden, erklärte sich jedoch nicht damit einverstanden, den Amerikaner
bereits jetzt zu entlassen.
Dr. Henry McLane war ein Kleiderschrank von über zwei Zentnern und
konnte - was Größe und Umfang anbetraf - dem Russen Konkurrenz machen.
McLane sprach mit wohltuender, ruhiger Stimme. Daß er Hochländer
war, konnte er jedoch nicht verbergen. Sein Dialekt verriet ihn.
»Da müssen Sie sich schon noch einen Tag gedulden, Mr. Brent«,
meinte der Arzt freundlich. »Wenn Ihr Freund Sie nicht gefunden hätte, dann
wären Sie nicht so glimpflich davongekommen. Es ist anzunehmen, daß die starke
Unterkühlung, der Sie ausgesetzt waren, ihren Tribut gefordert hätte. Schon
zwei, drei Stunden später hätte die Sache ganz anders ausgesehen.«
Iwan Kunaritschew hob die Augenbrauen. »Ich dachte immer-Alkohol
wärmt, von innen?«
McLane lachte, aber er sagte nichts weiter zu diesem Thema.
Bevor er das Zimmer verließ, wandte er sich noch einmal an Larry
Brent. »Legen Sie sich hin und ruhen Sie sich aus, das ist jetzt das Beste, was
Sie tun können, Mr. Brent! Ich werde Schwester Anne zu Ihnen schicken, damit
sie Ihnen eine Tablette bringt. Schlafen Sie heute mal gründlich aus, und
morgen werden wir weitersehen.«
McLane war kaum gegangen, da verabschiedeten sich auch Morna und
Iwan.
Die Schwedin nahm die buntgemusterte Einkaufstasche an sich,
während Iwan Kunaritschew von Larry den Auftrag bekam, sich im Haus der beiden
Alten nach Gerome Trane zu erkundigen. Das Ergebnis dieser Nachforschung wollte
er über das Sprechgerät umgehend mitgeteilt bekommen.
»Ich nehme an, du brauchst für diese Angelegenheit nicht länger
als eine Stunde«, fügte Larry noch leise hinzu, ehe die Tür geöffnet wurde und
Schwester Anne, mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, eintrat. »Spätestens
um halb zwölf also erwarte ich dich vom an der Ecke. Komm mit einem Taxi,
okay?«
»Ja«, sagte Iwan.
»Und nochmals besten Dank dafür, daß du dich so rührend um mich
gekümmert hast. Vor allen Dingen, daß du genügend trockene Kleider hierher
geschafft hast. Ich werde sie brauchen.«
Die letzten Worte Larrys bekam Schwester Anne mit.
»Nun, davon wollen wir jetzt noch nicht reden. Bis Sie das Bett
verlassen dürfen, sind Ihre anderen Kleider auch wieder trocken.«
Mit diesen Worten reichte sie ihm eine Tablette und das mit Wasser
gefüllte Glas, das auf dem Nachttisch stand.
Larry Brent nahm die Tablette, verbarg sie in der Backentasche und
trank dann gehorsam das Glas leer. »Ich werde in einer Stunde noch mal nach
Ihnen sehen, Mr. Brent«, verabschiedete sich die Krankenschwester. Kaum war sie
gegangen, nahm X-RAY-3 die Tablette aus dem Mund, zerbröckelte sie und warf den
kümmerlichen Rest in das Waschbecken. Er schwenkte Wasser drüber, und spurlos
verschwanden die Reste im Abflußrohr.
Der Agent fühlte sich noch ein wenig wackelig auf den Beinen und
gab dem Arzt im stillen recht, der ihm völlige Ruhe verordnet hatte.
Aber da war jemand, der ihn ständig beschäftigte: Ein Fischer
namens Gerome
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