0553 - Geisterstunde
begann…
***
Bald darauf tauchte Mostache mit seinem auspuffdonnernden Chevrolet, seiner Frau und Pascal Lafitte auf - dessen Frau war daheimgeblieben, weil eines der Kinder unverhofft krank geworden war und sie sich darum kümmern woll- »Leute, was riecht denn hier so furchtbar verbrannt? Grillt ihr neuerdings Briketts anstelle von Fleisch?« fragte Mostache.
Seine Frau registrierte stirnrunzelnd Teris Nacktheit, äußerte sich jedoch nicht dazu. Doch jedesmal, wenn ihr Mostache in der Folge etwas zu lange zu der textilfreien Schönheit hinsah, verpaßte sie ihm einen heftigen, ermahnenden Rippenstoß.
Mittlerweile erschien Fooly mit der dritten Ladung Feuerholz, wie er versicherte - die zweite sei ihm unterwegs aus unerfindlichen Gründen verbrannt, nachdem er einmal kurz niesen mußte.
Ihn kannten die wenigsten, und so gab es erstmal eine große allgemeine Vorstellung.
»Ist der auch wirklich harmlos?« raunte Mostaches Frau Nicole zu. »Er sieht so ungemein bedrohlich aus.«
»Ich habe das gehört!« zeterte Fooly prompt. »Ich bin der harmloseste Drache, den es überhaupt gibt! Ist das klar?« Er schnob - und setzte fast den Tisch mit den Essensvorräten in Brand.
»Wirklich, äußerst harmlos«, versicherte Nicole denn auch. »Wenn man sich weit genug von ihm fernhält. Fooly, wie wäre es, wenn du anstelle der Salate das Lagerfeuer in Brand setzt?«
»Ist das nier 'ne Lokomotive und ich der Heizer?« maulte der Drache. »Es reicht, daß ich fast das gesamte Holz herangeschleppt habe, schließlich habe ich heute Geburtstag!«
»Oh«, machte Zamorra. »Ich dachte, Gryf und Fenrir wären die beiden Geburtstagskinder!«
»Mir ist vorhin eingefallen, daß ich auch Geburtstag habe«, behauptete Fooly mit todernster Drachenmiene. »Ihr solltet mir also lieber was schenken, statt mich hier die ganze Arbeit allein machen zu lassen!«
Er spie das zum Lagerfeuer aufgeschichtete Holz an - und produzierte wieder einmal nur heiße Luft und einen Hustenanfall.
Seufzend nahm Gryf einen trockenen Ast, entflammte ihn an der Grillkohle und entzündete damit schließlich das Lagerfeuer.
Mostache deutete auf den Grill. »Will jetzt vielleicht endlich mal jemand die verkohlten Überreste wegwerfen und frisch nachlegen?«
Rob Tendyke winkte ab und begann vorsichtig, den Grillrost abzuräumen.
Später saßen sie in der Runde. Natürlich blieb es nicht aus, daß sie sich über vergangene Abenteuer unterhielten, über fremde Welten, Dämonen, Träume und Alpträume, Gespenster…
Ted Ewigh räusperte sich. »Wo wir gerade davon reden, habe ich euch eigentlich jemals von meiner allerersten Begegnung mit Gespenstern erzählt? Wahrscheinlich nicht…«
»Erzähl!« verlangte Nicole.
»Damals kannten wir uns alle noch nicht«, begann Ted. »Von Geistern und Dämonen hatte ich absolut keine Ahnung, auch nicht von Magie. Einen Dhyarra-Kristall 13. Ordnung gab’s damals auch noch nicht, ich war von diesen Dingen völlig unbeleckt. Ich war das zweite oder dritte Mal in Frankreich… nein, in der Bretagne, das ist ja ein ganz eigenes Land mit eigener Entwicklungsgeschichte, eigener Sprache und eigenen Gebräuchen. Und mit einem ganz eigenen Menschenschlag… Ich war noch ein recht junger und teilweise leichtsinniger Bursche, damals…«
Zögernd zuerst, dann allmählich flüssiger sprechend, erzählte er von dem alten Grabhügel. In dem lebten…
Die Geister von Tanouedou Ich hatte mir ein paar Tage Urlaub von der Zeitung genommen, für die ich damals arbeitete. Es war nicht das erste Mal, daß ich mit einer kleinen Clique von Freunden Ferien im westlichen Frankreich machte. Wir hatten inzwischen einige etwa gleichaltrige Bekannte in der Bretagne, genauer in Langonnet, einem Dorf, das etwa 900 mehr oder weniger lebhafte Seelen beherbergt, im Argoat, der mittleren Bretagne, im Departement Morbihan.
Diesmal waren wir zu viert gefahren, mein Reporterkollege Bernd, dessen junge Frau Lydia, die leider wenige Monate später mit ihrem Motorrad tödlich verunglückte, meine damalige Freundin Eva und ich. Uns verband das gemeinsame Interesse an diesem Land: lange Küstenwanderungen, die magische Aura der steinernen Zeugen aus der Megalithkultur, das ländliche Leben und die Musik beziehungsweise die zahlreichen fest noz, die folkloristischen Feste.
***
An einem Abend saßen wir bei Mikael Derain in seinem kleinen abgelegenen Haus, das er ›Restangoasgwen‹ nannte. Rest ist das bretonische Wort für »Anwesen«, gwen heißt
Weitere Kostenlose Bücher