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0556 - Milenas Opferstätte

0556 - Milenas Opferstätte

Titel: 0556 - Milenas Opferstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Mundwinkel verriet ihm, was ich fühlte.
    Bill schaute mich nicht an. Sein Blick war zu Boden gerichtet. Er hatte seine gefütterte Jacke übergestreift. Die Kälte traf ihn nicht allzu hart.
    Auf dem Poller befand sich noch genügend Platz. »Darf ich mich neben dich setzen?«
    »Bitte.«
    Ich wunderte mich über die tonlos klingende Stimme. Mein Freund hatte sich stark verändert, er war längst nicht mehr der Bill, den ich kannte. Irgend etwas mußte ihn geschockt haben. Ein Erlebnis, ein schlimmer Vorgang, der noch nachwirkte. »Ich habe dich gesucht, Bill.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Weshalb bist du gegangen?« Müde hob er die Schultern. »Weshalb, John?« flüsterte er. »Ich konnte nicht mehr bleiben. Hast du es nicht bemerkt?«
    »Was sollte ich bemerkt haben?« Jetzt drehte er den Kopf. Die Augen lagen tiefer in den Höhlen als sonst. Dazu fiel die unnatürliche Blässe der Haut auf. Nervös bewegte er seine Augenlider. »Das Grauen, John. Es war furchtbar. Ich hielt Wache, da überkam es mich. Es lag an der Urne, an ihr, an Milena. Ich habe Bilder gesehen, furchtbare Szenen. Ich sah sie, und jemand lag vor ihren Füßen. Sie schwebte über einem Steinaltar. Hinter ihr leuchtete groß und bleich der Mond. Fledermäuse mit Menschenköpfen durchzogen die Luft. Die Angst war greifbar…«
    »Und sie, Bill, was tat sie?«
    Bill sprach seine Antwort in die Leere der Nacht. »Sie stand da nur. Ihre Arme hatte sie gereckt. Sie war sehr schön, eine wunderschöne Bestie. Ich sah auch ihre Hände. Die Finger fielen mir auf. Lang und spitz wie Krallen. Zuerst dachte ich, daß sie auf dem Rücken einen Umhang tragen würde. Das stimmte nicht. Es war die ledrige Haut einer Riesenfledermaus. Auch hielt sie den Mund so weit offen, daß ich ihre Zähne sehen konnte. Zwei wuchsen lang und spitz hervor. Sie ist eine Vampirin, John. Ich hatte das Gefühl, als wäre mit ihrem Erscheinen ein neues Kapitel in der Geschichte der Blutsauger aufgeschlagen worden. Ein Bild, das mich persönlich abgestoßen hat. Und nicht allein das. Ich bekam eine furchtbare Angst davor. Es traf mich wie ein Tiefschlag, hart und brutal. Das Grauen schockte mich. Ich merkte plötzlich, wie chancenlos ich war und spürte ihren Geist im Zimmer. Da konnte ich nicht anders. Ich mußte einfach weg. Flüchten – verstehst du?«
    »Du hättest mich wecken können, Bill!«
    »Sicher. Daran habe ich leider nicht gedacht. Ich habe selten derart große Angst gehabt, wie in diesen schrecklich langen Augenblicken. Ich bin geflohen.«
    »Geht es dir jetzt besser?«
    Bill stieß den Atem aus. »Etwas«, gab er zu. »Es geht mir etwas besser, aber mehr auch nicht.«
    »Hast du eine Erklärung?«
    »Ich weiß nicht, John. Es war die Urne. Sie ist das Zentrum. Von ihr ging der Schrecken aus.«
    »Und du konntest ihm nicht widerstehen?«
    »So ist es.« Bill lachte leise. »Eigentlich ist sie eine schöne Frau gewesen. Einen herrlichen Körper hatte sie, aber sie verbreitete eine Furcht, der ich nichts entgegensetzen konnte. Als ich sie derart deutlich vor meinem geistigen Auge sah, da wurde mir das Zimmer zu eng. Ich mußte einfach raus, weil ich das Gefühl hatte, mein Blut würde anfangen zu kochen. Ich konnte nicht bleiben.«
    »Eine Lösung ist es auch nicht.«
    »Das stimmt leider. Ich habe es als eine Warnung aufgefaßt.«
    »Eine Warnung? Für was?«
    »Ich will aussteigen.«
    Das irritierte mich. »Moment mal. Aussteigen? Was heißt das denn genau?«
    »Nicht mehr weitermachen. John, ich habe dir gesagt, daß ein neues Kapitel in der Vampir-Geschichte aufgeschlagen worden ist. Ich weiß nicht, was in dieser verdammten Stadt namens Talley geschieht. Ich weiß nur, daß ich nicht hinfahren werde. Und du solltest mir folgen. Wirklich, es ist besser für uns.«
    »Kneifen also?«
    »Nenn es, wie du willst, John. Dieser Wachtraum hat mich hart getroffen. Vielleicht bin ich durch ihn zu einem anderen Menschen geworden. Du kennst mich sehr lange, John. Fast eine Ewigkeit, so ist es mir vorgekommen.«
    »Stimmt. Deshalb wundere ich mich auch über dein Verhalten.«
    »Nicht mehr. Talley ist die Hölle. Ich habe Familie, an die ich denken muß. Ich kann dich auch anders unterstützen, John. Wenn du nach Talley fahren willst, bleibe ich hier. Du kannst Suko holen, meinetwegen auch Jane. Sie ist ja wieder in Ordnung und wird auf einen Einsatz brennen, aber laß mich zunächst aus dem Spiel.«
    Nach Bills Worten war ich wie vor den Kopf geschlagen. So kannte ich

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