0556 - Odem des Bösen
raffiniertes Rabenaas! Sobald du sie losgemacht hast, schlägt sie dich nieder und haut ab!«
Unwillkürlich trat der Mann einen Schritt zurück.
Nicole bewegte ihren Körper lockend. »Wie weit würde ich denn kommen, eh?« gurrte sie. »Ihr seid doch zu zweit, und wenn dein Kamerad aufpaßt… Außerdem bist du ein bißchen schlauer als der Kerl da an der Wand. Bei dir habe ich erst gar keine Chance, es zu versuchen.«
»Da hast du nicht ganz unrecht«, grinste der Aufpasser.
»Mach sie ruhig los«, sagte der Ältere jetzt. »Ich passe auf. Anschließend bin ich an der Reihe, und du siehst zu, daß die Kleine keine Dummheiten macht. Warum sollen wir nicht beide unseren Spaß mit ihr haben?«
»Na schön…«
Der Jüngere holte die Schlüssel. Und dann öffnete er die Eisenspangen, mit denen Nicoles Hände und Füße gefesselt waren.
Vorsichtig reckte sie sich. Einmal, um ihre Gliedmaßen wieder fit zu bekommen, und zum zweiten bot sie ihren Körper dadurch reizvoller dar.
Sie begann, den Kittel zu öffnen.
»Ah, ich helfe dir«, bot der Wächter grinsend an.
Er faßte zu.
Im nächsten Moment flog er wie eine Kurzstreckenrakete durch die Luft auf seinen Kameraden zu, während seine Waffe in Nicoles Hand wechselte. In einer blitzschnellen Reaktion hatte sie mit beiden Händen zugegriffen, den Mann über sich herumgewirbelt und richtete jetzt die Waffe auf die beiden Wächter.
Mogul Taigors Krieger waren mit Strahlwaffen ausgerüstet!
Mit denen kannte Nicole sich aus, im Prinzip waren es die gleichen Konstruktionen, wie sie auch von der DYNASTIE DER EWIGEN verwendet wurden, nur fehlte hier die Umschalt-Möglichkeit von Laser auf Betäubung.
Nicole schoß trotzdem.
Der blaßrote Nadelstrahl fauchte haarscharf an den beiden Männern vorbei, die zu Boden gestürzt waren.
Dreimal feuerte Nicole die Waffe ab, um die Wächter niederzuhalten und Zeit zu gewinnen. Dann war sie bei ihnen, schlug zweimal blitzschnell mit dem Griffboden der Waffe zu und sah ihre Gegner bewußtlos zusammensinken.
»Kotzbrocken«, murmelte sie und spie aus.
Erst jetzt wurde ihr klar, daß sie mehr Glück als Verstand gehabt hatte. Wenn sie eben, als sie den kleinen Sadisten durch die Luft fliegen ließ, nur um einen Zentimeter danebengegriffen hätte, wäre ihre Befreiung zu einem Fiasko geworden. Dann hätte sie ihre Lage nur noch bis ins Unendliche verschlimmert.
Sie nahm die Schlüssel auf und schloß die Fesseln der Gefangenen auf, die kaum glauben konnten, wie ihnen geschah. Zum Schluß ging sie zum Torwächter hinüber, der seine Pflichtvergessenheit hier büßen sollte. Vorsichtshalber hielt sie die entsicherte Strahlwaffe auf ihn gerichtet, weil sie nicht sicher sein konnte, wie er reagierte.
»Ich habe dich in diese Lage gebracht, ich bringe dich jetzt auch wieder raus«, gab sie ihm zu bedenken.
Dann befreite sie auch ihn.
»Seht zu, daß ihr verschwindet, ehe jemand etwas merkt. Ich lasse euch die zweite Waffe hier.«
Damit lief sie zum Ausgang des weiträumigen Kerkergewölbes. Vorsichtig spähte sie in den Gang und zur Treppe.
Niemand zu sehen!
Offenbar war man der Ansicht, daß zwei Männer ausreichten, eine Gruppe angeketteter Gefangener zu beaufsichtigen.
Nicole stürmte die Treppe hinauf.
Hinter sich hörte sie zweimal einen Blaster fauchen. Sie zuckte zusammen. Sie konnte sich vorstellen, was geschehen war.
Doch sie hätte den Mord an den beiden Wächtern nur verhindern können, indem sie die Gefangenen angekettet gelassen hätte. Das aber ging ihr wider die Natur. Was auch immer sie verbrochen haben mochten, nichts rechtfertigte Folter.
Und selbst wenn Nicole auch die zweite Waffe mitgenommen hätte, hätten die Männer die beiden Bewußtlosen umgebracht. Mit den Folterinstrumenten, zur Not mit den bloßen Händen. So aber konnten die Befreiten mit der Strahlwaffe ihre Fluchtchancen etwas vergrößern.
Nicole mußte jetzt schnellstens aus dem Keller und aus dem Gemäuer verschwinden.
Sie war sicher, daß sie Cantho hier nicht mehr finden würde. Der war um diese Zeit bestimmt schon mit seiner Braut unterwegs zum Tempel… zur Trauung.
Mit wachsender Verzweiflung fragte sich Nicole, ob nicht bereits alles zu spät war. Reichte die Zeit überhaupt noch, die Katastrophe zu verhindern?
Sie hoffte, daß wenigstens Zamorra es schaffte…
***
Die Tempelsoldaten waren vor dem Hitzeorkan zurückgewichen. Sie warteten jetzt am oberen Ende der Treppe, hinter Mauervorsprüngen geschützt, während die
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