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0559 - Kapitän Sensenmann

0559 - Kapitän Sensenmann

Titel: 0559 - Kapitän Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Nun ja, so genau möchte ich darüber nicht sprechen.«
    »Mir kannst du es sagen.«
    Harriet suchte fieberhaft nach einer Ausrede. Emily Cartwright gehörte zu den geschwätzigsten Frauen in Appledore. Sie erzählte sofort alles weiter. Einige hatten sie schon als Zeitung auf zwei Beinen bezeichnet. »Nun ja, es ist etwas kompliziert…«
    »Hängt das mit den vier toten Fischern zusammen?«
    »Auch.«
    »Aha…« Sie dehnte das Wort. Ihre Augen nahmen an Größe zu.
    »Das hatte ich mir schon gedacht.« Sie bewegte sich auf Harriet zu.
    »Vielleicht ein Geheimauftrag?«
    Harriet fiel ein Stein vom Herzen. Damit hatte die Frau ihr das Stichwort gegeben. »Ja, Emily, es ist ein Geheimauftrag. Ich möchte dich bitten, mit keinem darüber zu reden. Auch nicht mit deinem Mann. Versprichst du mir das?«
    Mrs. Cartwright legte beide Hände auf ihren großen Busen. »Ehrenwort, liebe Harriet. Von mir wird garantiert niemand etwas erfahren. Du kennst mich doch. Ehrenwort…«
    »Ja, ja ich kenne dich.«
    Natürlich war Emily neugierig geworden. Sie schaute sich etwas um, lugte in die Ecken, konnte aber nichts erkennen. Nichts deutete auf die Anwesenheit der Tochter hin.
    »Sie befindet sich nicht hier.«
    »Wann kommt sie denn?«
    »Du wolltest doch nicht neugierig sein – oder?«
    »Das nicht, aber…«
    »Bitte, Emily. Ich bin zum Schweigen verpflichtet worden. Ich kann und darf dir nichts sagen. Ehrenwort. Ich darf es nicht. Es ist mir bei Strafe verboten worden.«
    »Ja, ja, schon gut. Ich bin wieder weg. Aber versprichst du mir, daß ich es als erste erfahre, wenn sich in dem Fall etwas getan hat? Versprichst du mir das?«
    »Bestimmt.«
    Die beiden Frauen verließen das Haus. Tiefe Nacht umgab sie. Am Himmel sahen die grauen Wolken aus wie Ungeheuer. Der Wind kam vom Meer und fuhr über die Klippen. Er brachte Kälte mit, die auf den Gesichtern eine Gänsehaut hinterließ.
    Emily schritt auf die Fahrertür zu. »Ich wünsche dir und uns, daß alles glatt läuft«, sagte sie, als schon eine Hand auf der Klinke lag.
    »Das wünsche ich mir auch.« Harriet stand in der offenen Tür, vom Licht aus dem Zimmer umschmeichelt. Noch immer stand sie unter einer nervlichen Anspannung, deshalb fielen ihr auch gewisse Kleinigkeiten auf. Als sie die Tür öffnete, wurde es im Innern des Wagens nicht hell. Das war beim Aussteigen anders gewesen.
    Ein Defekt?
    Die folgenden Sekunden vergingen wie im Zeitlupentempo. Emily Cartwright nahm hinter dem Lenkrad Platz, sie schob den Schlüssel in das Schloß, aber sie startete noch nicht.
    Neben ihr drückte sich jemand in die Höhe.
    Trotz der Dunkelheit erkannte Harriet die Person. Es war Gayle, ihre Tochter…
    ***
    Emily Cartwright war dermaßen in Gedanken gewesen, daß sie nicht einmal den Defekt der kleinen Leuchte bemerkt hatte. Als sie starten wollte und der Schlüssel seitlich am Schloß abrutschte, kam ihr erst zu Bewußtsein, daß etwas nicht stimmte.
    Dann sah sie die Frau.
    Neben ihr drückte sie sich in die Höhe. Noch konnte Emily das Gesicht nicht erkennen, aber sie nahm einen Geruch wahr, der sie wie ein Hauch von Moder streifte.
    Moder und feuchtes, brakiges Wasser…
    Erst dann schaute sie nach rechts. Ihr Mund blieb von Staunen offen. Sie hatte die Person erkannt und hauchte ihren Namen. »Du bist es, Gayle?«
    Sie nickte.
    »Aber ich…«
    »Fahr los!«
    Gayle Bowman sagte nur diese beiden Worte, doch die reichten aus, um Emily einen dicken Schauer über den Rücken laufen zu lassen. Die Stimme hatte so anders geklungen, so kratzig, fast nicht mehr menschlich. Sie war nicht in der Lage zu starten, weil sie Gayle einfach anschauen mußte. Das Licht aus der offenen Tür erreichte mit seinem Ausläufer auch die Scheibe und flimmerte hindurch.
    Ein wenig wurde auch das Gesicht der Gayle Bowman berührt, und Emily erkannte, daß sich auf der Haut etwas verändert hatte.
    Sie war längst nicht mehr so hell wie sonst. Sie zeigte einen dunklen Schatten, als hätte jemand mit einem Pinsel graue Farbe darüber gestrichen. Sie verteilte sich auch nicht gleichmäßig. Einmal war sie dunkel, dann wieder heller, so bildete sie Kontraste.
    Und das Gesicht?
    Es wirkte selbst in der Dunkelheit gespenstisch. Auch wegen der andersfarbigen Haut. Die Augen hatten einen völlig anderen Glanz bekommen. Die Pupillen wirkten wesentlich kälter.
    »Fahr!«
    »Ja, ja, Gayle. Und wohin?« Emily war durcheinander. Sie warf einen Blick durch das

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