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0559 - Kapitän Sensenmann

0559 - Kapitän Sensenmann

Titel: 0559 - Kapitän Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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in den Scheiben. Die Haut wirkte so dunkelgrau wie das angeschmutzte Fenster.
    Vor sich hinsinnierend ging sie weiter. Der Weg schlängelte sich durch die flache, mit Gras und Moos bewachsene Landschaft, aus der graue Felsen manchmal wie Köpfe oder Türme hervorragten. Sie alle hatten Wind und Regen im Laufe der Zeit blankgewaschen und noch tiefer mit dem Boden verwurzelt.
    Auch dieser Tag gehörte zu den typischen im Herbst. Ein weiter Himmel spannte sich über dem Land. Er zeigte die Farbe von heller Asche. Dazwischen hingen, wie von einer Riesenhand gezeichnet, Wolkenberge. Träge zogen sie über den Himmel.
    Als Mrs. Bowman die Reste des alten Leuchtturms passierte, konnte sie den Ort sehen. Appledore lag eingebettet in eine flache Senke.
    Nur der graue Kirchturm ragte über die Dächer der übrigen Häuser hinweg. Die Kirche stammte noch aus spätromantischer Zeit, war nie zerstört worden und ein Zeichen für den Glauben, der die Jahrhunderte überdauert hatte, trotz vieler Angriffe von außen.
    Die Menschen hier waren gläubig, aber auch abergläubisch. Sie achteten noch auf die Zeichen der Natur, die Einsamkeit der Landschaft besaß trotz allem eine Sprache, die nur diejenigen verstanden, die auch in der Nähe lebten.
    Breite Ställe duckten sich in das Gelände hinein. Zwischen den Wänden fanden Schafe und Kühe ihre Plätze, wenn es draußen zu kalt wurde. Ein alter Schäfer begegnete der Frau und freute sich, mit ihr ein paar Worte wechseln zu können.
    Dann ging er weiter.
    Appledore gehörte zu den ärmeren Orten. Es gab keine Prunkhäuser oder Landhäuser reicher Städter. Auch keine Burgen, die es zu beseitigen gelohnt hätte. Wer hier lebte, blieb von dem üblichen Trubel verschont.
    Hecken und Steinwälle schützten die Äcker gegen den immer wehenden Wind. Im Ort selbst war nur eine Straße gepflastert worden.
    Auch dort wuchsen zwischen den Steinen die dünnen Unkrautfinger.
    Der Lebensmittelhändler war dabei, seine Fensterrahmen von außen zu streichen. Das mußte noch vor dem Einbruch des Winters geschehen. In wenigen Tagen schon konnte der Schnee die Gegend wie ein Leichentuch überdecken.
    »Ach, du bist es«, begrüßte er Mrs. Bowman, als sie neben der Leiter stehenblieb.
    »Ja, Henry. Ich habe mal eine Frage. Könntest du mir die Lebensmittel trotz deiner anderen Arbeit noch nach Hause bringen?«
    »Ich nicht. Das macht Emily.«
    »Danke, da bin ich froh.«
    »Geh nur hinein, sie ist im Laden.«
    »Bis gleich dann.«
    Die Ladentür hatte bereits einen neuen Anstrich erhalten. Harriet drückte sie vorsichtig auf. Eine alte Glocke schepperte zwischen Tür und Decke. Hinter dem mit Waren vollgepackten Verkaufstresen richtete sich eine Frau im weißen Kittel auf, strich eine Haarsträhne aus der Stirn und wunderte sich, als sie Mrs. Bowman sah.
    »Du hast uns aber lange warten lassen, Harriet. Wir dachten schon, es wäre etwas passiert.«
    »Was sollte denn geschehen sein?«
    »Nun ja, nur so.«
    »Ich brauche wieder Lebensmittel.«
    Emily deutete in die Runde. »Du kannst dir aussuchen, was du willst. Wir haben alles, zudem wird es frei Haus geliefert.«
    »Das sagte mir dein Mann schon.«
    »Ich will nur eben einige Dosen hier unten einräumen. Wir haben heute eine neue Lieferung bekommen. Ich habe einiges im Sonderangebot. Vor allen Dingen Konserven, die sich noch einige Monate halten. Das wäre etwas für dich, Harriet.«
    »Leg sie schon raus.«
    Emily gehörte zu den resoluten Frauen. Manche Männer bezeichneten sie auch als einen weiblichen Feldwebel. Das lag sicherlich nicht allein an der Figur, bestimmt auch an ihrer Kommandostimme, deren Kasernenhoftöne im ganzen Dorf zu hören waren. Sie besaß eine kräftige Figur, einen großen, wogenden Busen und gehörte zu den Frauen, die keine Arbeit scheuten.
    Während Harriet Bowman Waren aus den Regalen nahm und sie in einen großen Karton füllte, kam Emily hinter der Theke hervor und sprach die Kundin an. »Hast du schon von diesen fürchterlichen Morden an den vier Fischern gehört?«
    Harriet Bowman, die nach einer Flasche mit Speiseöl greifen wollte, erstarrte mitten in der Bewegung. »Was sagst du da? Morde?«
    »Ja.«
    Langsam rutschte ihre Hand nach unten. Erst dann drehte sich Harriet um. Sie war bleich geworden.
    »Ist dir nicht gut?«
    »Doch, doch.« Sie nickte heftig. »Ich… ich war noch geschockt, als du mir das gesagt hast.«
    »Das waren wir auch.«
    »Wie ist es denn passiert?« fragte Harriet flüsternd, als hätte

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