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056 - Der Banknotenfälscher

056 - Der Banknotenfälscher

Titel: 056 - Der Banknotenfälscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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überkam.
    »Ich glaube schon. Warum auch nicht? Er versteht es, mit den Leuten zu reden, und bei Nervenkrankheiten ist es doch viel wichtiger, ihr Vertrauen zu erwerben als besonders gelehrt zu sein . . .«
    In diesem Augenblick hörten beide einen gellenden Schrei, der wie das Aufheulen eines verwundeten Tieres klang.
    Marjorie sprang mit angstverzerrtem Gesicht auf. »Was war das? Was war das?« flüsterte sie.
    Jane wollte zum Fenster gehen, aber Marjorie hielt sie fest.
    »Nicht, nicht«, flehte sie. »Machen Sie wenigstens zuerst das Licht aus!«
    Jane blieb vollkommen ruhig. Sie trat zum Bett, schaltete das Licht aus und schob dann die schweren Fenstervorhänge auseinander. Jetzt herrschte völlige Stille, man hörte nur das Rascheln der Blätter im Wind und von fern her das Pfeifen einer Lokomotive.
    »Was kann das nur gewesen sein?« fragte Marjorie und hielt sich an Janes Arm fest.
    »Vielleicht nur der Schrei einer Eule«, vermutete die junge Frau.
    Sie zog die Vorhänge wieder zu und führte Mrs. Wells, die tatsächlich einer Stütze bedurfte, zum Bett. Als sie das Licht wieder eingeschaltet hatte, lag Marjorie heftig schluchzend auf den Kissen, und es dauerte eine geraume Zeit, bis sie sich wieder beruhigte.
    Während Jane am Bettrand neben ihr saß, hatte sie plötzlich den Eindruck, als höre sie ein Brett des Flurs knarren. Sie schlich zur Tür und lauschte, - doch nun war es ganz still. So ging sie wieder zu ihrem Schützling zurück.
    Marjorie hatte sich aufgerichtet und starrte sie an:
    »Jane, das war keine Eule, das war der Schrei eines Wahnsinnigen! Donald hat mich einmal in ein Irrenhaus geführt - und die Schreie, die ich dort gehört habe, klangen genauso wie das, was wir eben vernommen haben.« Sie schauderte, und einen Augenblick glaubte Jane, daß Marjorie wieder zusammenbrechen würde, aber sie beherrschte sich doch.
    »Ich bin schon ganz hysterisch - was war denn das wieder?« Sie klammerte sich an Jane.
    »Es ist jemand auf der Treppe; ich werde nachsehen.«
    »Nein, öffnen Sie auf keinen Fall die Tür! Bitte nicht!«
    Sie lauschten, aber das Knarren des Flurbrettes wiederholte sich nicht mehr. Sie hörten auch kein anderes Geräusch.
    Als eine Stunde später Jane wieder zum Fenster hinausschaute, dämmerte es schon, und der Garten lag im Zwielicht. Mrs. Wells hatte sich einigermaßen erholt, und der heue Schimmer, der durch den Spalt zwischen den Vorhängen hereindrang, brachte sie vollends wieder ins Gleichgewicht.
    »Verzeihen Sie mir, daß ich Ihre Nachtruhe gestört habe, aber ich möchte um keinen Preis noch einmal In diesem Hause schlafen. Wann werden Sie denn in die Stadt zurückkehren?«
    Jane zögerte mit der Antwort.
    »Vielleicht schon heute. Ich weiß es nicht. Peter hat ein Appartement im Ritz bestellt.«
    Marjorie blickte nachdenklich an ihr vorbei. »Ich würde gern einmal ausführlich mit Ihnen plaudern, aber wir müßten uns heimlich dazu treffen. Donald will nämlich nicht, daß wir uns näher kennenlernen, sonst hätten wir uns wohl schon öfter gesehen. - Würden Sie mich jetzt bis zu meiner Zimmertür begleiten?«
    Jane fragte lächelnd: »Sind Sie wirklich so furchtsam?«
    Die andere nickte.
    »Sie können sich gar nicht vorstellen, was für eine Angst ich habe«, sagte sie ernst.
    Als Jane wieder in ihr Zimmer zurückgekehrt war, hatte sie keine Lust mehr, wieder zu Bett zu gehen. Sie war vollkommen wach, und es gab so viel, worüber sie nachdenken mußte. Marjorie Wells hatte ihr den Arzt in einem neuen Licht gezeigt. Alle Würde und Gelehrtheit waren von ihm abgefallen. Es war kein angenehmer Gedanke, die Behandlung Peters einem solchen Manne anvertraut zu wissen . . . Und der Schrei? Ein kalter Schauer überlief sie, wenn sie sich daran erinnerte. Der Schrei eines Wahnsinnigen, hatte Marjorie behauptet. . . Sollte es Peter gewesen sein? Sie wurde fast ohnmächtig bei dem Gedanken, wies ihn aber auch gleich wieder von sich. Peter war in seinem Bett, das wußte sie.
    Sie blieb noch eine Weile vor dem Kaminfeuer sitzen, aber eine innere Unruhe trieb sie, das Zimmer ihres Mannes zu betreten.
    Das erste, was sie dort bemerkte, war, daß das Fenster offenstand und die Vorhänge nicht zugezogen waren. Über das Fensterbrett ragte das Ende einer rohgezimmerten Gartenleiter empor. Dann blickte sie auf das Bett. Das hohe, geschnitzte Fußende ließ sie nur Kopf und Schultern ihres Mannes sehen, und sie seufzte erleichtert auf. Er hatte noch seinen Smoking an und lag

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