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0560 - Der Rattenmensch

0560 - Der Rattenmensch

Titel: 0560 - Der Rattenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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meinem gebeugten Rücken spürte.
    Torday hatte zugefaßt. Er lachte, bevor er mit krächzender Stimme sagte: »Hast du sie gehört, meine kleinen Freunde?«
    »Sie waren nicht zu überhören!«
    »Ja, sie sind immer bei mir. Sie umgeben mich. Es sind wunderschöne Tiere. Leg dich hin. Solange ich bei dir bin und ihnen nicht sage, daß sie dich zerfetzen sollen, ist alles gut.«
    Der Druck verschwand von meinem Rücken. »Sag mal, du kannst mit ihnen reden?«
    Torday gab mir keine normale Antwort. Er wälzte sich auf den Rücken und pfiff wie eine Ratte…
    Das konnte ja heiter werden…
    ***
    Der andere Morgen war ebenso trübe, wie der vergangene Tag aufgehört hatte. In den Stunden nach Mitternacht hatte ich tatsächlich noch etwas Schlaf finden können, trotz des Trappelns zahlreicher Rattenfüße hinter den Mauern.
    Die anderen Laute waren schlimmer. Die weckten selbst Tote. Das grelle Echo der Trillerpfeifen auf den Fluren, das Schlagen harter Fäuste gegen die Zellentüren, die barschen, wütenden Stimmen, denn auch die Aufpasser waren sauer darüber, daß sie so früh auf den Beinen sein mußten. Das alles um halb sechs Uhr morgens.
    Janos stand als erster auf, reckte sich wieder und wirkte ziemlich frisch. »Du solltest dich beeilen. Es gibt immer Gedränge.«
    »Wo?«
    »In der Waschanlage, der Kaue.«
    Die lernte ich Minuten später kennen. Sie war kalt, warmes Wasser gab es nicht. In der Mitte des großen, gekachelten Raumes standen sich die beiden langen Beckenreihen gegenüber. Wer sich ganz waschen wollte, stieg in das Becken und hockte sich nieder.
    Ich verzichtete zunächst darauf. Seife bekam ich ebenfalls. Sie war nicht einmal so lang wie ein halber Finger und auch nicht so dick.
    Mir fiel auf, daß sich Hadek, der Österreicher, in meiner Nähe aufhielt und mich genau aus seinen dunklen, tückischen Knopfaugen beobachtete. Mit dem würde ich bestimmt noch »Freude« bekommen.
    Ich wusch mich so wie die meisten anderen. Das eiskalte Wasser strömte über mein Gesicht und den Oberkörper. Manche Gänsehaut zeichnete sich auf den Gestalten ab.
    Viele meiner Mitgefangenen waren tätowiert. Auf manchen Armen und Brustkörben entdeckte ich die abenteuerlichsten Motive.
    Die Stimmung unter den Männern war gereizt. Wahrscheinlich überwogen die Morgenmuffel, aber niemand traute sich, einen anderen anzugreifen. In westlichen Gefängnissen brachen sich die Emotionen oft freie Bahn. Es kam zu Schlägereien, Überfällen und sogar Morden. Ich ging davon aus, daß die Auseinandersetzungen in diesem Laden nicht so offen ausgetragen wurden. Mehr versteckt und tückischer.
    Hadek hätte auch in die Zelle gepaßt. Er kam zu mir, als ich mich mit einem blauen, kratzigen Handtuch abtrocknete. Vor mir blieb er stehen und stemmte die Fäuste in die Hüften. Eigentlich war er eine lächerliche Figur. Nur hütete ich mich, über ihn zu lachen. »Es wird bald Zeit für eine Dusche«, sagte er.
    »Gern.«
    Er lachte breit. An der rechten Seite der Uniformjacke steckte eine Pistole. Aufpasser in westlichen Gefängnissen konnten es sich kaum leisten, so offen Waffen zu tragen. »Die Dusche wird besonders, Engländer. Ich hasse Leute, die unsere Währung kaputtmachen wollen. Ihr verdammten Devisenschmuggler.«
    Bevor ich eine Antwort geben konnte, ging er. Seine hart aufgesetzten Tritte hallten als Echos an den Fliesenwänden wider. Janos und ich schauten ihm hinterher.
    »Hat er was gegen mich?« wollte ich wissen.
    »Er mag dich nicht.«
    »Das merke ich.«
    »Du mußt aufpassen. Seine Duschen sind gefährlich.«
    Ich schlüpfte in mein Unterhemd. »Ach ja?«
    Janos gab keine weitere Erklärung ab. Schweigend zog auch er sich an. Die Waschzeremonie näherte sich ihrem Ende. Wir mußten in Zweierreihen antreten. Janos Torday stand neben mir. Noch einmal kam er auf Hadek zu sprechen. Böse stieß er den Satz zischend hervor. »Die Ratten werden ihn bald fressen…«
    Diesmal enthielt ich mich einer Erwiderung, machte mir jedoch meine Gedanken.
    Wir marschierten in den Raum, wo gefrühstückt wurde. Lange Bankreihen, Sitzflächen ohne Lehnen, eine hohe Decke, schmale Fenster mit Gitterstäben davor, durch die noch immer kein Tageslicht sickerte. Wir tranken Malzkaffee, aßen das Brot und hockten gebückt an den langen Tischen. Schmatzen und Schlürfen erfüllte den Raum. Die Aufpasser – vier an der Zahl – bewegten sich hin und her. Sie beobachteten mit Argusaugen jede unserer Bewegungen.
    Ich war froh gewesen, die Hose

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