0560 - Satans treue Diener
nein…«
Robin zuckte mit den Schultern.
»Seit Chirac den weltweiten Rummel um seine Atombombentests ausgelöst hat, fühle ich mich nicht mehr sonderlich patriotisch. In seiner Sturheit hat er’s wie kein anderer Staatschef geschafft, unsere Grande Nation ins moralische Abseits zu manövrieren. Aber als Staatsdiener darf ich so was ja nicht mal äußern, also habt ihr auch nichts gehört.«
Sie nickten verständnisvoll.
Über der Eingangstür des Lokals grinste ihnen ein großer, aus Holz geschnitzter Teufelskopf mit mächtigen Hörnern entgegen. Darüber hing das Leuchtschild mit der blutroten, zitterigen Schrift ZUM TEUFEL.
Mostache, der Wirt des Lokals, war angesichts der Verbundenheit der Dorfbevölkerung mit dem dämonenjagenden Schloßherrn der Meinung, daß dieser Name der einzig passende für die beste und einzige Gastwirtschaft des kleinen Ortes sei…
Das Lokal war an diesem Abend gut besucht, trotzdem fanden Zamorra und seine Begleiter Platz. Mostache lotste sie an den »Montagne-Tisch«, der für den Parapsychologen und seine Freunde dauerreserviert war. Daß wirklich einmal drangvollste Enge herrschte, war bei dem enormen Platzangebot der Gaststube kaum möglich.
Zamorra orderte drei »Asmodis-Spezial« und die Speisekarte.
»Vier Asmodis-Spezial«, korrigierte eine junger Mann.
Er hatte sich aus der geselligen Runde eines Nebentisches gelöst und setzte sich ungefragt zu ihnen.
Pascal Lafitte hatte schon einige Abenteuer zusammen mit Zamorra und Nicole erlebt, und nebenberuflich sortierte er für Zamorra internationale Zeitungen vor, um Artikel herauszusuchen, die irgendeinen Bezug zu Dämonen, Okkultismus oder anderen übernatürlichen Erscheinungen hatten. Meist schickte er die Artikel als Datei direkt in Zamorras Computer, manchmal drückte er sie ihm aber auch als ausgeschnittene Papierschnipsel direkt in die Hand, wenn man sich persönlich begegnete.
»Ich hab geahnt, daß ihr heute hier auftaucht«, sagte er nach der Begrüßung, dann zog er einen zusammengefalteten Zeitungsartikel aus der Brusttasche seines Hemdes. »Hier, Zamorra. Vielleicht interessiert dich das. Ist brandneu.«
»Und schon zerknittert«, rügte Nicole. »Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst die Zeitungsblätter nicht so oft falten. Das erschwert das Einscannen. Ich habe keine Lust, immer wieder -zig Seiten engbedruckten Text abzutippen.«
»Sind größtenteils Fotos, und die sind so schlecht, daß keine Scanner-Software da mehr als düstere Schatten herausholt. Außerdem habe ich den Text schon eingelesen und schicke ihn morgen per DFÜ zu euch rüber. Heute hatte ich keine Lust mehr.«
Zamorra faltete das Papier auseinander.
Die Schlagzeile alarmierte ihn.
JUPITER AMMON - Sekte des Satans?
***
»Jetzt wird es interessant«, murmelte Zamorra.
Die Zeitung stammte aus Orleans, und der Artikel war als eigene Meldung deklariert. Drei ziemlich schlechte, verschwommene Fotos illustrierten den Text.
Eines der Bilder zeigte im Licht brennender Kerzen einen alten, weißhaarigen Mann, der mit einer langen Nadel in ein großes, stilisiertes Herz stach - ob Stoff oder Kunststoff, ließ sich auf dem Bild nicht erkennen, aber ein echtes Herz war es nicht.
Das symbolhafte Herz lag halb auf dem Brustteil einer kleinen Gliederpuppe.
Das zweite Foto zeigte einen Mann und eine Frau. Sie trugen lange, dunkle Roben und Augenmasken. Die Frau hielt eine rauchende Feuerschale, vor der Brust des Mannes hing eine Art Amulett. Trotz der schlechten Bildqualität waren mit etwas Phantasie die gleichen verschlungenen Linien zu erkennen wie auf den Sigill-Münzen.
Das dritte Bild schließlich zeigte ein nacktes Mädchen. Es lag auf einer Art Altar. Im Hintergrund war ein unentwirrbares Durcheinander weiterer nackter Leiber in enger gegenseitiger Umschlingung zu erkennen.
Im Text war die Rede von einer orientalischen Geheimsekte, die sich in Orleans festgesetzt habe. Dort, an einem geheimen Ort, halte sie zügellose Orgien ab.
Dem Reporter sei es gelungen, heimlich in den verborgenen Tempel einzudringen und die Angehörigen der Sekte bei ihren orgiastischen Kulthandlungen zu fotografieren. Von Satansanbetung war die Rede, von gotteslästerlichen Ritualen.
Von Tieropfern, in deren Blut man sich wälze…
Die Frage, ob es nicht vielleicht sogar Menschenopfer gäbe, blieb nicht ungestellt.
Vorsichtshalber warf Zamorra noch einmal einen Blick auf die Kopfzeile der Zeitung. Er vergewisserte sich, daß er es nicht mit einem
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