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0562 - Die Zeit der Reptilien

0562 - Die Zeit der Reptilien

Titel: 0562 - Die Zeit der Reptilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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fauchend floh.
    Neter-Sekhet runzelte unwillig die Stirn.
    Aber einem Menem-Set, der einen Gott mit dem Messer verletzt hatte, kam es auf ein Sakrileg mehr oder weniger nicht mehr an.
    »Also, was willst du?« forschte der Beamte und ließ die Schreibfeder wieder über das Papyros kratzen.
    Die Tinte zerlief ein wenig, und Neter-Sekhet warf das Schreibwerkzeug zornig zur Seite.
    »Du machst meine Hand zittern«, fuhr er den Dieb an. »Schau, was du angerichtet hast! Weißt du, was es kostet, ein neues Papyros zu beschaffen? Ich muß zwei weitere Blätter beschreiben, um die Beschädigung dieses Blattes zu begründen, und noch mehr Blätter, um zu begründen, warum ich diese zwei weiteren beschreiben mußte, um die Beschädigung des ersten zu begründen. Und schließlich kriege ich doch nur ein Blatt ersetzt und komme nicht mehr aus, weil ich zu viele Blätter sinnlos verschrieben habe! Wie soll ich ordentliche Listen führen können, wenn du… hach, die Krokodile sollen dich fressen, Narr!«
    »Das wird vielleicht bald schon geschehen, auch ohne deine Wünsche«, sagte Menem-Set leise. »Übrigens… es ist nicht meine Anwesenheit, die deine Hand zittern ließ, es ist deine Schreibfeder. Du hast vergessen, sie nachzuspitzen. Gib sie her, ich mache es für dich.«
    Er griff nach der Feder, holte sein Messer unter dem Leinenschurz hervor und schnitt das Ende des Federkiels neu an.
    Entgeistert starrte Neter-Sekhet auf die beschmutzte Klinge.
    »Du besitzt, ein Messer? Hast du den Verstand verloren? Wenn man dich damit ergreift, bist du des Todes!«
    »Ich sagte schon, das bin ich ohnehin«, erwiderte der Dieb. »Wenn du willst, versuche ich, dir vorher noch ein paar neue Papyri zu stehlen.«
    »Was ist das an deinem Messer?« Der Beamte wies auf die Verschmutzung.
    »Das ist Sobeks Blut«, sagte Menem-Set.
    Neter-Sekhet sprang auf.
    »So - So - So… Sobeks Blut? Was bedeutet das?«
    »In der vergangenen Nacht verletzte ich den Gott mit diesem Messer, als wir beide uns in den Tempelhallen begegneten. Noch rief er mich nicht, aber ich will ihm zuvorkommen. Ich stehle dir noch ein paar Papyri, dann wirst du, nachdem ich mich getötet habe, dafür sorgen, daß ich in Osiris aufgehe. Ich benötige ein paar Grabbeigaben, damit ich nicht als Ärmster der Armen durch das Totenreich irren muß - ich will nicht auch dort ein Dieb sein müssen. Ich brauche ein Totenbuch, um mich mit Zaubersprüchen der bösen Kräfte zu erwehren. Sie werden versuchen, mein Ka und mein Ba zu zerstören.«
    »Sage nicht, du willst auch noch mumifiziert werden«, fauchte Neter-Sekhet fassungslos.
    »Das wäre sicher zu teuer. Ich habe kein Geld.«
    »Glaubst du, ich? Wer, denkst du, bin ich? Der Wesir des Südens oder gar der Pharao selbst? Ist es meine Schuld, daß ein Gott deinen Tod will? Du bist ein Dieb. Beschaffe dir, was du bènötigst, dann werde ich mich um deinen Leib kümmern.«
    »Du weißt, daß man alles stehlen kann, aber kein Totenbuch«, erinnerte Menem-Set ruhig.
    »Aber man kann es auch nicht kaufen!« schrie der Beamte. »Zumindest ich kann es nicht kaufen! Weißt du nicht, wie teuer es ist? Einen ganzen Deben wollen sie im Tempel dafür haben! Weißt du, wie lange ein Arbeiter dafür auf den Feldern oder in den Steinbrüchen und Schmieden schuften muß? Bestimmt ein halbes Jahr! Wenn nicht länger! Und dann hat er noch nichts, urn seine Familie zu nähren oder sich Kleidung zu beschaffen oder sein Hausdach zu flicken! Du hast den Verstand verloren, Menem-Set!« [4]
    »Du bist kein einfacher Arbeiter, sondern verdienst als Beamter schon ein wenig mehr. Außerdem schuldest du mir einen Gefallen, Neter-Sekhet.«
    »Aber dieser Gefallen kann nicht so groß sein! Einen Deben! Woher soll ich so viel Geld nehmen? Ich habe eine Frau und sieben hungrige Kindermäuler, die ich füttern muß. Und ich muß Rücklagen schaffen, denn ich werde eines Tages selbst ein Totenbuch benötigen. Und wenn du glaubst, daß ich viel Geld verdiene - ja, was glaubst denn du, wo es bleibt? Ich muß teure Kleidung kaufen, kann nicht so zerlumpt herumlaufen wie du! Schließlich verliert man sonst den Respekt vor mir! Ich muß Papyros und Tinte kaufen und Schreibfedern, wenn sie zerbrechen oder so kurz geworden sind, daß ich sie nicht mehr nachspitzen kann, und ich muß…«
    »Einmal in meinem Leben - zum letzten Mal in meinem Leben! - bitte ich dich um einen Freundschaftsdienst, und du hast nichts Eiligeres zu tun, als ihn mir zu verweigern. Ich hätte

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