0562 - Mordnacht in Paris
ein Sprichwort eingefallen. Vor dem Fest geht der Teufel auf Stelzen durch die Welt. Das hatte mir meine Mutter schon als Kind beigebracht.
Katastrophen hier, Katastrophen dort. Ich war gespannt, was uns in Paris erwartete.
Uns – das waren Suko, Jane Collins und ich!
Ausgerechnet Jane Collins. Ihr hatten wir die Reise nicht ausreden können, denn Sarah Goldwyn hatte ihr tatsächlich in der Nacht noch Bescheid gegeben. Prompt hatte Jane mich angerufen und so lange bekniet, bis ich zustimmte.
Von Sir James hatten wir die Genehmigung zu dieser Reise ebenfalls bekommen, waren mit der zweiten Maschine in Richtung Paris geflogen und trafen am Mittag im Hotel ein, wo für uns Zimmer reserviert worden waren.
Lady Sarah erwartete uns in der Lobby. Sie trug ein graues Kostüm, dessen Schnitt modern war. Die Jacke lief zur Taille hin schmal zu, der Rock war eng, aber nicht so eng, als daß sie nicht darin hätte laufen können.
»Hallo«, sagte sie und lächelte uns an, als wäre überhaupt nichts geschehen.
Ich machte ein böses Gesicht.
»Was ist denn?«
Jane gab die Antwort. »Er ist sauer, weil du mich informiert hast, Sarah.«
»Zu recht«, sagte ich.
Die Horror-Oma hob die Schultern. »Du mußt das nicht so eng sehen, John. Jane ist wieder fit. Denke an die vergangenen Zeiten, als sie noch mitmischte. Da hast du auch nichts dagegen gehabt, daß sie euch zur Seite stand. Also stell dich nicht so an. Mein Haus in London besitzt eine Alarmanlage, man kann es ruhig allein lassen. Und noch etwas will ich dir sagen, mein Junge.« Lady Sarah redete sich so richtig in Fahrt. »Jane Collins hat genug gelitten. Denk daran, daß sie tagsüber als halbe Mumie umhergelaufen ist und nur in der Nacht ihr normales Aussehen zurückbekam. Vergiß bitte nicht, was sie gelitten hat. Daß sie voller Tatendrang steckt, ist doch klar!«
»Verständlich!« Die Antwort kam von Suko.
»Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken!«
»Außerdem«, sagte Jane maliziös lächelnd, »sehen acht Augen mehr als sechs.«
»Stimmt«, gab Lady Sarah zu.
Ich schaute Jane an. Ihr beigebrauner Kaschmirmäntel fiel weich bis gegen die Knie, wo er sie schmeichelnd umspielte. Sie trug die Haare gelockt, hatte ein leichtes Make-up aufgelegt und sah top aus.
Spuren der nahen Vergangenheit waren ihr nicht anzusehen.
Ich lächelte gequält, als Lady Sarah uns bat, die Zimmer in Beschlag zu nehmen. »Wir treffen uns in der Halle und legen einen Schlachtplan fest.«
»Ist gut.«
So ganz inoffiziell war unser Besuch nicht. Sir James hatte seine Beziehungen spielen lassen und den Polizeipräfekten von Paris eingeschaltet. Angeblich war sogar der Innenminister informiert worden, denn die Mordserie in Montmartre bereitete auch ihm große Sorgen, weil er unter dem Druck der Presse stand.
Wir hatten keinen Boy mitgenommen. Die Zimmer fanden wir auch allein. Sie lagen im fünften Stock.
»Wie machen wir es?« fragte Suko und grinste. »Ein Doppelzimmer, ein Einzelzimmer. Wer schläft mit wem?«
Ich grinste. »Suko, ich bin zwar dein Freund, aber ich weiß auch, daß du schnarchst…«
»Schon verstanden, John.« Er grinste von Ohr zu Ohr. »Ich werde das Einzelzimmer nehmen.«
»Bist du sauer?«
»Moment mal«, sagte Jane. »Mich hat niemand gefragt.« Sie tippte mir mit dem Zeigefinger gegen die Brust. »Du hast während des Flugs nur gemotzt, weil ich mitgeflogen bin. Jetzt brauchst du dich nicht mehr aufzuregen, denn ich werde das Einzelzimmer nehmen. Wie es sich gehört, mein Lieber. Auch für Paris.«
Suko grinste noch breiter, Jane lachte, und ich stand da wie ein begossener Pudel.
Jane hatte bereits den Schlüssel genommen, warf ihn hoch, fing ihn auf und schloß die Tür auf.
Ich betrat als erster das Doppelzimmer und wuchtete meinen Koffer wütend auf das Bett.
»Wie sagen noch die Franzosen?« meinte Suko. »Chercher la Dingsbums. Wer kennt schon die Frauen?«
»Keiner.«
»Richtig.«
Ich ging in das kleine Bad, wusch mir die Hände und ließ auch Wasser in mein Gesicht spritzen. Suko tat das gleiche. Anschließend fuhren wir nach unten.
Jane Collins und Sarah Goldwyn hockten schon zusammen. Vor ihnen stand Kaffee.
»Du auch?« fragte die Horror-Oma.
Ich entschied mich für Tee, ebenso wie Suko. Jane lächelte mir zu.
Sie trug an diesem Tag einen flaschengrünen Rock der Designerin Jill Sanders und einen rosenholzfarbenen Pullover dazu. Auf dem weichen Material schimmerten die Glieder einer schmalen Goldkette.
Jane hatte
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