0566 - Hexenreich
die Barbaren zu vernichten.«
Das glaubte ich ihr nicht ganz. »Gut«, sagte ich trotzdem. »Du hast jetzt über Jane gesprochen. Was ist mit Bill Conolly? Weshalb hast du auch ihn entführt?«
»Er hat ein Sigill auf der Brust.«
»Ja, das Dreieck«, sagte Sheila.
Die Person auf dem Rücken des weißen Hirsches nickte sehr langsam. »Es ist wichtig, denn dieses Brandmal stammt von einer Person, die auch in Aibon nicht ganz unbekannt war. Alva, die Feuerhexe. Sie hat einmal zu diesem Land gehört, bevor sie es verließ und sich den Kräften der Hölle zuwandte. Bill Conolly ist damals in ihre Fänge geraten und hat überlebt. Für mich ist es ein gutes Zeichen gewesen.«
»Ja, ich weiß. Bill hat damals nicht aus eigener Kraft überlebt. Ich habe mitgeholfen.«
»Auch das ist mir bekannt. Er hat den Ruf vernommen. Sein Brandmal begann zu schmerzen. Es war das Zeichen dafür, daß sich in seinem Leben etwas ändern wird. Er muß an Janes Seite kämpfen, sie unterstützen. Die Kraft des Mannes, die magischen Kräfte der Frau. Hinzu werde ich stoßen und dein Kreuz bei mir tragen. Nur so kann es uns gelingen, Guywano zu stoppen. Und ich werde den Dunklen Gral bekommen, der…«
»Irrtum, Margareta. Du bekommst weder ihn noch das Kreuz. Ich denke nicht daran, mich von meinen wertvollsten Waffen zu trennen.«
»John!« rief Sheila laut. »Denke an Bill und Jane. Was du da sagst, das ist…«
Ich streichelte ihren Arm mit einer sanften Bewegung. »Keine Sorge, daran denke ich schon. Ich will sie auch zurückhaben, aber ich werde selbst nach Aibon gehen und sie holen. Oder hast du etwas dagegen, Margareta?«
»Das habe ich. Du mußt in London bleiben. Mir reichen deine Waffen, John Sinclair.«
»Aber mir nicht.«
Sie wartete. »Ist das dein letztes Wort, Geisterjäger?«
Ich lachte. »Du kennst sogar meinen Spitznamen. Kompliment. Ja, es ist mein letztes Wort gewesen. Entweder wir beide oder keiner. Mehr kann ich dir nicht zusagen.«
Sie überlegte, schaute Sheila an, dann mich. Sheila stand rechts neben mir. Obwohl sie sich nicht bewegte, spürte ich ihre Unruhe. Ich konnte sie gut verstehen, aber ich mußte in diesem Fall hart bleiben.
Wenn ich die Waffen freiwillig an eine Unbekannte abgab, konnte damit viel Unheil angerichtet werden, denn ich wußte nicht, wer Margareta war. Nur soviel, daß sie sich zu den positiven Hexen zählte, aber das hatte sie mir auch nicht beweisen können.
Nadine hockte vor der Tür zum Flur und knurrte leise. Sie mochte die Person nicht. Und auf das »Urteil« eines Tieres sollte man sich als Mensch ruhig verlassen. Die Vierbeiner spüren gewissen Dinge, die uns verborgen bleiben.
Margareta startete noch einen Versuch. »Du willst sie also allein in der anderen Welt lassen?« fragte sie.
»Nein, das will ich nicht. Ich werde dich begleiten. Wir können uns gemeinsam der Gefahr stellen. Wenn dir etwas daran liegt, Guywano zurückzuschlagen, dürftest du meine Hilfe nicht abweisen. Doch mir scheint, als wärst du nicht darauf erpicht, daß Guywano…«
»Rede nicht so!« fuhr sie mich an. »Es geht nicht nur um ihn. Es sind noch seine Helfer da, die gefährlichen Dacs, die Barbaren. Der Druidenfürst versucht, auch andere auf seine Seite zu ziehen. Er will die Heerscharen der Hölle an sich binden. Es sind furchtbare Wesen, aber am schlimmsten sind die, die ebenfalls erscheinen sollen.«
»Vier Reiter?«
»Du wirst sie kennen!«
»Ja, AEBA!«
»Das ist richtig. Die Horror-Reiter. Die Übermittler der Pest, des Schwarzen Tods, wie die Menschen im Mittelalter die Seuche genannt hatten.«
Mir war es kalt den Rücken hinabgelaufen. Mit AEBA hatten wir furchtbare Erfahrungen gemacht. Lange Zeit waren sie im Tunnel der Zeiten untergetaucht. Für mich waren es Söldner, die dem Teufel dienten. Sie hatten sich auf seine Seite geschlagen. Wo sie erschienen, regierte das Grauen. Sie in Aibon? Das war mir neu.
»Die Horror-Reiter sind also da?«
»Noch nicht«, erklärte die Hexe, »noch nicht. Wenn sie erscheinen, muß es jemand geben, der sie stoppen kann. Das will ich sein. Und zwar mit deinen Waffen. Jetzt weißt du Bescheid, Sinclair.«
»Sicher.«
»Bleibst du noch immer bei deinem Entschluß?«
Ich nickte ihr zu.
Neben mir atmete Sheila heftig. Auch sie kannte die Horror-Reiter und sah natürlich Bills Chancen sinken. Noch besaß ich allerdings keinen Beweis dafür, daß die Horror-Reiter tatsächlich Aibon angreifen wollten. Die Hexe konnte mir viel erzählen.
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