0566 - Hexenreich
mir fast gedacht. Aibon also – das ist das Land, aus dem du kommst. Nur seltsam, daß ich dich bei meinen Besuchen dort noch nicht kennengelernt habe.«
»Aibon ist groß«, erklärte sie flüsternd. »Sehr groß sogar. Man kann nicht alles kennen.«
Ich nickte. »Das habe ich mittlerweile auch gemerkt. Ich frage mich nur, auf welcher Seite du stehst? Gehörst du zur düsteren Hälfte, zu Guywano oder zum Reich der Elfen, Feen und Legenden?«
»Nicht auf Guywanos Seite. Ihn hasse ich. Er ist unser Feind.«
»Wie schön, dann könnten wir ja zusammenkommen.«
»Das hoffe ich sogar.«
»Aber du hast dich Methoden bedient, die ich nicht billigen kann. Du hast zwei meiner Freunde in die andere Welt entführt. Ich mache dir einen Vorschlag. Hole sie wieder zurück, dann werden wir weitersehen. Einverstanden?«
»Nein!«
Diese klare Antwort hatte ich nicht erwartet. Auch Sheila nicht, die sich räusperte und wie auf dem Sprung stand. »Was soll das?« wollte ich wissen. »Dein Ziel hast du erreicht, du bist hier und…«
»Es fehlt mir noch etwas.«
»Und was?«
»Dein Kreuz!«
Ich schaute sie an, als hätte sie mir einen unsittlichen Antrag gemacht. Dann schüttelte ich den Kopf. Diese Geste bedeutete keine direkte Ablehnung, ich hatte etwas anderes damit im Sinn. Es war für mich nicht zu fassen, daß jemand mein Kreuz nach Aibon holen wollte.
»Nun?«
Ich hob den rechten Arm. »Darüber muß ich nachdenken. Du willst mein Kreuz haben?«
»Ja – und den Gral dazu!«
Diesmal konnte ich ein Auflachen nicht unterdrücken. »Das darf doch nicht wahr sein. Kreuz und Gral. Sag mal, bist du größenwahnsinnig? Weißt du nicht, daß es Dinge sind, die mir gehören? Wertvolle Waffen, die ich nicht aus den Händen geben kann.«
»Ja, das habe ich mir gedacht.«
»Dennoch willst du so etwas?«
»In der Tat, John Sinclair. Ich brauche sie, um das Grauen stoppen zu können. Ich werde mit deinen Waffen zurückkehren und gegen die Feinde vorgehen.«
»Und du meinst, daß ich sie so ohne weiteres hergebe.«
»Sonst wäre ich nicht hier.«
»Die ist verrückt, John!« flüsterte Sheila. »Verflixt noch mal, die kann nicht normal sein.«
Da bin ich mir nicht sicher, denn ich hatte eine Stufe weiter gedacht. Das schien auch Margareta gemerkt zu haben, denn ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, und so etwas wie ein wissendes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
»Es wäre wirklich besser, wenn du es tust. Nicht nur für mich und euch, sondern auch für die beiden, die sich in Aibon und damit also in Lebensgefahr befinden. Ihr könntet sie retten…«
»Das heißt, du läßt sie frei, sobald du den Dunklen Gral und mein Kreuz bekommen hast.«
Vom Rücken des Reittieres nickte sie mir zu. »Ja, so ist es, John Sinclair.«
»Und wenn ich nicht darauf eingehe?«
Sie hob nur die Schultern. Reden konnte sie nicht, weil Sheila ihr zuvorkam. »John, mach es!« flehte sie mich an. »Tu Bill und Jane diesen Gefallen. Ich will beide lebend wiedersehen. Das mußt du doch begreifen!«
»Klar, Sheila, das will ich auch. Trotzdem, diese Sache gefällt mir überhaupt nicht.«
»Weshalb…?«
»Sie ist mir zu einfach, weißt du.« Die nächsten Worte sprach ich lauter. »Weshalb bittest du mich nicht, mit dir nach Aibon zu gehen und mich um deine Probleme zu kümmern?«
»Das ist sehr einfach. Du wirst hier in deiner Welt gebraucht. Habe ich jedoch deine Waffen, kann ich einiges ändern und Guywanos Heere zurückdrängen.«
»Seine Druiden?«
»Nein, es sind keine Druiden. Er hat die Dacs auf seine Seite gezogen. Ein kriegerisches Volk aus den Bergen. Es sind Barbaren, die alles zerstören. Sie sind selbst in Aibon gefürchtet, denn sie stehen nur auf der Seite des Bösen. Guywano will es wissen. Er will uns vernichten.«
»Wer ist das?«
»Die Hexen, die Elfen, die Feen…«
»Du bist also eine Hexe?« fragte ich nach.
»Ja, das kannst du sagen. Ich bezeichne mich allerdings auch als Zauberin.«
»Okay, wenn du so gut bist, dann kannst du deine Dacs hinwegzaubern. Zudem hast du Unterstützung. Ich frage mich, weshalb du gerade Jane Collins und Bill geholt hast.«
»Dafür gibt es Gründe. Sie ist ebenfalls eine Hexe, aber keine, die dem Teufel nahesteht. Sie fällt in mein Gebiet, sie weiß es nur nicht. In Aibon wird sie aufleben und merken, daß sie mehr kann als nur leben. Dieses Land wird dafür sorgen, daß ihre richtigen Kräfte beflügelt werden, sie kann etwas tun. Zusammen mit mir wird sie es schaffen,
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