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0567 - Barbaren in London

0567 - Barbaren in London

Titel: 0567 - Barbaren in London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Nacht…
    ***
    Krischan hatte zuschlagen wollen, als er die Laute vernahm. Sein rechter Arm schien zu Eis geworden zu sein, er schlug nicht weiter, schaute nach links und sah das blaß gewordene Gesicht der dunkelhaarigen Margareta. Auf ihren Zügen zeichnete sich Staunen und Erschrecken ab. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie glaubte, Aibon hinter sich gelassen zu haben, diese Melodie aber konnte nur einer spielen.
    »Der rote Ryan ist hier!« hauchte sie und wurde unruhig. Ein Zeichen, daß sie ihn nicht mochte oder sich sogar vor ihm fürchtete.
    Auch der Barbar wußte Bescheid. Er hatte den roten Ryan nie gesehen, aber über ihn wurde auch im anderen Teil des Landes gesprochen. Man erzählte sich legendenhafte Geschichten von seinen Kräften, die er durch die Melodien aufbauen konnte.
    Der Arm mit der Keule sank im Zeitlupentempo nach unten. Auch die Hexe drehte sich um. Beide wollten nicht so reagieren, aber die gespielte Melodie zwang sie förmlich dazu.
    Sie drehten sich um.
    Auf diese Bewegung hatte der rote Ryan nur gewartet. Bisher hatte er in Deckung gestanden, nun löste er sich und kümmerte sich auch nicht um seine Begleiterin, denn das war seine Sache.
    Er ging nicht sehr schnell, setzte seine Schritte abgezirkelt und sehr genau. Jede Bewegung wirkte wie einstudiert und paßte zu der gespielten Melodie. Seine Fingerspitzen bewegten sich über die Oberseite der grünen Flöte hinweg, berührte die Löcher, machte sie frei, tippte die Spitzen wieder darauf, so daß er die unterschiedlichen Töne und Melodien produzieren konnte.
    Eines hatte sich im Gegensatz zur Aibon-Musik verändert. Die Melodien klangen längst nicht mehr so träumerisch, fröhlich oder einschmeichelnd, sie besaßen nun eine gewisse Aggressivität und sogar einen Willen zum Angriff.
    Der rote Ryan dokumentierte mit seinen gespielten Weisen, daß er die Konfrontation wollte.
    Die Dacs regten sich nicht. Sie blieben vorläufig auf der Straße als stumme Zuschauer.
    Aber Margareta mußte etwas tun, ob sie wollte oder nicht. Die Melodien zwangen sie einfach dazu. Sie drehte sich mit den trägen Bewegungen einer allmählich in Form kommenden Tänzerin um.
    Auch der Hirsch auf der Straße stand nicht mehr still. Sein Kopf zitterte, als er seiner Herrin zunickte, als wollte er sie begrüßen.
    Jane Collins war zurückgeblieben. Noch benutzte sie einen Baumstamm als Deckung. Sie dachte sorgenvoll über Lady Sarah, John Sinclair und auch Suko nach. Die Gedanken verwischten schnell, weil sie die weiteren Ereignisse gefangennahmen.
    Der rote Ryan führte Margareta regelrecht vor. Dem Spiel seiner Flöte konnte sie nicht entwischen. Die Melodien gingen ihr unter die Haut und veränderten ihre Verhaltensweisen.
    In ihrem engen, langen Kleid wirkte sie wie eine indische Tempeltänzerin, und so bewegte sie sich auch.
    Sehr stark in den Hüften, die Arme schwangen vor und zurück, die Hände drehten sich ebenfalls und bildeten Kreise, die sie mit den Fingern laufend in der Luft nachzeichnete.
    Sie mußte gehorchen! Die Melodie zwang sie dazu. Sie konnte nicht anders, der rote Ryan führte sie vor.
    Auch er zog seine Schau ab. Er blieb nicht starr auf dem Fleck, sondern schwang seinen Körper im Rhythmus der von ihm produzierten Melodien. Er beugte sich vor, richtete sich wieder auf, drehte den Kopf und damit auch sein Instrument.
    Die Melodien schwangen schrill in die Finsternis. Mal klangen sie traurig, mal hart und brutal, dann wieder etwas sanfter, so daß sich die Hexe während des Tanzes ein wenig ausruhen konnte. Ryan war der Fakir, sie die Schlange.
    Längst hatte sie den schmalen Weg verlassen und schritt durch den Vorgarten, wo ihre Füße tief in der weichen Erde versanken. Bodendecker störten sie nicht, mehr die blattlosen Zweige der Büsche.
    Sie griffen wie krumme Fingernägel nach ihr.
    Margareta ging weiter.
    Ihr Gesicht blieb nicht unbewegt. Auf dem spiegelten sich die Gefühle wider. Sie standen in einem krassen Gegensatz zueinander.
    Auf der einen Seite wollte sie dem Befehl nicht nachkommen, auf der anderen aber mußte sie gehorchen.
    Und so schritt sie noch weiter auf den roten Ryan zu, der die Melodie vom Tempo her verändert hatte.
    Wesentlich schneller spielte. Lockte sie noch stärker, führte sie regelrecht vor, und Margareta gehorchte noch immer. Der rote Ryan und damit auch das Land Aibon hielt sie fest in seinem Bann.
    Jane blickte zu ihrem Reittier hinüber. Der Hirsch stampfte auf der Stelle. Er zitterte noch immer,

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