057 - Der Teufel führt Regie
trinken, um das Gefühl zu haben, in Form zu sein.
Rückschläge privat und im Beruf verleiteten ihn dazu, noch öfter zur Flasche zu greifen, und bald war er jeden Tag betrunken.
Er verlor zuerst seinen Job und dann seine Frau. Er hatte kein Heim mehr. Sein Zuhause war von diesen beiden Mülltonnen begrenzt, aber er beklagte sich nicht.
Er unternahm nicht den Versuch, umzukehren. Die Mühe lohnte sich nicht. Er wußte, daß er es nicht geschafft hätte, vom Alkohol loszukommen.
Irgendwann würde er zusammenklappen, und die Ärzte würden feststellen, daß sie ihm bei so einer kaputten Leber nicht mehr helfen konnten.
Ein paar Tage Krankenhaus noch, und dann… Er war nicht der erste Penner, dem dieser Weg vorgezeichnet war, und er würde mit Sicherheit auch nicht der letzte sein.
Solange es Alkohol gab, würden ihm immer wieder Menschen zum Opfer fallen. Menschen wie er. Weichlinge, die der Versuchung nicht widerstehen konnten.
Als er jetzt sah, wie sich der Gullydeckel bewegte, nur zwei Meter von seinen ausgestreckten Beinen entfernt, dachte er, es wäre Delirium tremens.
Andere sahen kleine grüne Männchen oder weiße Mäuse. Er sah eben einen schwebenden Gullydeckel.
Mit glasigen Augen und offenem Mund beobachtete Charlie das Schauspiel.
Er sah einen Kopf mit Silberhaaren. Klar, warum nicht? Ein Mann tauchte aus dem Schacht auf. Er hatte breite Schultern und wirkte sehr kräftig.
»Jetzt hat es mich«, flüsterte Charlie.
Der Mann entstieg dem Schacht und schloß den Gullydeckel.
»Wetten, wenn ich mit dem Finger schnippe, bist du weg!« sagte Charlie mit schwerer Zunge.
Mr. Silver grinste ihn an. »Versucht mal.«
Charlie wollte schnippen, aber er war zu betrunken. Sein Finger rutschte am Daumen immer nur ab, aber der Penner wußte sich zu helfen. Er schnalzte mit der Zunge und schloß dabei die Augen.
Als er sie wieder öffnete, war Mr. Silver verschwunden. Charlie grinste breit. »Na also, es klappt ja.«
Der Ex-Dämon war um die Ecke verschwunden. Er orientierte sich kurz. Ein Streifenwagen jammerte durch eine Querstraße. Vielleicht seinetwegen.
Er hoffte, sich weit genug von jenem Abbruchhaus entfernt zu haben. Hoffentlich ließ ihn die Polizei jetzt in Ruhe.
Das Viertel, in dem er an die Oberfläche gekommen war, gereichte New York nicht zur Ehre. Hier war die Armut zu Hause. Man begegnete ihr auf Schritt und Tritt.
Die Häuser sahen zumeist nicht viel besser aus als jenes, in dem Mr. Silver Mago und seinen Schergen begegnet war.
Die Augen des Ex-Dämons verengten sich. Er hatte die drei ghoulähnlichen Wesen erledigt, aber schon in diesem Augenblick konnten Mago drei, vier, fünf neue Schergen zur Verfügung stehen.
Der Schwarzmagier schöpfte aus einem schier unerschöpflichen Reservoir. Es machte ihm nichts aus, einen Schergen zu verlieren.
Zwei andere waren sofort zur Stelle, wenn er sie brauchte.
Der Hüne entdeckte eine miese Kaschemme. Er betrat das schummrige Lokal und setzte sich an einen Tisch neben der Tür.
Niemand von den Gästen beachtete ihn, und das war ihm sehr recht. So kam wenigstens keiner auf die Idee, die Polizei anzurufen und auf ihn zu hetzen.
Ein Mädchen mit fettigem Haar schlurfte heran. Er bestellte einen Whisky und wußte, daß sie ihm billigen Fusel bringen würde. Das war hier sozusagen das »Nationalgetränk«.
Er würde das schmutzige Glas nicht anrühren. Er war schließlich nicht hier, um zu trinken, sondern um zu telefonieren.
Schlurfend brachte das zerzauste Madchen den Drink. Sie stellte das Glas vor den Ex-Dämon hin und musterte ihn ungeniert.
Er kam bei ihr an. Sie hätte wohl nichts dagegen gehabt, wenn er sie angesprochen hätte, aber Mr. Silver ignorierte ihr Interesse.
Er fragte nur nach dem Telefon, und sie zeigte ihm, wo der Apparat hing. Die graue Wand war von Telefonnummern und Kritzeleien übersät.
Ganze Gedichte und ordinäre Sprüche standen rings um den Apparat an der Wand. Scharfe Mädchen boten ihre Dienste an und priesen ihre Vorzüge.
Darunter stand dann eine - wahrscheinlich erfundene - Rufnummer. Scherzbolde gibt es überall auf der Welt.
Mr. Silver griff nach dem schwarzen Hörer, warf Kleingeld in den Wandapparat und wählte die Nummer seines Hotels.
Es war mit Tony Ballard vereinbart, daß dies die Zentrale war, und der Hüne hoffte, daß Tony schon eine Nachricht für ihn hinterlassen hatte.
Dies war jedoch nicht der Fall, und so hinterließ der Ex-Dämon die Nummer, unter der ihn sein Freund erreichen
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