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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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wurde.
    »Wer begehrt Einlaß?« fragte eine tiefe Stimme.
    »Ein fremder Seemann für unsere Argo«, lautete die Antwort.
    »Tritt ein, der du ein Sohn Ragusas werden willst!« verkündete die tiefe Stimme.
    Der große Saal, den Bill nun mit seinen Führern betrat, war ebenso spärlich erleuchtet wie der Vorraum. Den Wänden entlang hatten reihenweise vermummte Gestalten Platz genommen. An der einen Schmalseite des Saals befand sich eine Erhöhung, auf der drei Männer hinter einem Tisch saßen. Gegenüber, am anderen Ende, saß ein einzelner. Auf dem Tisch vor den drei Vermummten stand das silberne Modell eines altertümlichen Schiffes. Vermutlich ruhte es auf einer Glasplatte, denn eine verborgene Lichtquelle bestrahlte die hellglänzenden Segel.
    Bill wurde dem einzelnen Manne vorgeführt, worauf die Einweihungsfeierlichkeit begann. Er mußte ein Gelöbnis ablegen, ein wahrer Sohn Ragusas werden zu wollen, furchtlos in Gefahren, kühn im Handeln und sparsam im Wohlstands Der einzelne Mann stellte ihm Fragen, und seine Führer flüsterten ihm die gebräuchlichen Antworten zu. Der Vorstand der Loge - das war der einzelne - führte ihn darauf vor die drei Männer am gegenüberliegenden Tisch, die ihm die kurz gehaltenen Satzungen des Ordens vorlasen. Vor ihnen mußte er Gehorsam geloben. Damit war er aufgenommen. Man führte ihn zu einem freien Stuhl an der Wand, worauf eine mehr geschäftsmäßige Besprechung von Logenangelegenheiten einsetzte. Bill lauschte mit Interesse. Als es aber dann zu Erörterungen über das wahre Wesen der Nächstenliebe kam, begann er sich zu langweilen. Die Ausführungen des Hauptredners waren ein leerer Wortschwall, die Einwürfe der Zuhörer bloße Phrasen. Man merkte, daß die ganze Unterhaltung nur dem Vergnügen diente, sich selbst reden zu hören. Bill atmete auf, als der Vorstand der Loge sich endlich erhob, seine Hände segnend über die Gemeinde breitete und mit näselnder Stimme zu singen begann:
    »Allen Stolzen Söhnen von Ragusa, allen Würdenträgern der Loge, allen Rittern der höheren Grade, den edlen Brüdern der Großloge, den hochwürdigen und hochgebietenden Prioren und dem erlauchten, auserwählten und heiligen Großprior weihen wir unser Leben und unsere Treue, unser Hoffen und unsere Dienste.«
    Bill stellte fest, daß der Dreiundzwanzigste Grad, den Toby Marsh in seinen geheimnisvollen Reden so besonders hervorgehoben hatte, überhaupt nicht erwähnt worden war.
    Die Mitglieder entfernten sich stillschweigend, aber nicht auf dem Weg, den Bill Holbrook gekommen war, sondern durch einen rückwärts gelegenen Raum, der offenbar als Garderobe diente. Dort war es vollkommen dunkel. Jeder schlüpfte beim Eintreten aus seiner Kutte und überreichte sie einem unsichtbaren Wesen, dem er seine Nummer nannte. Dieser Vorgang dauerte jedesmal einige Sekunden, so daß die Logenbrüder nur in gewissen Zwischenräumen auf die Straße hinausgelangten. Bill vermutete, daß dies absichtlich geschah, um dem Schein nach das Geheimnis um die private Person der Mitglieder zu wahren.
    Holbrook hatte sich geduldig am Ende der sich langsam fortbewegenden Schlange aufgestellt und war schon fast bis zum Ausgang gelangt, als ihm jemand von hinten auf die Schulter klopfte.
    »Im Namen des Priors -«, sagte eine Stimme im Flüsterton, »die Großloge bedarf deiner Dienste. Du sollst dich Sonntag um elf Uhr nachts beim dritten Meilenstein auf der Straße nach Epping einfinden.«
    Gleichzeitig drückte der Vermummte Bill einen Zettel in die Hand und verschwand rasch im Dunkel.
    Als Bill Holbrook, noch etwas benommen, auf die Straße hinaustrat, stieß er auf Toby Marsh, der dort spazierenging.
    »Na, was halten Sie von der Sache - Bruder?«
    »Ich habe schon Hinrichtungen mitgemacht, die lustiger waren als diese Zusammenkunft«, meinte Bill.
    Toby kicherte und fragte:
    »Haben Sie etwas vom Dreiundzwanzigsten Grad gehört?«
    »Nein, der wurde gar nicht erwähnt. Warum nicht?«
    »Der Dreiundzwanzigste Grad ist tabu für die Söhne Ragusas. Es ist der Grad, dem der Strafvollzug obliegt, und man spricht niemals von ihm. Und doch waren in der heutigen Versammlung mindestens zwei Herren, die bis zur vorigen Woche noch dem Dreiundzwanzigsten angehörten. Sie sind inzwischen abgesetzt worden.«
    »Abgesetzt?«
    »Jawohl, degradiert, vom Dreiundzwanzigsten in den ersten Grad. Das ist so bei den Söhnen von Ragusa - man weiß nie recht, ob man oben oder unten ist.«
    »Mein eigener Aufstieg ist so rasch

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