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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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eingefallen, ihm im Vorübergehen ins Gesicht zu sehen, wenn der Fremde nicht in diesem Moment gehustet hätte. Bills Kopf schnellte zur Seite, und er besah sich den Mann genauer. Einen Augenblick noch blieb er im Zweifel über das gelbe Gesicht, den kurzgestutzten schwarzen Bart und die Hornbrille.
    »Was wünschen Sie?« fragte der andere ungehalten.
    Das war ungeschickt von ihm, denn Bill erkannte die Stimme sofort und warf sich auf ihn.
    »Hab' ich Sie, Laffin!« rief er triumphierend.
    Während er ihn mit der einen Hand am Rock hielt, riß er ihm mit der andern den falschen Bart ab. Der Doktor stieß einen leisen Schmerzensschrei aus. Ein Hieb traf Bills Gesicht, daß er ein wenig zurücktaumelte. Doch bevor Laffin davonlaufen konnte, hatte ihn Holbrook wieder gepackt. Die beiden rangen verzweifelt miteinander, da näherte sich aus der St. James Street ein Polizist.
    Laffin kämpfte wie eine Katze, schlug wild um sich und versetzte Bill einige schmerzhafte Hiebe. Als dann schließlich der Polizist zur Stelle war und Bill sich seiner Beute sicher wähnte, ereignete sich ein Mißverständnis, das die peinlichsten Folgen haben sollte.
    Laffins Faust hatte Holbrook eben auf den Mund getroffen, und dieser führte einen wilden Gegenhieb. Laffin bückte sich, Bills Faust fuhr über seine Schultern hinweg und traf den Polizisten unters Kinn, so daß dieser zu Boden fiel. Er war jedoch im nächsten Augenblick wieder auf den Beinen, riß die Kämpfenden auseinander, schleuderte den Doktor gegen das Parkgeländer und packte Bill mit einem Griff, aus dem es kein Entrinnen gab.
    »Nehmen Sie diesen Mann fest! Schnell! Es ist Laffin!«
    »Ich werde mich mit Ihnen begnügen«, antwortete der Beamte unwirsch, indem er ihn umdrehte. »Kommen Sie ein Stückchen mit mir!«
    »Mensch, Mensch, fassen Sie doch den Mann!« brüllte Bill atemlos, als er sah, wie Laffin mit Windeseile davonlief. »Er wird wegen Mordes gesucht!«
    »Ich werde Sie schon lehren, mich niederzuschlagen!« zischte der beleidigte Polizist.
    »Es war doch nur ein Versehen, daß ich Sie traf, Sie Narr!« rief Bill gereizt, wodurch er seine Lage nur noch verschlimmerte. »Versuchen Sie doch, den Mann einzuholen. Ich sage Ihnen, es ist Laffin!«
    »Ich kümmere mich nicht um Laffin. Den Trick kenne ich schon lange ...«
    Es blieb Bill Holbrook nichts anderes übrig, als sich in sein Schicksal zu ergeben. Er wurde in eine Art Drahtkäfig gesperrt und mußte die Fragen des diensthabenden Wachtmeisters beantworten. Schließlich bat er, Inspektor Bullott anrufen zu dürfen.
    »Er ist ein persönlicher Freund von mir. Und ich sage Ihnen, der Mann, den der Polizist entwischen ließ, ist der Mörder Joshua Laffin gewesen.«
    Der Wachtmeister musterte ihn über seine Brille hinweg.
    »Wirklich?« sagte er mit übertriebener Höflichkeit.
    »Wollen Sie mich nicht wenigstens mit der Redaktion meiner Zeitung telefonieren lassen? Wahrscheinlich werden Sie morgen früh die Geschichte nicht mehr so spaßig finden.«
    Die Entdeckung, daß der Verhaftete mit einer Zeitung in Verbindung stand, hatte weit mehr Wirkung als die Erwähnung seiner Freundschaft mit dem Kriminalinspektor. Der Wachtmeister ließ ihn endlich an den Apparat. Zu Holbrooks Unglück kannte ihn aber niemand vom Nachtpersonal der Zeitung, und die Redakteure waren alle schon längst nach Hause gegangen. Als er dann auch noch Bullott anrief, erfuhr er, daß er gar nicht zu Hause war.
    Er mußte also die Nacht in der Zelle auf der Polizeiwache zubringen und wurde erst um zehn Uhr vormittags dem Polizeirichter vorgeführt, der ihn wegen ordnungswidrigen Benehmens auf der Straße und tätlicher Beleidigung eines Beamten zu einer kleinen Geldstrafe verurteilte. Nachdem diese Amtshandlung vorüber war, lief Bill auf die Straße.
    Ein Taxi brachte ihn zu seiner Wohnung. Die Haushälterin war damit beschäftigt, den Flur zu reinigen.
    »Mr. Bullott?« wiederholte sie erstaunt auf seine Frage. »Der ist doch abgereist.«
    »Abgereist? Wohin?«
    »Nach Amerika, Sir. Er hat sich heute morgen eingeschifft.«
    »Ist denn heute Samstag?«
    Bill erschrak gewaltig, als ihm dies zum Bewußtsein kam.
    »Freilich«, antwortete die Haushälterin. »Mr. Bullott war sehr beunruhigt, als Sie nicht nach Hause kamen. Er hat einen Brief für Sie hinterlassen.«
    Bill flog die Treppe hinauf und riß das Schreiben auf. Es war sehr kurz, aber vielsagend:
    ›Wenn es Ihnen irgendwie möglich ist, die Escorial noch zu erreichen, so kommen Sie

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