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057 - Sanatorium der Cyborgs

057 - Sanatorium der Cyborgs

Titel: 057 - Sanatorium der Cyborgs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schönenbröcher
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Unter den Menschen zu leben und ihnen zu helfen. »Wir könnten eine Therapie versuchen«, sagt er, »aber ich glaube nicht, dass sie helfen wird. Caals Neurose sitzt zu tief.«
    »Ich möchte ihn sehen«, entscheidet Daryll. »Ich muss mir selbst ein Bild machen vor einer so schwerwiegenden Entscheidung.«
    Ruttger nickt und wendet sich ab. Während er aus dem Büro humpelt, lässt sich Daryll in den Sessel hinter ihrem Schreibtisch sinken. Beides hat sie - wie alle Möbel hier - bei ihrer Ankunft vor sechs Jahren aus den Ruinen von Fresno geborgen.
    Sechs Jahre… die Zeit vergeht schnell, wenn man eine Aufgabe hat, die einen täglich bindet. Und der Aufbau dieses Sanatoriums war eine dankenswerte Aufgabe! Der Strom der LoBots, die aus dem San Fernando Valley zu ihr kommen, reißt nicht ab. Doch gemeinsam mit Ruttger, einem Cyborg der dritten Generation, den ihr Haank als Unterstützung schickte, hat sie es geschafft, einen reibungslosen Betrieb in dieser Fabrik zu errichten, die früher einmal zur Herstellung von Fahrzeugen diente, die mit fossilen Brennstoffen betrieben wurden.
    Die Erfolge sind nicht zu übersehen. Etliche der LoBots konnten wieder hergestellt und Neurosen geheilt werden. Dreiundzwanzig der hundertvierzehn Patienten könnten theoretisch in Takeos Enklave zurückkehren - wäre es ihnen von Haank nicht verboten worden.
    Seit Jahren wartet Daryll darauf, dass er selbst einmal herkommt und ihre Arbeit begutachtet.
    Ein Klopfen an der Tür reißt sie aus ihren Gedanken.
    Es ist Ruttger mit dem neurotischen LoBot. Caal.
    Der Roboter bietet einen bemitleidenswerten Anblick. Aus seiner Akte weiß Daryll, dass er mit der Persönlichkeit und den Erinnerungen eines gewissen Maanson aus El'ay ausgestattet wurde, der Patient in Takeos Klinik war und der wie Hunderte Anderer heimlich von ihm gescannt wurde.
    Caal ist ein Roboter zweiter Generation. Er besaß nie ein organisches Gehirn; die Persönlichkeit Maansons wurde 1:1 auf ihn übertragen. Das hat er offensichtlich nicht verkraftet: in einem Metallkörper gefangen und mit einer Programmierung versehen zu sein, die ihn zu Takeos Handlanger machte. Irgendwann drehte er durch und lief Amok - mitten in El'ay.
    Die Bewohner machten kurzen Prozess mit ihm. Als Takeos RoCops ihn fanden, war Caals Hülle kaum mehr funktionstüchtig. Haank reparierte ihn so gut es ging und schickte ihn her.
    In den ersten Monaten schien Caal sich einzuleben; seine Psyche schien sich zu erholen.
    Ein befristeter Erfolg, wie die neuesten Ereignisse zeigen…
    »Lass uns allein, Ruttger«, befielt Daryll. Das Gespräch mit dem LoBot soll unter vier Augen stattfinden - beziehungsweise unter dreien, denn einen seiner optischen Sensoren hat der Patient bereits eingebüßt.
    Ruttger zögert. »Ist das eine gute Idee, Daryll? Er könnte gefährlich werden.«
    Sie bedenkt ihn mit einem strafenden Blick. Ruttger benimmt sich nicht professionell.
    Wie kann er vor dem Patienten so sprechen? Außerdem ist Caal mit seinem verdrehten Bein, dem fehlenden rechten Arm und seiner stockenden Hydraulik wohl kaum eine Gefahr für sie. »Danke, du kannst gehen!«, sagt sie mit Nachdruck.
    Als die Tür ins Schloss fällt, wendet sie sich Caal zu. »Bitte entspann…«
    Weiter kommt sie nicht.
    Caals linke Hand schnappt zu wie eine Ssnajk, krallt sich um ihre Kehle und unterbricht die Luftzufuhr. Daryll kann nicht einmal schreien, als er sie zu sich herabreißt.
    Ihr Kopf kollidiert mit seinem Metallschädel. Die Erschütterung lässt für Sekunden die Bildübertragung ausfallen. Als sie wieder sehen kann, liegt sie auf dem Boden und Caals Zentnergewicht nagelt sie fest. Noch immer ist ihre Kehle zugeschnürt.
    Jetzt erst erkennt die Cyborg, dass es um ihr Leben geht! Dass dieser durchgedrehte LoBot sie töten wird, skrupellos und entgegen seiner Programmierung! Panik knistert in ihrem Hirnspeicher, als würde er Funken sprühen. Sie versucht loszukommen, tritt mit den Beinen um sich - und erreicht nichts. Caal hält sie eisern fest.
    Nun löst er die Hand von ihrer Kehle. Daryll saugt Luft in ihre organischen Lungen.
    Spannt die Muskeln an.
    Da spürt sie die Metallhand an ihrer Stirn. Sie krallt sich in ihrem Haar fest, reißt ihren Kopf nach vorn, dass die Nackenwirbel knacken, und stößt ihn dann kraftvoll nach hinten.
    Die Einrichtung ihres Büros verschwimmt zu einem Doppelbild. Irgendetwas in ihrem Kopf gerät aus der Fassung. Die Ränder der optischen Wahrnehmung färben sich Schwarz; das Bild

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