057 - Sanatorium der Cyborgs
seinen Reisen mit Aruula vieles essen müssen, das seinen von der Zivilisation geprägten Ansprüchen Hohn sprach, aber das hier… war einfach widerlich. Eine von rosa Fäden durchzogene Pampe, die nach ranzigem Fett und Muskat roch. Schnell nahm er noch einen Schluck aus dem Becher.
»Ein Gericht aus Fleisch und Gemüse, äußerst nahrhaft und gut verträglich«, pries Daryll den Brei an. »Es dauerte einige Zeit, bis wir eine Formel fanden, die für sämtliche organischen und halborganischen Mägen geeignet ist. Lasst euch vom Aussehen nicht abhalten - es schmeckt hervorragend.«
»Erinnert misch an Schmaldan«, nuschelte Aruula neben Matt. Sein Kopf ruckte herum; er traute seinen Augen nicht: Die Barbarin ließ sich das Zeugs tatsächlich schmecken!
Was Matt noch vorsichtiger machte. Er hatte den Geschmack von Shmaldan, der Notnahrung der Wandernden Völker noch gut in Erinnerung. Und es war nie eins seiner hundert bevorzugten Gerichte gewesen.
»… verlief die Reise, Maddrax?«
Erst als er seinen Namen hörte, wurde Matt bewusst, dass ihm Daryll eine Frage gestellt hatte. Noch halb in die Überlegung vertieft, wie er den Fraß umgehen könnte, antwortete er: »Danke, gut. Aber bis San Francisco ist es ja noch weit.«
»Nach… San Francisco?«
Darylls Tonfall alarmierte ihn - und gleichzeitig schoss der Verdacht in ihm hoch, Mist gebaut zu haben. Neben ihm hörte Aruula auf zu kauen.
»Ihr wollt weiterreisen?«, hakte Daryll nach. »Aber das verbietet Haanks Programmierung!«
Matts Gedanken rasten. Verdammt, er hatte sich verraten. Wie konnte er sich da noch herausreden? Ihm brach der Schweiß aus.
»Ich registriere starke Transpiration und eine erhöhte Herzfrequenz«, ließ sich Ruttger vernehmen, der hinter ihn getreten war. Er sagte es ganz ruhig. Vielleicht klang es in Matts Ohren gerade deshalb so gefährlich.
Ruttger legte seine Rechte auf Matts Schulter. In Sekunden erfasste er durch den Stoff des Anzugs hindurch etliche Körperdaten und drückte ihn gleichzeitig auf seinen Sitz herab. »Ich würde sagen, er ist ein Mensch. Zu hundert Prozent organisch.«
Aruula wollte aufspringen, doch Ruttgers Linke verhinderte es. »Die Frau ist ebenfalls menschlich«, fuhr er nach wenigen Augenblicken der Sondierung fort.
Matts Gedanken waren zur Ruhe gekommen. Jetzt hieß es kühles Blut bewahren. Dass sie enttarnt waren bedeutete nicht, dass sie sich in unmittelbarer Gefahr befanden. Wie Aiko ihnen erklärt hatte, konnten Takeos Schöpfungen keine Menschen verletzen; es widersprach ihrer Programmierung.
Trotzdem spielte er mit dem Gedanken, seinen Driller aus der seitlichen Hosentasche zu ziehen. Doch wahrscheinlich würde er damit die Situation nur verschärfen.
Daryll nahm ihm die Entscheidung ab. Sie entspannte sich wieder und lächelte. »Das ändert die Situation. Ich ging von falschen Vorgaben aus; bitte entschuldigt. Ihr seid Besucher, keine Patienten.« Sie wandte sich Aiko zu. »Natürlich kann ich mich trotzdem um deine Fehlfunktion kümmern - falls sie wirklich existiert.«
Aiko war redlich bemüht, sich seine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. »Ich, äh…«, stammelte er. »Es ist wirklich nicht der Rede wert. Nur eine gelegentliche Störung.«
Daryll ließ nicht erkennen, ob sie ihm glaubte. Vielleicht - und nicht nur Aiko hoffte dies - veranlasste ihr Programm, Krankenaussagen grundsätzlich ernst zu nehmen.
Daryll erhob sich. »Entschuldigt mich bitte; ich muss einige Maßnahmen rückgängig machen, die ich bereits in falschem Glauben eingeleitet hatte. Genießt das Essen. Ruttger führt euch dann wieder in eure Quartiere.« Sie nickte den Anwesenden freundlich zu. »Ich wünsche eine gute, erholsame Nacht.«
Damit wandte sie sich um und strebte dem Ausgang entgegen.
***
Menschen!
Daryll versuchte nicht länger ihren Hass im Zaum zu halten. Ihre Faust krachte auf die Schreibtischlampe nieder und zerschmetterte sie. Metall- und Glasteile rotierten über die Platte.
Doch das war nichts im Vergleich zu dem Chaos in ihrem Hirnspeicher, wo zwei widersprüchliche P-Chips eine Lösung des Problems zu finden versuchten.
Fakt war: Organische wussten von dem Sanatorium. Haanks Weisung besagte aber, dass niemand außer den LoBots, die er hierher sandte, davon wissen durfte. Schließlich handelte er gegen Miki Takeos Befehl und würde die Konsequenzen seiner Eigenmächtigkeit tragen müssen.
Fazit: Maddrax und Aruula mussten beseitigt werden. Aiko als Cyborg konnte bleiben, durfte
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