057 - Sanatorium der Cyborgs
Menschen.
Sie musste es tun, um Haanks Auftrag zu erfüllen. Und sie wurde es genüsslich tun, um auch Caals Gelüste zu befriedigen.
Gerauschlos öffnete sie die Stahltür zu Aruulas Raum. Die eingebildete Barbarin sollte als Erste sterben. Daryll hatte sofort die Rivalität bemerkt, die Aruula ihr entgegenbrachte.
Einfältige Wilde. Als ob sie sich je mit ihr, Daryll, wurde messen können.
Mit einem fast mitleidigen Lächeln trat Daryll an ihr Bett und verharrte erschrocken.
Die Lagerstatt war leer. Und wie es aussah, war sie gar nicht benutzt worden. Aruula musste sich irgendwo im Sanatorium herumtreiben. Verfluchte kleine Spionin.
Daryll wollte bereits Alarm auslösen. Da registrierte sie Atemzüge von nebenan. Atemzüge
zweier Personen. Durch die nur angelehnte Tür trat Daryll in den Nebenraum.
Natürlich - sie hätte es wissen müssen. Diese Organischen waren so furchtbar unberechenbar in ihren Handlungen. Anstatt den Komfort ihrer eigenen Betten zu nutzen, hatten sie sich zu zweit auf Maddrax' Lager zur Ruhe gelegt. Aneinander geschmiegt schliefen sie, und das Männchen schnarchte dabei leise.
Nicht mehr lange.
Daryll ging auf Nummer Sicher. Sie wusste um den leichten Schlaf von Naturvölkern.
Um das Risiko zu vermeiden, dass die Barbarin vorzeitig erwachte, hatte sie zwei Ampullen eines betäubenden Gases mitgebracht.
Vorsichtig trat Daryll an das Bett heran, stoppte die Sauerstoff-Versorgung ihres eigenen Körpers für die Dauer von zwei Minuten und zerbrach dann eine der Ampullen.
Der flüssige Inhalt ging augenblicklich in einen gasförmigen Aggregatzustand über. Eine neblige Wolke breitete sich rasch aus und flutete den Raum, bevor sie vom Luftaustauscher wieder abgepumpt wurde.
Daryll zog das Messer aus dem Bund ihres Rocks und hielt es bereit, als sie mit den Fingern Aruulas Stirn berührte.
Keine Reaktion. Die Menschen waren betäubt.
Die Barbarin wachte auch nicht auf, als sich die stählerne Spitze des Dolchs auf ihren Kehlkopf setzte. Daryll spannte die Muskeln an, um ihr den blanken Stahl mit einem Ruck durch den Hals zu treiben.
Stirb, verdammte Organische.
Der Dolch rührte sich um keinen Millimeter.
Verdutzt setzte Daryll noch einmal an. Und versagte wieder.
Ein lästerlicher Fluch drang über ihre Lippen, emporgespült aus Maansons Erinnerungen.
Es war doch nicht ihr erster Mord. Warum also?
Die Antwort stand plötzlich so klar vor ihrer geistigen Optik, dass Daryll sich wunderte, sie nicht längst erkannt zu haben.
Es waren Menschen. Geschützt durch Takeos übergeordnete Programmierung. Sie konnte
keine Menschen töten.
Ernüchtert zog sie den Dolch zurück und sah auf die beiden friedlich Schlummernden hinab.
Nun gut. Wenn ich sie nicht umbringen kann, müssen sie eben bleiben bis zu ihrem natürlichen Tod. Und sogleich rang sie dieser Tatsache eine positive Seite ab - Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich die beiden in der Enge dieser Räume verhalten.
Wann sie verrückt werden. Oder ob sie sich selbst - oder gar gegenseitig töten!
Mit einem zufriedenen Ausdruck auf dem hübschen Gesicht verließ Daryll die Quartiere, nicht ohne vorher die Waffen des Paares an sich genommen zu haben.
***
Das Erwachen wurde von einem unangenehmen Bohren im Stirnbereich begleitet. Matt blinzelte. Der Raum war dunkel. Neben ihm spürte er Aruulas warmen Körper.
Er blieb ruhig liegen, schloss die Augen wieder und atmete tief durch. War das Gesöff vom gestrigen Abendessen doch alkoholhaltiger gewesen als vermutet? Dann wollte er nicht mit Aruulas Kopfschmerzen erwachen!
Ein Stöhnen in der Dunkelheit schien seine Annahme zu bestätigen. Er spürte, wie sich seine Gefährtin an den Kopf fasste.
»Einen guten Morgen zu wünschen hat wenig Sinn, oder?«, fragte er. »Aber tröste dich: Mir gehts auch nicht besonders.«
Aruula stöhnte noch einmal, bevor sie antwortete. »Mein Kopf tut weh, und in meinem Mund ist ein Geschmack, als hatte ich den Hintern eines Wakuda geküsst.«
»Ich hatte dich vor dem Gesöff gewarnt«, sagte Matt. Er ließ es nicht wie einen Vorwurf klingen.
»Darum hab ich ja auch kaum was davon getrunken«, gab Aruula zurück. »Ooohhh…«
Sie blieben noch zehn Minuten liegen. Allmählich fühlte sich Matt besser. Trotzdem wurde er nach dem Aufstehen gleich als Erstes an die frische Luft gehen. Und dann hieß es bereits wieder Abschied nehmen. Bis zu den Gleitern, die sie hinter einer Hügelkuppe zurückgelassen hatten, war es noch ein
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