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057 - Schreckensmahl

057 - Schreckensmahl

Titel: 057 - Schreckensmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Augen.
    »Soll ich die Schnappschlösser öffnen?« fragte ich.
    »Nein! Tu’ es nicht!« Ihre Stimme klang wie ein Hauch.
»Ich werde es selbst tun. Das garantiere ich dir. In ein paar Wochen
    – spätestens in drei oder vier Monaten.«
    Ich grinste. »Ich laß es darauf ankommen, meine Liebe«,
sagte ich verächtlich. Das Spiel verlief genau in der Bahn, die mir
vorschwebte. Ich beobachtete Lydia beim Hinausgehen.
    An der Tür zu meinem Arbeitszimmer, in dem ich hin und
wieder – je nach Lust und Laune – an diversen Plänen herumhantierte, hing ein
großes Farbbild, das eine ein Wasserschwein verschlingende Anakonda zeigte.
Schon für weniger zart besaitete Nerven war dieser Anblick nicht gerade
angenehm.
    Für Lydia mußte dieses Bild eine Ausgeburt der Hölle
sein. Ich wußte, was sie erduldete. In den letzten Wochen war sie mit
geschlossenen Augen an dieser Stelle vorübergegangen. Aber jetzt sah sie stur
geradeaus. Sie hielt den Abstand zwischen sich und der Tür so groß wie möglich,
beschleunigte ein wenig den Schritt, um so schnell wie möglich an dieser Stelle
vorüber zu kommen. Aber sie verschloß nicht mehr die Augen.
    Ein kleiner Fortschritt, den Dr. Winter errungen hatte!
Mir konnte das nur recht sein. Lydia hatte die Herausforderung angenommen.
    Sie ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was wirklich in
meinem Kopf vorging.
    Lydia Petta machte bei Dr. Winter in München schnelle
Fortschritte.
    Winter war ein Könner. Er wußte, daß die Behandlung Zeit
und Geld kosten würde. Doch genau das brachte Lydia Petta in hohem Maße mit.
    Anfangs konnte sich seine Patientin nur bis auf fünf
Schritte einem Bild nähern, das eine Schlange zeigte.
    Es war unmöglich, sie überhaupt in die Nähe eines
lebenden Exemplares zu führen, selbst hinter den massiven Scheiben eines
Terrariums hätte Lydia Petta den Anblick nicht ertragen können.
    Doch nun zeigten sich die ersten Fortschritte.
    Normale Schlangenlinien auf einem Blatt Papier vermochten
kein Angstgefühl mehr zu erzeugen. Auch ein detailliert dargestelltes Exemplar
erschreckte sie nicht mehr.
    Lydia Petta konnte sich dem Bild nähern – und es
anfassen.
    Dr. Winter ging einen Schritt weiter, die Phobie
abzubauen.
    Auf einem Tisch lag eine Gummischlange.
    Der Psychotherapeut mußte seine Patientin dazu bringen,
diese Nachbildung anzufassen. Winter beobachtete Lydia Petta.
    »Überprüfen Sie Ihre Gefühle genau, Frau Petta!
    Was empfinden Sie in diesem Augenblick, in dem Sie diese
Nachbildung sehen?«
    »Nichts, Doktor. Ich bin vollkommen gleichgültig.«
    »Sie haben nicht die geringste Angst?«
    »Nein.«
    »Gut. – Gehen Sie auf den Tisch zu. Ganz langsam. Gehen
Sie nur so nahe heran, wie Sie es ertragen können. Sobald Sie merken, daß
Unbehagen in Ihnen aufsteigt, bleiben Sie stehen.«
    Lydia Petta nickte. Es war das gleiche System, das Winter
schon bei den Bildern angewandt hatte. Stück für Stück war sie nach jedem
Behandlungstag näher an das Bild herangegangen, bis sie zu guter Letzt auch
ohne die geringste Furcht das die Schlange zeigende Bild anfaßte.
    Mit der Attrappe ging es noch schneller.
    Am ersten Tag blieb Lydia einen Schritt vom Tisch
entfernt stehen.
    »Können Sie die Gummischlange anfassen?« hörte sie die
Stimme des Psychotherapeuten hinter sich.
    Die junge Frau schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich bringe es nicht fertig.«
    Zwei Tage später brachte sie es fertig, und sie fragte
sich, was es wohl gewesen sein mochte, was ihr ein Leben lang die Angst vor
Schlangen einflößte.
    Dr. Winter ging mit ihr ins Exotarium. Sie standen Auge
in Auge den lautlos gleitenden, elastischen Schlangen gegenüber.
    Sie glitten an Baumstämmen hoch, preßten die Unterseite
ihrer Bäuche gegen das Glas. Und kein Angstgefühl mehr erwachte in Lydia. Das kam
dadurch, daß sie nun alles über Schlagen wußte. Sie war unterrichtet, wie die
Reptilien sich vermehrten, daß sie Eier legten. Sie wußte, wie sie sich
ernährten, konnte die harmlosen von den gefährlichen Arten unterscheiden, und
es war für sie auch kein Geheimnis mehr, in welche n Ländern welche Arten
vorkamen.
    Ihre Angst vor Schlangen war gebannt.
    Lydia Petta schien geheilt. Es war, als hätte es nie eine
Phobie dieser Art gegeben. Ein Jahr hatte die Behandlung gedauert.
    Aber sie hatte sich gelohnt.
    Als Lydia an diesem Abend von München in ihre Villa
zurückfuhr, wo sie von ihrem Mann erwartet wurde, wußte sie, daß es ihm Freude
bereitet hatte, sie mit ihrer lächerlichen

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