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057 - Schreckensmahl

057 - Schreckensmahl

Titel: 057 - Schreckensmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Unsicherheit.
    »Gute Nacht, Madelaine«, sagte er ebenso leise, und es
kam ihm vor, als verabschiede er sich von einem guten Freund.
    »Ich freue mich, Sie morgen wiederzusehen.«
    Ihre Stimme war wie ein Hauch. »Ich auch …«
    Er fand nicht die Ruhe, sich gleich schlafen zu legen. So
ging er noch einmal in die Gaststube hinunter.
    Solkan bestellte sich eine Flasche Rotwein und hing
seinen Gedanken nach. Er überlegte, ob er morgen denn wirklich zur Küste
weiterfahren sollte. Genausogut konnte er ein paar Tage hier verbringen, in der
Nähe der schönen und einsamen Madelaine. Warum eigentlich nicht?
    Er war so in Gedanken versunken, daß er erst auf den
Fremden aufmerksam wurde, als er angesprochen wurde.
    »Gestatten Sie, daß ich mich ein wenig zu Ihnen an den
Tisch setze, Monsieur?« Schon am Akzent war zu erkennen, daß dieser Mann kein
Franzose war. Engländer. Groß, schmal, mit einem dünnen Lippenbärtchen.
    »Cumberland, Henry Cumberland.«
    Solkan zuckte die Achseln. Er begriff zwar nicht, weshalb
der Mann ausgerechnet zu ihm an den Tisch wollte. Es gab genug freie Plätze.
Aber offensichtlich schien er einen Grund dafür zu haben.
    »Entschuldigen Sie, daß ich mich Ihnen aufdränge.«
    Cumberland sprach ein fast akzentfreies Deutsch. »Sie
sind Deutscher. Ich habe es an Ihrem Nationalitätenkennzeichen gesehen. Sie
haben doch vorhin drüben an der kleinen Tankstelle gestanden, nicht wahr?«
    Solkan nickte. »Richtig. Ich habe eine Panne.
Motorschaden.
    Hoffentlich läßt sich die Sache rasch wieder beheben.
Leider werde ich die Reparatur selbst durchführen müssen. Es gibt keinen
Mechaniker.«
    »Ja, ja, ich weiß. Die beiden Frauen leben allein.«
    »Ah, Sie kennen Madelaine und deren Mutter?« Rolf Solkan
konnte seine Neugierde nur schlecht verbergen.
    Der Engländer strich sich über sein Lippenbärtchen.
    »Nun, kennen ist zuviel gesagt. Ich weiß eben nur, daß
sie da wohnen. Vielleicht kommt es Ihnen seltsam vor, daß ich die Unterhaltung
mit Ihnen suche. Aber ich interessiere mich außerordentlich für Fremde, die
hierherkommen. Ich bin Journalist, müssen Sie wissen. Fremde Gesichter sind
selten hier. Ich unterhalte mich gern mit Besuchern, ich liebe Kontakt mit
Fremden. Das bringt mein Beruf so mit sich.«
    »Sie schreiben eine Reportage über diese Gegend?« Solkan
hob erstaunt die Augenbrauen. Er konnte sich nicht vorstellen, daß jemand über
dieses gottverlassene Nest etwas schreiben konnte.
    »Nicht direkt«, wich Cumberland aus. »Ich sammle Material
für eine Artikelserie. Sie soll okkulte Praktiken unserer Zeit zum Inhalt
haben.«
    »Ah. Und hier gibt es – okkulte Erscheinungen?«
    »Vielleicht.«
    Eine Zeitlang herrschte Schweigen. Cumberland bestellte
sich ebenfalls eine Flasche Rotwein. Dann begann der Engländer das Gespräch wieder
stockend in Gang zu bringen. Er redete sich schließlich in Rage, und sein
gerötetes Gesicht ließ darauf schließen, daß er an diesem Abend schon mehr als
ein Glas Rotwein getrunken hatte.
    Cumberland sprach von Gott und der Welt, schließlich von
den Weltraumversuchen der Amerikaner und Russen und war überzeugt davon, daß
bis zur Landung des ersten Menschen auf dem Mars höchstens noch zehn oder zwölf
Jahre vergehen würden.
    Solkan war skeptischer. »Daran zweifele ich.«
    »Und weshalb?« Cumberlands Stimme klang schon nicht mehr
so fest. Der reichlich genossene Rotwein machte sich bemerkbar.
    »Die Menschheit ist in einer Sackgasse angekommen, ob mit
oder ohne Atombombe. Die Übervölkerung …«
    »Hm. Und andere Faktoren könnten Ihrer Meinung nach nicht
in Frage kommen?«
    Solkan wußte nicht, worauf der Engländer hinaus wollte.
    Cumberland sah ihn mit fiebrig glänzenden Augen an.
    »Ich denke an den Eingriff höherer Mächte«, präzisierte
der Journalist.
    Solkan griff nach seinem Glas. Mit einem flüchtigen Blick
vergewisserte er sich, daß außer Ihnen kein weiterer Gast mehr anwesend war.
Der fette Wirt stand hinter der Theke und blätterte gelangweilt in einer
Zeitung. Gelegentlich warf er einen Blick über die dicke Hornbrille, musterte
seine beiden späten Gäste.
    Die Situation war merkwürdig, fand Rolf Solkan. Er hatte
das Gefühl, an diesem Abend nicht wirklich zu leben. Es war wie nach einer
durchzechten Nacht, wie in einem Traum.
    Das seltsame Gesprächsthema, die verrauchte Wirtschaft,
die dunklen, holzgetäfelten Wände – ein Mann an seinem Tisch, der vor einer
halben Stunde für ihn noch ein Fremder gewesen war, von

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