0570 - Satans Schergen
so.
Anguille hatte das getan. Er war zwar kein Einzelgänger, aber er hatte sich auch nie einer bestimmten Gruppe zugehörig gefühlt. Er war mit denen in die Katakomben hineingekrochen, die gerade abstiegen. Ihm war es gleich gewesen, welche Gruppe das war. Wichtig war für ihn nur gewesen, dort unten sein zu können und dabei nicht allein sein zu müssen.
Bei Anguille hatten die anderen dieses ständige Wechseln akzeptiert. Es gehörte eben zu seiner Persönlichkeit. Der »Aal« schlängelte sich überall durch…
»Ich habe Angst«, sagte Gaudelion. »Irgend etwas lauert da unten und hat Anguille umgebracht. Ich weiß nicht, wer oder was es ist. Aber es muß etwas ganz Furchtbares sein. Der Teufel ist in das Paradies eingedrungen. Der Teufel…«
»Wir müssen etwas unternehmen«, sagte Berenger.
»Wir?« Gaudelion zuckte heftig zusammen. »Wir? Was sollen wir denn unternehmen?«
»Natürlich wir!« sagte Berenger. »Einer von uns ist dort unten ermordet worden. Die Polizei ist ohnehin ständig hinter uns her. Was glaubst du wohl, was jetzt los sein wird? Sie machen noch mehr Druck. Vielleicht nehmen sie sogar an, daß es einer von uns war, der Anguille ermordet hat. Wir werden nicht mehr so ruhig in den Katakomben leben können wie früher.«
Obgleich es auch früher selten wirklich ruhig gewesen war. Inspektor Sarrates fünfzehnköpfige Sondereinheit tauchte regelmäßig in die Stollen und Kavernen der ehemaligen Steinbrüche hinab, um die kataphiles zu jagen. Aber Berenger hatte recht. Jetzt würden sich auch andere Polizeieinheiten für die Vorgänge in den Katakomben interessieren.
Rehmy lehnte sich zurück und sah Berenger an. »Und was schlägst du vor? Daß wir ›Emil und die Detektive‹ spielen, den Mörder suchen und in heldenhaftem, zwanzigstünden Kampf überwältigen? Möglichst in Cinemascope und technicolor? Vielleicht solltest du dich nicht mehr ›Robespierre‹ nennen, sondern ›Kommissar Maigret‹.«
»Ich habe da eine bessere Idee«, sagte Berenger nachdenklich…
***
Er schwieg sich über diese Idee aus und verließ einfach das Bistro. Die Zeitung mit dem von Gaudelions Kugelschreiber »ergänzten« Foto blieb zurück.
Gaudelion wunderte sich ein wenig darüber, daß die anderen ihm seine Geschichte so einfach abnahmen. Keiner zweifelte sie an.
Vielleicht lag es daran, daß man sich in den Katakomben nicht gegenseitig belog. Und hier, in der oberen Welt, war das an der Tagesordnung. Lüge, Betrug, Heuchelei… Aber für ein paar Minuten war es eben so gewesen, als wenn sie alle unten in den Katakomben wären…
Gaudelion fragte sich, warum er den anderen nur den Zustand des Leichnams beschrieben hatte, ihnen jedoch nichts von der Begegnung mit dem unheimlichen Fremden erzählte.
Aber irgendwie konnte er darüber nicht reden…
***
»Berenger?« Zamorra hob die Augenbrauen. Nachdenklich betrachtete er die Visitenkarte, die ihm der alte Diener Raffel Bois überreicht hatte. »Charles Berenger, Systemanalytiker? Nie gehört. Und der Mann ist wirklich von Paris hierher gekommen, weil er mit mir reden will?«
Raffael nickte.
Zamorra schüttelte den Kopf. »Wüßte nicht, welche Systeme es hier zu analysieren gibt. Nun gut, bitten Sie Monsieur Berenger ins Besucherzimmer. Ich komme in etwa fünf Minuten.«
Der Parapsychologe schaltete den Computer aus, an dem er gearbeitet hatte, und verließ sein Arbeitszimmer. Auf dem langen Korridor blieb er stehen und sah durchs Fenster auf den Innenhof von Château Montagne.
Unten auf den Pflastersteinen parkte ein Peugeot 406 mit Pariser Kennzeichen. Patricia Saris versuchte gerade, ihren Sprößling daran zu hindern, den Wagen mittels bunter Wachsmalstifte einem »optischen Tuning« zu unterziehen.
Zamorra zuckte mit den Schultern und wandte sich in Richtung Besucherzimmer.
Auf dem Weg dorthin lief ihm Nicole Duval über den Weg, seine Lebensgefährtin, Sekretärin und Kampf partnerin.
»Besuch, Chef«, flötete sie ihm entgegen. »Der Junge sieht teuflisch gut aus. Was krieg’ ich, damit ich nicht mit ihm zu flirrten anfange?«
»Du kriegst ‘ne Tracht Prügel, wenn du's tust«, drohte Zamorra und grinste frech. »Was will der Typ, außer teuflisch gut auszusehen? Warum ist er hier?«
»Keine Ahnung. Ich sah ihn nur, als Raffael ihn ins Château bat. Gesprochen habe ich noch nicht mit ihm.«
»Na schön, holen wir das jetzt nach - aber wehe, du zwinkerst ihm dabei auch nur zu!«
Nicole hauchte ihm einen Kuß auf die
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