0570 - Satans Schergen
nicht die Polizei ermitteln?«
»Das ist gut gesagt. Die Polizei ermittelt, ob ich sie lasse oder nicht. Aber ich bin sicher, daß die Ermittlungen in die falsche Richtung laufen. Polizisten glauben nicht an Dämonen.«
»Sie aber?«
Berenger verzog das Gesicht. »Ich denke, es gibt etwas, das wir mangels besserer Informationen als Dämonen bezeichnen. Was sich hinter diesem Begriff wirklich verbirgt, müßten Sie eigentlich besser wissen als ich, Professor.«
»Sie denken also, ein Dämon habe den Toten halb skelettiert.«
»Ja.«
»Könnte es nicht ein Mensch gewesen sein? Ein Irrer?«
»Eine Art Jack the Ripper? Nur noch ein bißchen wahnsinniger, wie? Hören Sie, Professor, ich bin sicher, daß der Mörder jemand oder etwas ist, auf den unser Begriff ›Dämon‹ zutrifft. Helfen Sie uns nun, ihn zur Strecke zu bringen, oder nicht?«
»Mit uns meinen Sie…?«
»Ein paar Leute, die es nicht mögen, wenn… Ach, verdammt. Also schön, Professor. Haben Sie schon mal etwas von den kataphiles gehört?«
Zamorra schüttelte den Kopf.
»Ich gehöre zu ihnen. Wir sind ein paar Leute, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen den Katakomben von Paris Besuche abstatten. Nicht den offiziell freigegebenen Bereichen, durch die jeden zweiten Samstag die Touristenströme geführt werden. Wir kataphiles bewegen uns in den gesperrten Gängen und Sälen. Auch der Tote war ein kataphile.«
»Na klasse«, bemerkte Nicole. »Eine Gruppe von Gesetzlosen.«
»So können Sie es natürlich auch bezeichnen, Mademoiselle«, sagte Berenger scharf. »Aber wir sehen uns eher als Bewahrer und Erhalter.« Er war sichtlich wütend.
Nicole hob die Hand. »Immer mit der Ruhe, Monsieur. Fallen Sie immer so schnell auf eine Provokation herein?«
»In diesem Fall, ja! Es ist eine existenzielle Sache. Nun, Professor, werden Sie einer Gruppe von Gesetzlosen helfen?«
Zamorra sah an ihm vorbei zur Wand. Vor seinem geistigen Auge tauchten Bilder auf.
Wie lange war es nun schon her? Zehn Jahre? Er konnte es nicht mehr genau sagen.
Die Katakomben, der Herrscher des Krakenthrons von Atlantis…
Sollte das Erbe des Amun-Re wiedererwacht sein?
»Erzählen Sie mir mehr«, bat Zamorra.
***
»Wartet«, sagte Caligula. »Wo sind Troubadour und Blondie abgeblieben?«
Catalyst und der vorangehende Griveton blieben stehen. »Ich habe doch gesagt, daß wir uns nicht trennen sollen«, knurrte der »Söldner«.
Catalyst grinste. »Vielleicht halten sie ein Schäferstündchen ab. Troubadour hat ein Auge auf das hübsche Kind geworfen. Oder auch zwei Augen. Und wir kennen doch Blondie.«
»Idiot!« zischte Griveton. »Schau nach, wo sie geblieben sind, und sorg dafür, daß sie uns nicht verlieren. Caligula und ich gehen schon mal ein paar Schritte weiter.«
»Zu Befehl«, grinste Catalyst und deutete einen militärischen Gruß an. Auf dem Absatz machte er kehrt. Er hatte schon eine dumpfe Ahnung, in welcher Kammer er Blondie und Troubadour erwischen würde…
Unterdessen bewegten sich Griveton und Caligula weiter vorwärts.
Sie kamen nur ein paar Meter weit.
Dann trat ihnen ein hochgewachsener Mann entgegen und versperrte ihnen den Weg.
***
»Wir kataphiles sind ein ganz eigenes Völkchen«, sagte Berenger. »Es zieht uns immer wieder in die Katakomben hinab. Es läßt sich einfach nicht rational erklären. Es gibt Menschen, die ohne ihre Katakomben-Aufenthalte vielleicht überhaupt nicht mehr leben könnten. Sie brauchen es, als Ausgleich, für den Streß an der oberen Welt, als eine Art Therapie vielleicht.«
Er erkannte, daß er nicht ganz verstanden wurde, und versuchte, es genauer zu erklären.
»Sehen Sie, Professor, hier oben herrscht ein ständiger Kampf. Jeder von uns trägt gewissermaßen eine Maske. Es gibt Haie und Makrelen. In den Katakomben verwischen diese Unterschiede. Dort sind wir alle gleich.«
Er machte eine ausholende Geste.
»Ein Akademiker wie ich ist nicht mehr und nicht weniger wert als ein Hilfsarbeiter. Wir haben dort unten auch ganz andere Persönlichkeiten. Wir legen die Masken ab, die wir hier oben tragen, und sind wir selbst. Das äußert sich auch in den Namen, die wir oder andere uns geben.«
»Pseudonyme? Pseudo-Persönlichkeiten?« hakte Nicole ein.
Berenger schüttelte den Kopf.
»Es ist eher umgekehrt. Das wahre Leben und die wahre Persönlichkeit existiert nur in den Katakomben. So gesehen, ist Charles Berenger mein Pseudonym und meine Maske. In Wirklichkeit bin ich
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